Naturkatastrophen – Eine Bilanz

Acht Millionen Tote und umgerechnet mehr als sechs Billionen Euro Schaden. Dies ist die Bilanz aller großen Naturkatastrophen im Zeitraum von 1900 – 2015. Zusammengerechnet hat diese Zahlen James Daniell vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT), und dafür gebührt dem australischen Geophysiker ein großer Dank. Die von Daniell entwickelte Datenbank CATDAT soll Regierungen und Hilfsorganisationen beim Abschätzen des Ausmaßes einer Katastrophe und dem Katastrophenmanagement unterstützen, entnehme ich einer Pressemitteilung.

Für mich bietet das Zahlenwerk vor allem eine solide Grundlage, um langfristige Trends zur erkennen. Nützlich ist die Zusammenstellung aber auch für Vergleiche zwischen den Folgen von Naturkatastrophen einerseits und menschlichem Versagen andererseits.

35000 Ereignisse wurden erfasst und deren wirtschaftlicher Schaden geschätzt. Den größten Anteil mit etwa einem Drittel hatten dabei Flutkatastrophen, gefolgt von Erdbeben (ein Viertel aller Schäden) und Stürmen. Letztere verursachen in der Gesamtbilanz ein knappes Fünftel aller Schäden, Tendenz steigend.

Schäden durch Naturkatastrophen 1900 - 2015 (James Daniell, KIT)
Schäden durch Naturkatastrophen 1900 – 2015 (James Daniell, KIT)

Die Analyse zeigt allerdings auch, dass der Anteil der Schäden im Verhältnis zum Gesamtwert der Besitztümer kleiner geworden ist. Daniell bestätigt eine wichtige Erkenntnis: Wohlstand bringt Sicherheit. In seinen eignen Worten: „Grundsätzlich sind weniger entwickelte Länder durch Katastrophen verwundbarer, das heißt – bezogen auf Bevölkerungszahl und Vermögen – sind mehr Tote und ein höherer wirtschaftlicher Schaden zu befürchten als in besser entwickelten Ländern“, so der Geophysiker und Bauingenieur. Ein häufiger Grund sei, dass entsprechende Baurichtlinien nicht umgesetzt würden. Zudem bildeten, wie etwa in Bangladesh, die Küstenregionen die wirtschafltichen Zentren und sind entsprechend stark besiedelt. Hochwasserschutz wirkt und senkt die Schadensbilanz – so lautet eine weitere wichtige Erkenntnis.

Das „Preisschild“ von annähernd sechs Billionen Euro für alle Schäden im Untersuchungszeitraum ist natürlich nur eine Schätzung. Je nachdem, ob man die unteren oder oberen Werte nimmt, ergibt sich ein Spanne zwischen € 5,8 und € 12,5 Billionen. Die teuerste Naturkatastrophe war das Tohoku-Erdbeben am 11. März 2011 in Japan. Es hat einen Tsunami verursacht, der 18500 Menschen das Leben kostete und 450000 obdachlos machte. Außerdem war dieses Erdbeben der Auslöser für die Reaktorkatastrophe von Fukushima.

Entwicklungshilfe als Geschäft

Wussten Sie, dass seit dem Jahr 1960 ungefähr 500 Milliarden Dollar an Entwicklungshilfe nach Afrika geflossen sind? Die Journalistin Julieta Rudich hat diese Zahl zum Anlass genommen, in einer Reportage für die ARD nach dem Erfolg dieser Maßnahmen zu fragen, und sie hat dafür Kenia besucht.

Dort traf sie Auma Obama, die in Deutschland Germanistik und Soziologie studiert hat, und die jetzt in ihrem Herkunftsland mit ihrem Kinderhilfswerk „Sauti Kuu“ benachteiligte junge Menschen ausbildet. Wie alle Protagonisten der Reportage vertritt auch die Halbschwester des US-Präsidenten Barack Obama die These, dass die klassische Entwicklungshilfe reformbedürftig ist. Geschäfte zum gegenseitigen Nutzen seien langfristig besser geeignet, die armen Länder voran zu bringen und aus der Abhängigkeit von den Industrienationen zu entlassen.

Am radikalsten hat dies James Shikwati formuliert. Der Wirtschaftswissenschaftler fordert, die Entwicklungshilfe gänzlich abzuschaffen. „Beim Anblick einer helfenden Hand neigen Menschen dazu, immer mehr zu verlangen“, erklärt er . Den viel kritisierten Chinesen bescheinigt Shikwati, sie hätten „in den letzten vier Jahren hier mehr erreicht, als die Weltbank in den letzten 50 Jahren.“ Mit etwa 20 Milliarden Euro soll bei Lamu ein riesiger Freihafen entstehen, von dem aus zwei Schnellstrassen bis an die Grenzen zu Uganda und Äthiopien führen werden. Den Chinesen nutzt dies, weil es den Abtransport von Rohstoffen aus Kenia erleichtern wird. Für Shikwati ist dies kein Problem, denn die Infrastruktur seines Landes wird dafür maßgeblich verbessert – ein Geschäft auf Gegenseitigkeit eben.

Kenia 047 ICRAF
Kinder auf dem Feld, Kenia 1991 (Foto: Michael Simm)

In ihrer Reportage wirf Rudich auch einen Blick auf die Milleniumsdörfer, ein Experiment des US-Wirtschaftsprofessors Jeffrey Sachs, der damit binnen 20 Jahren die Armut besiegen will. Fünf Jahre lang erhalten diese Dörfer aus Geldern der Weltbank etwa 70 Dollar pro Kopf, weitere 40 Dollar müssen lokale Behörden und die Einwohner selbst aufbringen. Einerseits hat dies zu messbaren Erfolge beim Einkommen und der Lebenserwartung geführt. Andererseits zeigt Rudich aber auch, was passiert, wenn der Geldfluss stoppt: Es fehlt das Geld für Neuinvestitionen und der Vorwurf steht im Raum, dass die Hilfen abhängig machen würden. Warum die Bauern aus den höheren Erträgen keine Rücklagen gebildet haben, fragt die Reporterin aber nicht.

Dann noch der offenbar unvermeidliche Hinweis auf das Hybrid-Saatgut, auf Düngemittel und Pestizide, welche die Bauern bei Agarkonzernen wie Monsanto einkaufen „müssen“. Warum er statt des teuren Hybridsamens nicht das klassische Saatgut nimmt, wird ein Dorfbewohner gefragt. Antwort: Der Hybridsamen bringt etwa vier Mal soviel Ertrag. Dass dies überhaupt einmal erwähnt wird, geschieht bei derartigen Reportagen eher selten und ist den Machern hoch anzurechnen. Ebenso wie Auma Obama, die in ihren Musterdörfern offenbar mit einheimischen Gewächsen arbeitet, die sich hier aber erneut realistisch zeigt. Es sei wohl am besten, wenn man sowohl die anspruchsvollen Hochleistungssorten anbaut, als auch das herkömmliche regionale Saatgut verwendet.

Fazit: Eine gelungene Reportage, die statt Klischees zu bedienen lieber kluge Fragen stellt und die Menschen vor Ort zu Wort kommen lässt. In nur 30 Minuten gelingt es Julieta Rudich, ein komplexes Problem gut darzustellen und überlässt die Meinungsbildung erfreulicherweise dem Zuschauer.

Quelle: Welt Journal Reportage: Kenia – handeln statt entwickeln, 3Sat, 14.4.2016

Buch-TippDas Ende der Armut von Jeffrey D. Sachs

Lesefutter für Vogelfreunde

Unter vielen der Beste: Der neue Kosmos Vogelführer ist das einzige Buch, das Sie brauchen, um sämtliche bei uns vorkommenden Piepmätze zu bestimmen und außerdem alle Arten, die beim Urlaub in Europa, Nordafrika und Vorderasien an Ihnen vorbeifliegen, -wackeln oder -schwimmen könnten. 758 Arten auf 400 Seiten, mit mehreren Tausend Zeichnungen plus Verbreitungskarten ist dieser Schmöker die „Bibel aller Birder“, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung zu Recht urteilte.

Wo fliegen sie denn? Wer sich nicht damit begnügen mag, Vögel am winterlichen Futterhäuschen, am Ententeich im Park oder hinter Draht im Zoo zu beobachten, wird begeistert sein von der Kosmos Naturführer-Reihe „Vögel beobachten in…“. Ich habe mich von Christoph Moning und Christian Wagner mit „Vögel beobachten in Süddeutschland“ dazu verführen lassen, einige der „besten Beobachtungsgebiete zwischen Mosel und Watzmann“ aufzusuchen. In übersichtlichen Karten sind nicht nur Anfahrtswege und Parkmöglichkeiten dargestellt, sondern auch Rundgänge und Wanderungen mit exakten Markierung für jene Stellen, an denen es beispielsweise Eisvögel oder Neuntöter, Blaukelchen oder Beutelmeisen zu sehen gibt. Wer das Pech hat, nicht in Süddeutschland zu wohnen, braucht nicht traurig zu sein: Das Konzept war offensichtlich so erfolgreich, dass in kurzer Folge auch Bücher für den Rest von Deutschland vorgelegt wurden, nämlich „Vögel beobachten in Nordeutschland: Die besten Beobachtungsgebiete zwischen Sylt und Niederrhein“ und  „Vögel beobachten in Ostdeutschland: Die besten Beobachtungsgebiete zwischen Rügen und Thüringer Wald

Geadelt für seine Naturfilme: Sir David Attenborough (Foto: www.wildscreen.org, (c) 2003)
Geadelt für seine Naturfilme: Sir David Attenborough (Foto: www.wildscreen.org, (c) 2003)

Eigentlich wollte ich hier ja nur über den Glatzköpfigen Bülbül erzählen. Aber nachdem Sie mir nun schon so weit gefolgt sind, schreibe ich einfach weiter und lobe noch einen Menschen über den grünen Klee, der die für mich eindrucksvollste Doku-Serie über die Vogelwelt produziert hat: Was für die Deutschen Bernhard Grzimek ist der geadelte Tierfilmer Sir David Attenborough für Großbritannien und darüber hinaus.

Mit seinen unnachahmlichen, gleichermaßen liebenswerten wie lehrreichen Moderationen zu Filmaufnahmen auf höchstem technischen Niveau hat der mittlerweile 82-jährige sich eine riesige Fangemeinde erobert. Die schlechte Nachricht ist, dass Attenboroughs Werke in Deutschland (und auf deutsch) nur zum Teil erhältlich sind und dann oft nur zu überhöhten Preisen. So kostet das deutsche DVD-Set zur BBC-Reihe „Das geheime Leben der Vögel“ stolze 116 Euro. Nicht viel besser sieht es mit den Büchern zur Serie aus. „Das geheime Leben der Vögel“ wird wohl nicht mehr gedruckt und muss ebenso wie das englische Original „The Life of Birds“ z.B. bei Amazon indirekt über Zweitanbieter erworben werden.

Mein Tipp lautet daher 1. Abwarten und die TV-Zeitschrift studieren, bis einer unserer Staatssender sich bequemt, neben den Unmengen von Gebühren-finanziertem Müll auch Attenboroughs Vogel-Serie zu wiederholen. Dann mitschneiden und aufheben für einen schönen, lehrreichen und unterhaltsamen Familienabend. Und der zweite Tipp: Da es noch jede Menge andere Bücher und Filme (als DVDs) von David Attenborough gibt, suchen Sie sich diejenigen aus, die zu fairen Preisen angeboten werden. Meine Favoriten sind die DVD-Box „Verborgene Welten – Das geheime Leben der Insekten“ und das Buch „Das geheime Leben der Pflanzen„. Der dritte Tipp lautet: Lernen Sie englisch und genießen Sie Attenborough im Original. Oder umgekehrt: Genießen Sie Attenborough im Original und lernen Sie dabei englisch. Am besten und – im Vergleich zu den obigen Angeboten – auch noch äußerst preiswert geht das mit: „David Attenborough: The Life Collection„. Die von der BBC veröffentlichte Sammlung von Meilensteinen des Naturfilms umfasst auf 24 DVDs acht von neun „Life“-Serien Attenboroughs, nämlich Life on Earth (1979), The Living Planet (1984), The Trials of Life (1990), Life in the Freezer (1993), The Private Life of Plants (1995), The Life of Birds (1998), The Life of Mammals (2002) und Life in the Undergrowth (2005). Es fehlt lediglich die jüngste Produktion „Live In Cold Blood“ über Amphibien und Reptilien und die ist – sorry Sir David – zwar ebenfalls gut, aber für mich längst nicht so toll wie die Vögel-, Pflanzen- und Insektenserie.