Camping in Le Dramont an der Côte d´Azur

Eigentlich dachte ich, meine Campingzeiten lägen hinter mir. Schließlich habe ich 48 Lenze auf dem Buckel und fühle mich doch irgendwie lange schon eher als Reisender, den als Urlauber. Andererseits: Wer kann schon auf Dauer dem Werben eines Christof S. widerstehen, wenn dieser inmitten des langen deutschen Winters schier Unglaubliches verspricht: Sonne & Meer, Mountainbiken & Klettern, viel Wein & beste Unterhaltung im Kreise alter Freunde und netter neuer Bekanntschaften, Entspannung pur & all die Sehenswürdigkeiten der Cote d´Azur direkt vor der Haustüre?

Blick aufs azurblaue Meer vom Wanderweg ums Cap du Dramont

„Laß es uns tun“ entschieden wir nach reichlicher Überlegung  und hängten uns dran an die Reservierung unserer Freunde für ein 27-Quadrameter-Mobile-Home auf dem Drei-Sterne-Campingplatz von Le Dramont. Der Stadtteil des sieben Kilometer entfernten St. Raphael liegt an der Küstenstraße RN 98 auf halbem Weg zwischen St. Tropez und Cannes, am Fuße des rot gefärbeten Esterel-Massiv und direkt neben dem Cap du Dramont. Und wer von dort während einer etwa 90minütigen Wanderung auf das Mittelmeer blickt, kann sich die Frage sparen, woher die Cote d´Azur ihren Namen hat.

Direkt nebendran lag „unser“ Campingplatz, an dessen grobkieseligem Strand alliierte Truppen im August 1944 an Land gingen. Eine Gedenktafel zur Operation Dragoon und ein Landungsboot sowie der Name des Strandes – Plage du Débarquement – erinnern noch an dieses Ereignis. Heute tront eine Überwachungsstation der französischen Marine – Semaphore genannt – auf dem höchsten Felsen über dem Ort und an den Hängen darunter haben jede Menge Kletterer ihren Spaß.

Unmittelbar vor der Küste liegt die malerische Ile d´Or und drum herum tummeln sich jede Menge Taucher, die auf dem Gelände des Campingplatzes eine internationale Tauchschule nutzen, sowie den unmittelbar daneben gelegenen kleinen Hafen. Zwar hab´ ich mit meiner Schnorchelausrüstung nichts wirklich Beeindruckendes gesehen, aber wahrscheinlich war ich nur am falschen Eck unterwegs. Schließlich sollen die hiesigen Gewässer ein Paradies für Taucher sein – komplett mit Edelkorallen, Muränen und anderem Getier. Außerdem liegen am Meeresgrund noch ein paar Wracks herum und man kann durch die Überreste einer Miniaturstadt tauchen, die in den 1960er Jahren als Kulisse für einen Film des Meeresforschers und Helden meiner Kindheit, Jacques Cousteau diente.

Mountainbiken ohne Ende – Dank sei Christof und seinem GPS!

Alles schön und gut, doch war für den Großteil unserer Truppe das Massif de l´Estérel weitaus attraktiver. Schließlich hatte fast jeder sein eigenes Mountainbike mitgebracht und nahm dankbar an den Touren teil, die Christof für uns ausgetüftelt hatte. So ging es hindurch zwischen roten Porphyrfelsen und alten Korkeichen, über Stock und Stein, durch ausgetrocknete Bachbetten und manchmal auch über sämtlich die Kräuter der Provence hinweg, auf unzähligen Singletrails und Forstwegen bergauf und bergab, bis alle Waden geputzt und auch das letzte Trikot durchgeschwitzt war. 26 Leute, fünf – zum Glück glimpfliche – Stürze und vier Reifenpannen auf einer Ausfahrt – das muss unserem Christof erst mal einer nachmachen!

Aber auch ohne Mountainbike läßt sich das Esterel-Gebirge genießen. Wir entschieden uns für eine Wanderung vom Parkplatz am Col-Belle-Barbe, der wenige Kilometer nördlich von Agay liegt, durch das Ende Mai noch ziemlich grüne Tal des Mal-Infernet bis zu einem kleinen Stausee, dem Lac de l´Ecureuile. Der war zwar wegen einer gebrochenen Staumauer ausgelaufen doch gab´s dafür auf dem Rückweg über die Hügel oberhalb des Tales noch wunderschöne Fernblicke und Kiefernduft als Zulage.

Peinlich: BBC kennt Deutsche Nationalhyme nicht

Aua, aua, aua: Die von mir so hoch geschätzte BBC leistet sich einen peinlichen Ausrutscher in ihrer ansonsten hervorragenden Berichterstattung zur Fußball-Weltmeisterschaft:

Zum Auftakt des gestrigen Fußballspiels Deutschland gegen England wurden dort beide Nationalhymnen wieder gegeben. Schön und gut, sollte man meinen. Doch leider hatte das Team unter der Leitung von Moderator Jonathan Stevenson die erste Strophe der Deutschen Nationalhymne online gestellt – und wie hier jedes Kind weiß, wird von unserer Nationalhymne nun einmal seit Jahrzehnten nur noch die dritte Strophe gesungen. Und das aus gutem Grund. Die erste Strophe nämlich ist die mit dem Spruch, dass wir die größten seien und die heutzutage oberpeinliche Ansage des Grenzverlaufs als

Von der Maas bis an die Memel,
Von der Etsch bis an den Belt

Ihr glaubt nicht, dass der altehrwürdigen BBC so etwas passieren kann? Hier ist der Beweis:

Erst wollte ich eine empörte SMS schicken und den Kollegen erklären, dass jeder deutsche Moderator, der sich solch einen Flop leistet, ruck-zuck seinen Job los wäre. Aber andererseits leiden die Engländer ja schon genug unter dem gestrigen Ergebnis.

Und für all diejenigen, die es immer noch nicht kapiert haben: Die erste Strophe des Deutschlandliedes, welche die BBC zitiert hat, war nur in den 12 Jahren des Dritten Reichs die offizielle deutsche Nationalhymne*. Anschließend wurde übrigens immer das Horst-Wessel-Lied gesungen. Wenigstens das haben uns aber die Herren von der BBC erspart.

Nachtrag: Ich hab´ die SMS dann doch noch geschickt, und kurz danach war der falsche Text aus dem Liveticker gelöscht. Der Moderator – das sei zu seiner Ehrenrettung gesagt, hatte seinen Fehler bemerkt und sich nach wenigen Minuten mit der Bemerkung entschuldigt, das sei keine böse Absicht gewesen. Dennoch blieb der Text bis zum Morgen nach dem Spiel stehen. Die Brisanz der „Nazi-Panne“ (so titelte kurz darauf das Schweizer Online-Magazin 20 Minuten), war den Sportreportern wohl entgangen und es bleibt zu hoffen, dass irgendwann alle unsere Freunde auf der Insel begreifen werden, dass der 2. Weltkrieg vorbei ist.

* Einige Kommentatoren haben mich darauf hingewiesen, dass die Nationalhymne bzw. deren Text – das Deutschlandlied – lange vor dem Dritten Reich geschrieben wurde. Das stimmt, es ist mir nicht erst seit gestern bekannt und das habe ich auch nicht behauptet. Dass allerdings im Dritten Reich 12 Jahre lang NUR die erste Strophe gesungen wurde und dass dies zweifellos geschah, um eine angebliche Überlegenheit des Deutschen Volkes über den Rest der Welt zu proklamieren, lässt sich nun einmal nicht leugnen. Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass die Nazis sich die erste Strophe zu eigen gemacht haben? Sicher hätte dies dem Schöpfer aller drei Strophen, Hoffmann von Fallersleben auch nicht gefallen, und – nein – ich wollte auch nicht behaupten dass Hoffmann von Fallersleben ein Nazi war. Lieber entschuldige ich mich hier für meine missverständliche Ausdrucksweise und verweise alle, die sich näher mit dem Thema beschäftigen wollen 1. auf den Kommentar unseres Schweizer Lesers Heinz (siehe unten) und 2. auf die Einträge der Wikipedia zum Lied der Deutschen bzw. zur Deutschen Nationalhymne.