Gesichtserkennung mit Picasa – beängstigend gut!

Kein langer Aufsatz heute, sondern nur eine Beobachtung zum Thema Bildbearbeitung bzw. – Katalogisierung. Ich bin nämlich schwer beeindruckt von der Gesichtserkennung bei Picasa, dem kostenlosen Bildverwaltungsprogramm von Google. Habe die Sache ausgetestet und dafür mich, meine Freundin und einen Kumpel (Grillo) auf jeweils einem Bild markiert. Das Programm fand daraufhin unter 24946 Bildern auf meiner Festplatte 1297 weitere Bilder von uns und ordnet 1296 davon richtig zu. Einziger Fehlgriff: Ein Jugendbild meines Vaters, den Picasa mit mir verwechselt!

Toga-Party, 1990
Unser Mann in Istanbul, 2009

 

 

 

 

 

Dies ist umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass unter meinen Bildern längst nicht nur klassische, hochauflösende Porträts waren, sondern auch solche mit Fahrradhelm oder Mütze auf. Auf manchen Bildern habe ich noch lockiges Haar, dazwischen ein paar auf denen meine Frisur irgendwie an Jack Nicholson in „Shining“ erinnert, und aktuelle Porträts mit Glatze und Drei-Tage-Bart waren auch kein Problem. Damit nicht genug erkannte mich Google auch Grimassen schneidend und verkleidet beim Fasching, mal mehr und mal weniger nüchtern, sowohl über- als auch unterbelichtet, als schmaler Hänfling mit 16 Jahren und mit dicken Backen nach der vorigen Weihnacht.

Picasa bzw. Google (er)kennt mich fast besser als meine eigene Mutter und ich frage mich, ob man mit dieser Software nicht eine Menge Grenzer und Zollbeamte  einsparen könnte –  noch dazu, wo sich jeder diese Software kostenlos aus dem Internet herunter laden kann.

Ein wenig beängstigend ist die Sache natürlich schon. Aber ich bin bekennender Google-Fan. Denn für die Daten, die ich dieser Firma freiwillig überlasse, bekomme ich neben Picasa noch ein Haufen anderer Programme und nützliche Dienste. Viele davon sind durchaus konkurrenzfähig mit Software, für die ich anderswo dreistellige Summen hinblättern müsste (und in der Vergangenheit auch hingeblättert habe). Wer Angst hat, ausspioniert zu werden, sollte konsequenterweise auch das Telefonieren aufgeben, schließlich werden je nach politischer Lage immer wieder gerne ´mal die Einzelverbindungen gespeichert (Stichwort Vorratsdatenspeicherung).

Flüge in die USA sollte man sich aus dem Kopf schlagen, den Dank EU-Gesetzgebung wird den Amis so ziemlich alles ´rübergereicht, was die hiesigen Behörden über uns wissen – inklusive der Kontodaten. Und überhaupt das Konto. Was da so alles ´drüber lief und wer es wann überzogen hat, das weiß natürlich niemand besser als – falsch geraten – nicht etwa Google, sondern Eure Bank. Und natürlich die Schufa. Das sind die mit dem schönen Slogan „Wir schaffen Vertrauen“.

Auf dem Mühlenweg durchs Ried

Update vom 1. Mai 2012: Der Mühlenradweg ist jetzt offiziell eröffnet, die Strecke komplett ausgeschildert und der Verlauf wurde gegenüber dem auf der Karte unten gezeigten geändert. Am Besten starten Sie jetzt am Schulzentrum in Ichenheim, denn dort gibt es eine schöne Übersichtskarte sowie kostenlos Faltpläne zum einstecken und mitnehmen – inklusive der Geschichte der Mühlen, die jetzt auch alle mit eigenen Erklärtafeln versehen wurden!

Dies ist die erste Tour, die ich auf meinen neuen Reiseseiten beschreiben will. „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne„, erinnert mich Herrmann Hesse. Und weil ich diesen Anfang nicht vermasseln will, habe ich auch noch bei Johann Wolfgang von Goethe nachgeschlagen. Der fragte nicht nur: “Willst du immer weiter schweifen?“, sondern gab uns auch den Rat: „Sieh, das Gute liegt so nah!” Und da Goethe ja eigentlich immer irgendwie recht hat, geht es heute direkt vor meiner Haustür los.

Ich schwinge mich aufs Fahrrad und treffe nach ein paar Hundert Metern auf eine neu geschaffene Rundstrecke, die sich der Arbeitskreis Tourismus Neuried ausgedacht hat. Tatsächlich ist der Mühlenrundweg so neu, dass ich ihn gleich zwei Mal in Angriff nehmen musste, weil noch nicht alle Schilder angebracht waren. Inzwischen (2017) gab es auch kleine Änderungen an der Streckenführung, sodass ich den Link zu meiner alten gpx-datei hier entfernt habe. Aber immer noch ist die Strecke ca. 33 Kilometer lang und verläuft völlig flach, daher auch für kleine Familienausflüge gut geeignet. Etwa 90 Prozent des Weges sind mit Asphalt geteert, der Rest sind Schotter und Waldwege, also nichts für Rennradfahrer. Die Landschaft ist – nun ja – landwirtschaftlich geprägt, und die größte Attraktion sind weniger die Mühlen selbst als vielmehr das gute Essen (Stichwort: Flammkuchen!) das bei urgemütlicher Atmosphäre in drei der Mühlen geboten wird.

Starten kann man zum Beispiel in der Ortsmitte von Ichenheim, fährt dann am „Schwanen“ vorbei auf die Rheinstraße und biegt beim Hofweg rechts ab. Von hier aus ist alles prima ausgeschildert. Erst geht es über die Felder nach Altenheim mit seinen schmucken Fachwerkhäusern. Am schönsten wurde die Atmosphäre hier in Geo Saison, Heft 10 / 2004 in dem Artikel Radtour: Die Ortenau beschrieben:

Der Zauber einer beinahe vergessenen Zeit liegt über den Dörfern, in denen alles das rechte Maß hat. In der Mitte stehen die Kirche, das Rat- und das Wirtshaus, umgeben von einem Ring aus schmalen Bauernhäuschen, die nicht mit Kunstklinker verschandelt oder mit Eternit verschalt wurden. Umrahmt von blühenden Gärten, sehen sie immer noch so aus wie vor hundert Jahren.

Weniger schön, aber ebenfalls Teil der Geschichte ist ein gesprengter Bunker, an dem wir vorbeikommen, nachdem wir Altenheim durchquert haben und nahe der Altenheimer Mühle auf einen Waldweg abgebogen sind. Nach Überquerung der L98 führt uns die Industriestraße zu einem Verkehrskreisel. Dort links zum Ortsrand von Goldscheuer, dann rechts auf den Sonnenweg und via Kittersburger Straße den Schildern folgend zur Kittersburger Mühle (Tel. 07854-1255). Die hat zwar noch keine Webseite, dafür aber einen der schönsten Biergärten in der Region. Natürlich gibt´s auch Wein, leckere Hähnchen und vor allem den Rahmkuchen in diversen Varianten. Das ist die Badische Antwort auf den Elsässer Flammkuchen – und ob es da einen Unterschied gibt wird der schlacksige Kellner dort in seiner unnachahmlichen Art sicher gerne erläutern 😉

Jedenfalls ist die Kittersburger Mühle der nördlichste Punkt unserer Reise. Falls die geschlossen hat gibt es noch zwei weitere Chancen, einen Rahm- bzw. Flammkuchen zu genießen. Dazu müsst ihr aber erst wieder ein paar Kilometer strampeln. Im Sommer wird einem dabei schon ´mal die Sicht versperrt durch die zahlreichen Maisfelder, die dank der unsinnigen Biosprit-Subventionen hier seit einigen Jahren in die Höhe schießen.

Lange Tradition hat „im Ried“ dagegen der Tabakanbau. Mit 470m Hektar Fläche ist Neuried noch heute die größte Tabakanbaugemeinde Deutschlands, belehrt mich die Wikipedia. Ich frage mich, warum die Leute sich aufregen über ein paar Cannabis-Felder in Mexiko und wer wohl die größeren Gesundheitsschäden verursacht? Wenn schon Subventionen, warum dann nicht für Blumenfelder und Streuobstwiesen? Dann erinnere ich mich daran, dass Logik und Gesetzgebung schon lange nicht mehr zusammen passen und fahre weiter.

Kaum zu übersehen ist die Rohrburger Mühle (wo es aber nichts zu essen gibt), die als nächste Station etwa auf halber Strecke liegt. Dann überqueren wir zwei Mal die Schutter, jenes 55 Kilometer lange Flüsschen, das ursprünglich die Mühlen angetrieben hat. Weiter geht es durch Müllen, bis wir an der Dundenheimer Mühle erneut auf die Schutter treffen. Auch hier gibt es Flammkuchen, allerdings nicht durchgehend, sodass man sich besser vorher nach den aktuellen Öffnungszeiten erkundigt (Tel.: 07807-3380). Die letzte Chance auf einen Flammkuchen bietet dann die Schutterzeller Mühle (Tel.: 07807-401), aktuell die einzige der fünf Mühlen mit eigener Webseite. Die restlichen vier Kilometer zurück zum Ausgangspunkt führen vorbei am Ottenweier Hof, dessen Geschichte sich bis zum Jahr 1347 zurück verfolgen lässt und der auch in diesem Jahr wieder zur Riedwoche mit einem mittelalterlichen Hoffest für Besucher geöffnet sein wird (am 13. und 14.August 2011., von 14:00 bis 20:00).

Damit genug der Heimatkunde für heute. Weiter geht es in der kommenden Woche. Wenn alles klappt blogge ich dann live vom 3-Länder-Rad-Event, der mich auf knapp 300 Kilometern in drei Tagen durch den Naturpark Odenwald führen wird…

Wem nutzt der Euro?

„Alle Experten sind sich einig, dass Deutschland am meisten vom Euro profitiert“, erklärte kürzlich eine Freundin im Brustton der Überzeugung. Die Dame ist sozial engagiert und stolz auf ihr politisches Engagement und sie ist – natürlich – eine gute Europäerin. Aber in der Sache liegt sie falsch. Und weil die „Deutschland-profitiert-vom-Euro-am-meisten-Mär“ noch immer von so vielen Menschen geglaubt wird, und weil diese Leichtgläubgkeit mich erschreckt und den Nährboden bereitet für die Fortsetzung einer von Grund auf falschen Politik habe ich hier einige Fakten zusammen getragen.

These 1: Der Euro bringt uns Wohlstand

Volkes Stimme zum Euro, hier auf einem Faschingsumzug in Ichenheim

Wohlstand messe ich daran, wie viel ich mir leisten kann. Das hängt ab von Einkommen, Steuern und der Kaufkraft, also dem Gegenwert den ich für eine Stunde Arbeit bekomme. Tatsache ist, dass die Löhne der Arbeitnehmer in Deutschland in den zehn Jahren seit Einführung des Euro nicht etwa gewachsen sind, sondern geschrumpft. Dies ist das Ergebnis einer Auswertung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, veröffentlicht vor wenigen Tagen, und von der Financial Times folgendermaßen zusammen gefasst: „Im Durchschnitt aller Beschäftigten gingen die Nettogehälter preisbereinigt um 2,5 Prozent zurück.“ Besonders betroffen sind die untersten Lohngruppen mit Einkommensverlusten zwischen 10 und 22 Prozent, aber selbst die Beschäftigten in der höchsten Einkommensgruppe hatten am Ende nur knapp ein Prozent mehr zu verbuchen. „Die Wirtschaft“ sei seit der Jahrtausendwende ordentlich gewachsen, zitiert die Zeitung den DIW-Experten Markus Grabka. Doch bei den meisten Erwerbstätigen sei davon nichts angekommen.

These 2: Die Wirtschaft profitiert vom Euro

Die Wirtschaft ist also gewachsen? Schön für „Die Wirtschaft“. Aber wer ist überhaupt „Die Wirtschaft“? Zum Glück haben sich 50 Profiteure des Euros gerade in ganzseitigen Zeitungsanzeigen geoutet. Unter der Überschrift „Der Euro ist notwendig“ haben die Vorstandsvorsitzenden deutscher Großkonzerne wie Siemens und BASF, Daimler und BMW allen Ernstes behauptet, es gebe keine Alternative zur Gemeinschaftswährung. Gemeinsam hätten sie mit ihren fünf Millionen Angestellten einen Umsatz von 1,5 Billionen Euro (=1500 Milliarden) erwirtschaftet. Leider haben die Firmenbosse ihren Arbeitern aber von den Profiten nichts abgegeben (s.o.)

Schlimmer noch ist, dass die Waren, die so ins Ausland fließen, am Ende vom deutschen Steuerzahler subventioniert werden. Und so funktioniert dieses Schneeballsystem: Die Herren Papadopoulos, Soares und O´Reilly bestellen sich mit einem Kredit der Deutschen Bank einen BMW, einen Mercedes und einen Audi. Die Bank bezahlt den Autohersteller und verdient kräftig an ihren Mittlerdiensten, denn Papadopoulos, Soares und O´Reilly zahlen Zinsen, die sie sich ebenfalls irgendwo geliehen haben, von Leuten, die sich das Geld geleihen haben, von Leuten, die sich das Geld geliehen haben…

Das geht solange gut, bis am Ende der Kette jemand misstrauisch wird und Geld sehen will. Nun platzt die Blase, jedoch müssen nicht etwa die Deutsche Bank und die anderen Kreditgeber für ihren Leichtsinn gerade stehen, sondern wir alle bezahlen nun für die geplatzten Kredite. Mit höheren Steuern, geringeren Renten, höheren Zinsen und Inflation. Und weil wir gerade dabei sind, ersetzen wir auch gleich noch die Verluste der BNP Paribas, während die Gewinne aus den verkauften (verschenkten?) Renaults, Peugeots und Citroens natürlich bei den französischen Autobauern hängen bleiben. Das ist in der Tat ein gutes Geschäft für „Die Wirtschaft“.

These 3: Der Euro beflügelt den Handel innerhalb der Gemeinschaft

Fakt ist: Der Anteil unserer Exporte in andere Euro-Länder ist binnen zehn Jahren um ein Achtel (12,5 %) gesunken. Die Ausfuhren in Nicht-Euro-Länder betragen heute 59 Prozent, vor Einführung der Weichwährung waren es 51 Prozent.

Was bei den Löhnen der Gehaltszettel ist für die Wirtschaftsleistung das Bruttoinlandsprodukt. Besonders erhellend sind – hier wie dort – Vergleiche mit den Nachbarn. Während in den 17 Staaten des Euroraumes von 1999 bis 2010 das Bruttoinlandsprodukt um durchschnittlich 1,7 Prozent pro Jahr gewachsen ist, waren es in Deutschland nur 1,2 Prozent pro Jahr. Lediglich Italien wuchs noch langsamer. Abgehängt wurden wir z.B. von Irland (3,9 %), Griechenland (2,7%), Spanien (2,6 %), den Niederlanden (1,9 %) und Frankreich (1,5 %), wie diese Grafik in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung belegt. Aus der Grafik lässt sich auch ablesen, warum die anderen Euro-Länder diesen Verein so toll finden: Ihr Wachstum hat sich gegenüber dem Zeitraum 1990 bis 1998 verdoppelt. Unser Wachstum hat sich halbiert. Kräftige 2,4 Prozent pro Jahr waren es in Deutschland vor der Einführung des Euro, schlappe 1,2 Prozent nach Einführung des Euro.

Immer wieder lohnend ist auch ein Blick auf die Schweiz und Norwegen, Großbritannien und Dänemark. Sie alle haben ihre nationalen Währungen behalten, obwohl auch dort die Eurofreunde stets den wirtschaftlichen Niedergang prophezeit hatten, sollte man sich nicht an der Gemeinschaftswährung beteiligen. Bei einem weiteren Blick auf die Grafik erkennt man aber unter dem Strich, dass diese Länder (mit Ausnahme Dänemarks) einen regelrechten Höhenflug hingelegt haben: 2,5 Prozent Wachstum pro Jahr im Schnitt für Schweden sind mehr als doppelt so viel wie in Deutschland und auch mit ihren jeweils 1,8 Prozent übertreffen uns Briten und Schweizer bei weitem.

These 3: Ich muss kein Geld mehr tauschen

Das stimmt. Nutzt aber nichts, wenn man mit seinem Geld weniger kaufen kann. Vorbei sind die Zeiten, als man mit einer starken D-Mark in der Tasche Jahr für Jahr billiger nach Griechenland oder Portugal, Italien, Spanien oder Frankreich in den Urlaub reiste. Wer es nicht selbst erlebt hat, möge seine Eltern fragen. Und wer den Gegentest machen will, fährt in die Schweiz oder nach Norwegen. Dass der Urlaub teurer wird ist schlimm genug, doch auch daheim treffen uns die Kosten einer weichen Währung in Form verminderter Kaufkraft für alle Produkte von außerhalb der Eurozone. Dazu gehören neben Kleidung und Elektronik aus Asien das Benzin für unsere Autos, Gas und Öl für unsere Heizungen. Der nächste lange Winter kommt bestimmt, aber die Erinnerung, wie es vor der Einführung des Euro war, wird mich wohl kaum erwärmen.

Weitere Informationen:

Rating-Agenturen – das Zünglein an der Waage?

Nach Griechenland und Portugal wurde gestern nun auch Irland von der Rating-Agentur Moody´s auf „Ramsch-Niveau“ abgestuft. Von Baa3 auf Ba1. Weil niemand weiß, was das bedeuten soll, haben die Kollegen aus der Wirtschaftsredaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung das Rating freundlicherweise übersetzt: Irland wird seine Schulden voraussichtlich nicht aus eigener Kraft bezahlen können. Zur Erinnerung: Das Land hat gerade erst im vergangenen November 67,5 Milliarden aus dem Euro-Rettungstopf erhalten. Für diese Summe haften alle, die im Euroraum Steuern zahlen. Ebenso wie für die Gesamtsumme von 750 Milliarden Euro für den so genannten Rettungsschirm, der zu einem Fünftel von Deutschland finanziert wird. Macht 9375 Euro pro Kopf. „Allerhöchstens“, versprechen Merkel und Schäuble. Was aber passiert, wenn die 750 Milliarden nicht ausreichen? Was geschieht, wenn andere Euro-Länder ihren Anteil nicht zahlen können? Wer kontrolliert eigentlich, ob unsere Schuldner ihre Versprechen einhalten? Wer prüft ob, Griechen oder Deutsche, Portugiesen oder Franzosen, Iren oder Italiener sparen und ihre Haushalte sanieren, oder ob sie weiterhin über ihre Verhältnisse leben?

Ob ein Unternehmen oder ein ganzes Land seine Schulden zurückzahlen wird – auf diese Frage haben sich die Rating-Agenturen spezialisiert. Ihre Meinung zählt viel bei Banken, Versicherungen und anderen Investoren, und so haben sie großen Einfluß darauf, wohin das Geld auf diesem Planeten fließt.

Erhält ein Land von den Rating-Agenturen die Top-Bewertung (Aaa), so signalisiert dies den Anlegern ein geringes Risiko, auf seinen Schulden sitzen zu bleiben. Steht vorne dran ein B wird´s kritisch. Und ab „Ba“ abwärts heißt es „Finger weg“ – es sei denn man ist bereit, zu spekulieren, ein hohes Risiko einzugehen, und viel Geld zu verlieren.

Nun kann man den Ratingagenturen vorwerfen, dass sie sich in der Vergangenheit wiederholt geirrt haben. Mit ihren viel zu optimistischen Vorhersagen und späten Warnungen sind sie nach Meinung von Kritikern mit Schuld an der letzten großen Finanzkrise. Auch gab es offenbar mehrfach regelrechte „Gefälligkeitsgutachten“, bei denen die Auftraggeber von Rating-Agenturen eine Top-Bewertung bekamen, damit das Geld neuer Investoren anlockten – und dieses anschließend in den Sand setzten. Moody & Co. sind private, gewinnorientierte Unternehmen. Dennoch gelten auch hier die Gesetze des freien Marktes und des gesunden Menschenverstandes: Wer auf Dauer schlecht berät, ist weg vom Fenster.

Den Euro-Freunden und insbesondere den Vertretern der am schlimmsten verschuldeten Staaten missfällt diese Macht der Märkte. Sie wollen die Folgen ihrer Politik nicht durch unabhängige Experten beurteilen lassen, und schon gar nicht durch die Ratingagenturen. Sie glauben offenbar, die Gesetze der Marktwirtschaft außer Kraft setzen zu können, und sie haben dazu vor wenigen Tagen einen neuen Vorschlag gemacht:

Eigene, europäische Ratingagenturen müssen her! Selbstverständlich werden die dann genau so „unabhängig“ sein, wie die Europäische Zentralbank. Alle Leitungsfunktionen werden mit braven Parteisoldaten besetzt – so wie man es in Deutschland mit den aus Zwangsgebühren gespeisten Funk- und Fernsehsendern vorexerziert hat. Diese Handlanger der Macht werden dann ganz Euroland wieder eine Top-Bonität bescheinigen und der Europäischen Zentralbank die Erlaubnis erteilen, beliebig viel Geld zu drucken, um die eigenen Schulden zu bezahlen.

Das ist ein toller Plan, der ganz sicher funktionieren wird. Schließlich hat ja auch der Graf von Münchhausen sich samt seinem Pferd an den eigenen Haaren aus dem Matsch gezogen, als er ganz tief im Schlamassel saß.

Ich lass‘ mir das nicht länger gefallen!

Gerade hat mich eine gute Freundin an einen Film erinnert: Er heißt „Network“, stammt aus dem Jahr 1976 und wurde mit vier Oskars ausgezeichnet. Sehenswert ist die Satire über den absurden Kampf der Medien um Einschaltquoten alleine schon wegen der Hauptdarsteller Peter Finch (er spielt einen abgehalfterten und frustrierten Fernsehmoderator) und Faye Dunaway, die als frigid-karrieregeile Produzentin überzeugt. Mit dabei in einer seiner besten Rollen ist auch William Holden, den Älteren unter uns sicher noch bekannt als der Detektiv mit der Knollennase aus den „Straßen von San Francisco“.

Aber das sind alles Nebensachen. Wer will, kann mehr über den Film nachlesen in der Wikipedia, oder ihn kaufen z.B. bei Amazon.

Die Hauptsache aber scheint mir, dass der oben gezeigte Filmausschnitt wie kein anderer die aktuelle Stimmung im Land trifft. Drastischer und deutlicher als mit dem Ausruf: „Ihr könnt mich alle am Arsch lecken –- ich lass‘ mir das nicht länger gefallen!“ kann man die Sache mit dem Euro wohl nicht auf den Punkt bringen. Vielleicht sollte man, statt mit braven Demonstrationen, aussichtslosen Klagen und Petitionen, mit stillem Frust und Wahlenthaltung zu reagieren, einfach ´mal seinen Ärger heraus schreien? Einmal die Woche? Wie wärs mit Mittwochs fünf vor 12:00?

War nur so ´ne Idee.

Geld verdienen mit der Euro-Krise?

Wir alle wollen immer schlauer sein als die Anderen. Und natürlich legt der Gedanke nahe, dass dort, wo viele Menschen wegen der europäischen Schuldenkrise ihr Geld verlieren, auch fette Profite zu machen sind. Entsprechende Wetten kann man eingehen, etwa indem man die Währungen anderer Länder kauft. Sogar bei boerse.ard.de fand ich gerade einen Artikel, der sich mit dieser Möglichkeit befasst und regelrechte Anlagetipps gibt.

Doch abgesehen davon, dass ich kein Spekulant sein will und meine Hochachtung jenen Menschen vorbehalte, die mit ihrer Arbeit echte Werte schaffen, wird diese Rechnung auch nicht aufgehen. „Die Märkte sind schlau und die Wahrscheinlichkeit, dass der Euro Schiffbruch erleidet, steckt in den Preisen der verschiedenen Währungen, Aktien und sonstigen Finanzprodukte bereits drin.“ Dies erklärte mir ein Freund, der mehr von Volkswirtschaft versteht als die meisten von uns, der seinen Namen aber vermutlich lieber nicht hier lesen mag.

Am schlimmsten wird es Menschen wie ihn und mich treffen, hat er gesagt: Leute zwischen 40 und 65, deren Pensions- und Rentenansprüche von der Zahlungsfähigkeit Deutschlands abhängen und die von der Zahlungsunfähigkeit bestimmter Banken und Versicherungen am härtesten getroffen werden.

Wenn überhaupt wären Sachwerte und Konsumgüter ratsam. Also schnell noch ein neues Auto kaufen, den Computer erneuern und 1000000 Blatt Druckerpapier kaufen, solange unser Geld noch einen Gegenwert hat. Auch sollte man darüber nachdenken, jetzt endlich die lang geplante Traumreise zu machen. Mein Freund kann manchmal ganz schön zynisch sein – aber ich fürchte, diesmal hat er es ernst gemeint.

Im Rückblick wird sich dann womöglich meine persönliche Anlagestrategie als ganz schön clever erweisen: Ich habe eher wenig gespart, das Leben genossen und als Zukunftsvorsorge mehr als nur ein paar Flaschen guten Wein in den Keller gelegt…