Arbeit, Lohn, Gerechtigkeit

In den acht Minuten, die Fußball-Star Cristiano Ronaldo braucht, um sich ein hartes Ei zu kochen, verdient er so viel wie eine Friseurin in einem ganzen Jahr. Das krasse Beispiel entstammt zwar der Bild-Zeitung, scheint aber realistisch, wenn man die € 70 Millionen Jahresgehalt (inklusive Werbung) des Kickers den rund € 15000 der Friseurin gegenüberstellt. Kein Wunder, dass bei solchen extremen Unterschieden die Emotionen hochkochen und das Thema „Lohn und Gerechtigkeit“ zum Dauerbrenner geworden ist.

Ganz schön reich: Mit einem Jahreseinkommen von geschätzten € 70 Millionen verdient Cristiano Ronaldo in Minuten so viel, wie andere in einem ganzen Jahr.
Ganz schön reich: Mit einem Jahreseinkommen von geschätzten € 70 Millionen verdient Cristiano Ronaldo in ein paar Minuten so viel, wie andere in einem ganzen Jahr (Foto: Ruben Ortega via Wikimedia Commons. CC BY-SA 4.0)

Und wie ist das bei Ihnen so? Verdienen Sie genug? Mehr als drei Viertel aller Deutschen antworteten darauf in einer Umfrage mit „Ja“. Die Art der Lohnverteilung in diesem Lande fanden dennoch mehr als die Hälfte ungerecht, entnehme ich der ZDF-Dokumentation Wie fair sind unsere Löhne?, die dieser Tage wieder einmal ausgestrahlt wurde.

Der Film von Angela Scheele und Stefanie Zeyn gehört sicher zu den besseren, die das Staatsfernsehen auf unsere Kosten hat produzieren lassen. Er berichtet, ohne selbst zu werten und lässt dafür zwei Experten zu Wort kommen. Wir hören Sina Trinkwalder, die als Gründerin eines Modelabels vorgestellt wird und sich als sozial engagierte Unternehmerin und Buchautorin einen Namen gemacht hat. Noch eine Spur reflektierter scheint mir Roland Tichy, der ehemalige Chefredakteur der Wirtschaftswoche, und erfolgreiche Betreiber des Polit-Bloggs „Tichys Einblick”.

Die Produzenten bringen viele wissenswerte Zahlen, von denen ich einige hier wiedergeben möchte: Aktuell arbeiten in Deutschland 43 Millionen Menschen. Davon sind 39 Millionen Angestellte und 4 Millionen Selbstständige. Da wir jedoch fast 81 Millionen in diesem Land haben, fehlen nach Adam Riese noch 38 Millionen. Was ist mit denen? Ist das die Summe aller Rentner, Kinder und Arbeitslosen? Weitere Fakten (die Zahlen sind jeweils Brutto):

  • Das mittlere Monatseinkommen eines Vollzeitbeschäftigten beträgt € 3000
  • Im Osten werden durchschnittlich € 2300 bezahlt, im Westen € 3100
  • 8 Millionen sind Geringverdiener mit weniger als € 9,30 / Stunde
  • 2 Millionen haben einen Zweitjob
  • Die Realgehälter haben lange 10 Jahre stagniert, steigen erst seit 2 Jahren wieder
  • Nur 10 Prozent aller sozialpflichtig Beschäftigten – also 3 Millionen Menschen- verdienen mehr als € 60000 im Jahr

Die Sendung ist wohltuend nüchtern gehalten und frei von Suggestivfragen oder fragwürdigen Kommentaren aus dem Off. Dennoch spüre auch ich den Impuls, erst einmal „ungerecht“ zu schreien, während der Film eine Handvoll Menschen mit sehr unterschiedlicher Arbeit und entsprechender Entlohnung vorstellt. Wir treffen zum Beispiel eine Floristin, die mit 3 Jahren Ausbildung auf 1600 Euro brutto kommt und einen Lufthansa-Piloten, der mehr als 16000 macht, dabei nur 2,5 Jahre Ausbildung hatte. Nicht unerwähnt bleibt auch die Tatsache, dass die Pilotengewerkschaft in den letzten Jahren immer wieder Streiks ausgerufen hat, um für ihre Mitglieder noch höhere Gehälter und die Rente mit 55 durchzusetzen.

Auch der „typische” Lehrer fehlt nicht, der nach 5 Jahren Studium mit 42 Jahren an seinem Gymnasium € 4600 pro Monat bekommt. Am oberen Ende der Gehaltsskala wird ein Oberarzt vorgestellt, der mit seinen 35 Jahren (davon 6 Jahre Studium und 5 Jahre Weiterbildung) auf € 8300 monatlich kommt. An der Spitze stehen die Manager der 30 größten Unternehmen in Deutschland. Im Durchschnitt verdient ein Vorstandschef 50 Mal so viel wie seine Angestellten. Und bei den drei Spitzenverdienern kamen zuletzt 6, 7 oder 8 Millionen Euro zusammen – ohne Boni.

Die Dokumentation geht auch den möglichen Ursachen der Ungleichverteilung nach und stellt fest, dass die Ausbildung eine wichtige Rolle spielt. Die Zahl der Abiturienten ist massiv gestiegen, von etwa 7 % in den 1960er Jahren auf mittlerweile etwa 50 %. Doch obwohl der Anteil der Arbeiterkinder unter den Abiturienten deutlich zugenommen hat, absolvieren sie viel seltener ein Studium als die Kinder von Akademikern. Das hat Folgen: Denn mit einer „normalen“ Ausbildung liegt das Einkommen eines Arbeitnehmers bei durchschnittlich € 35000 pro Jahr, mit akademischem Abschluss sind es dagegen € 58000.

Und noch ein Unterschied wird hervor gehoben: Frauen verdienen 22 % weniger als Männer, und dieses „Lohngefälle” sei in keinem anderen Land Europas größer. Als Ursache wird angegeben, dass die Frauen bei der Kindererziehung „zurückstecken”. 70 % der Mütter arbeiten Teilzeit, aber nur 7 % der Väter. Als Kinderloser ohne eigene Erfahrungen werde ich mich hüten, hier die Vor- und Nachteile von Beruf und Kindererziehung vergleichen zu wollen. Tatsache ist aber, dass das Lohngefälle von 22 % auf 7 % schrumpft, wenn man Männer und Frauen vergleicht, die bei gleicher Qualifikation die gleiche Arbeit machen. Und selbst diese Differenz könnten Frauen locker überwinden, provoziert Tichy: „Sie müssen einfach nur in typisch männliche, bessere bezahlte Berufe einstiegen und Mathematikerinen oder Anwälte werden.“

Tendenziöse Stromgeschichte

Strom, Energiewende, Atomkraft – Fast alle reden darüber, doch die Kenntnisse über die Zusammenhänge sind oftmals eher dünn. In der Dokumentation „Die Macht der Stromkonzerne“ von Florian Opitz, die zuletzt im Februar 2016 ausgestrahlt wurde, sah ich eine Chance, meine Wissenslücken zu stopfen. Mein Anspruch war hoch. Immerhin hat Opitz mit diesem Film zum zweiten Mal den Grimme-Preis gewonnen, der als eine der angesehensten Auszeichnungen für Fernsehfilme gilt (warum eigentlich?).

Stromleitungen transportieren Energie über weite Entfernungen (Foto: Michael Simm, 2012)
Stromleitungen transportieren Energie über weite Entfernungen (Foto: Michael Simm, 2012)

Beworben wird der Film damit, dass man die Strukturen beleuchten will, aufgrund derer „die Stromerzeuger jahrzehntelang ein profitables Geschäft betrieben haben“. Sie wurden dadurch „zu einer der mächtigsten Branchen Deutschlands …, die die Energiepolitik stets nach ihren Interessen beeinflusst hat.“

Heraus kam eine Dokumentation, die zwar durchaus lehrreich ist, bei der aber die Berichterstattung wie so oft beim Staatsfunk durch tendenziöse Darstellung überschattet wird. Dies beginnt mit der Wortwahl, setzt sich fort im Schnitt und wird untermalt mit musikalischer Stimmungsmache. Kapitalisten streben nach Monopolen, die Branche fungiert als Helfer der Waffenindustrie im 2. Weltkrieg und selbst die noch lange davor von Energiekonzern RWE eingefädelte Beteiligung der Städte an der E-Werken ist nichts weiter als ein durchsichtiger Bestechungsversuch.

Das kann man auch anders sehen: „Aufgrund der Bedeutung als Grundversorgung und wegen der besonderen Marktbedingungen (eingeschränkter Wettbewerb aufgrund der Netzgebundenheit) unterliegen Energieversorgungungsunternehmen einer besonderen öffentlichen Kontrolle und sie müssen besondere gesetzliche Auflagen erfüllen. Vielfach sind Energieversorgungs-unternehmen ganz oder teilweise im Besitz der Öffentlichen Hand und als Stadtwerke oder andere kommunale Werke organisiert.“ So steht es in der Wikipedia, und das ist ein recht gutes Argument für das gegenwärtige Arrangement.

Durchaus wertvoll sind die Interviews mit einem halben Dutzend Beteiligter sowohl auf Seiten der Stromversorger, als auch der Politik.  Dabei kann man natürlich den Abgang des ehemaligen Wirtschaftsministers Werner Müller aus der Politik in die Stromwirtschaft hervorheben. Dann sollte man indes auch bei Jürgen Trittin dessen kommunistische Vergangenheit nicht verschweigen, die seinen Kampf für staatliche Kontrolle sicher in einem weniger günstigen Licht erscheinen ließe. Ebenso wird den Zuschauern ein gewisser Dr. Peter Becker zunächst als „Energie-Experte“ vorgestellt. Immer wieder wird er zwischengeschnitten und gibt seine Wertung der Ereignisse ab. Später verrät er sich in einem Nebensatz als Anwalt für eine Anzahl ostdeutscher Gemeinden, die nach der Wende gegen die Übernahme „ihrer“ Energienetze durch westdeutsche Konzerne geklagt haben. Damit ist er für mich als unabhängiger Experte disqualifiziert. Im Gegensatz zu Beckers Pendant vom Atomforum wird Becker aber nicht gefragt, ob er denn ein Lobbyist sei.

Zwischen den Zeilen scheint die „Dokumentation“ nach mehr staatlicher Kontrolle zu rufen, nach Enteignung gar: Nun wird zwar die Übernahme der Energieversorger in der DDR durch westdeutsche Firmen als zwielichtiger Deal dargestellt. Wie gut und wettbewerbsfähig oder gar umweltfreundlich die DDR-Strukturen waren, wird aber nicht diskutiert. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, dass deren Braunkohlekombinate und die Stromversorgung in Staatshand ein Erfolgsmodell waren.

Und noch ein Verweis auf die Geschichte scheint mir fraglich: Da wird behauptet, die Deutschen hätten 1998 im europaweiten Vergleich die höchsten Strompreise bezahlt. Das erscheint mir unglaubhaft, ich konnte es aber nicht überprüfen. Was ich aber nachschlagen konnte ist eine aktuelle EU-Statistik. Dort zahlten 2015 die deutschen Stromkunden mit 29,5 Cent pro Kilowattstunde Strom nach den Dänen den höchsten Preis. Wenn aber der Umbau des Stromnetzes hin zu kleineren Anbietern solche eine tolle Idee ist, warum sehe ich dann keine Rendite in Form sinkender Strompreise? Die „Energiewende“ nahm spätestens im Jahr 2000 unter der damaligen rot-grünen Bundesregierung volle Fahrt auf. Was ist bitte seitdem besser geworden?

Fazit: Licht und Schatten liegen in diesem Beitrag nahe beieinander. Es gibt wichtige historische Einblicke und Autor Florian Opitz hat aus den Archiven zahlkreiche eindrucksvolle Aufnahmen und Statements zutage gefördert. Dennoch kann ich Opitz den Vorwurf des Tendenzjournalismus nicht ersparen, denn die Stoßrichtung ist von Anfang an klar: Das Stromkartell betreibt ein profitables Geschäft, die Politiker lassen sich immer wieder einwickeln und am Ende ist der Verbraucher der Dumme. Wer mitdenkt und im Geiste einige kritische Fragen stellt, muss jedoch erkennen, dass die Sache so einfach nicht ist. Der Film hat zu wenig Tiefe und zu viel Tendenz und er bringt leider kein einziges Beispiel dafür, wie es besser laufen könnte. Für einen Sender mit Milliardenbudget ist das ein Armutszeugnis.

Entwicklungshilfe als Geschäft

Wussten Sie, dass seit dem Jahr 1960 ungefähr 500 Milliarden Dollar an Entwicklungshilfe nach Afrika geflossen sind? Die Journalistin Julieta Rudich hat diese Zahl zum Anlass genommen, in einer Reportage für die ARD nach dem Erfolg dieser Maßnahmen zu fragen, und sie hat dafür Kenia besucht.

Dort traf sie Auma Obama, die in Deutschland Germanistik und Soziologie studiert hat, und die jetzt in ihrem Herkunftsland mit ihrem Kinderhilfswerk „Sauti Kuu“ benachteiligte junge Menschen ausbildet. Wie alle Protagonisten der Reportage vertritt auch die Halbschwester des US-Präsidenten Barack Obama die These, dass die klassische Entwicklungshilfe reformbedürftig ist. Geschäfte zum gegenseitigen Nutzen seien langfristig besser geeignet, die armen Länder voran zu bringen und aus der Abhängigkeit von den Industrienationen zu entlassen.

Am radikalsten hat dies James Shikwati formuliert. Der Wirtschaftswissenschaftler fordert, die Entwicklungshilfe gänzlich abzuschaffen. „Beim Anblick einer helfenden Hand neigen Menschen dazu, immer mehr zu verlangen“, erklärt er . Den viel kritisierten Chinesen bescheinigt Shikwati, sie hätten „in den letzten vier Jahren hier mehr erreicht, als die Weltbank in den letzten 50 Jahren.“ Mit etwa 20 Milliarden Euro soll bei Lamu ein riesiger Freihafen entstehen, von dem aus zwei Schnellstrassen bis an die Grenzen zu Uganda und Äthiopien führen werden. Den Chinesen nutzt dies, weil es den Abtransport von Rohstoffen aus Kenia erleichtern wird. Für Shikwati ist dies kein Problem, denn die Infrastruktur seines Landes wird dafür maßgeblich verbessert – ein Geschäft auf Gegenseitigkeit eben.

Kenia 047 ICRAF
Kinder auf dem Feld, Kenia 1991 (Foto: Michael Simm)

In ihrer Reportage wirf Rudich auch einen Blick auf die Milleniumsdörfer, ein Experiment des US-Wirtschaftsprofessors Jeffrey Sachs, der damit binnen 20 Jahren die Armut besiegen will. Fünf Jahre lang erhalten diese Dörfer aus Geldern der Weltbank etwa 70 Dollar pro Kopf, weitere 40 Dollar müssen lokale Behörden und die Einwohner selbst aufbringen. Einerseits hat dies zu messbaren Erfolge beim Einkommen und der Lebenserwartung geführt. Andererseits zeigt Rudich aber auch, was passiert, wenn der Geldfluss stoppt: Es fehlt das Geld für Neuinvestitionen und der Vorwurf steht im Raum, dass die Hilfen abhängig machen würden. Warum die Bauern aus den höheren Erträgen keine Rücklagen gebildet haben, fragt die Reporterin aber nicht.

Dann noch der offenbar unvermeidliche Hinweis auf das Hybrid-Saatgut, auf Düngemittel und Pestizide, welche die Bauern bei Agarkonzernen wie Monsanto einkaufen „müssen“. Warum er statt des teuren Hybridsamens nicht das klassische Saatgut nimmt, wird ein Dorfbewohner gefragt. Antwort: Der Hybridsamen bringt etwa vier Mal soviel Ertrag. Dass dies überhaupt einmal erwähnt wird, geschieht bei derartigen Reportagen eher selten und ist den Machern hoch anzurechnen. Ebenso wie Auma Obama, die in ihren Musterdörfern offenbar mit einheimischen Gewächsen arbeitet, die sich hier aber erneut realistisch zeigt. Es sei wohl am besten, wenn man sowohl die anspruchsvollen Hochleistungssorten anbaut, als auch das herkömmliche regionale Saatgut verwendet.

Fazit: Eine gelungene Reportage, die statt Klischees zu bedienen lieber kluge Fragen stellt und die Menschen vor Ort zu Wort kommen lässt. In nur 30 Minuten gelingt es Julieta Rudich, ein komplexes Problem gut darzustellen und überlässt die Meinungsbildung erfreulicherweise dem Zuschauer.

Quelle: Welt Journal Reportage: Kenia – handeln statt entwickeln, 3Sat, 14.4.2016

Buch-TippDas Ende der Armut von Jeffrey D. Sachs

Top-Thema Nr. 3 – Der stärkste Sturm?

Mit Spitzengeschwindigkeiten von 305 bis 314 Stundenkilometern peitschte der Taifun Haiyan am 8. November 2013 auf die Philippinen ein und forderte dabei mehr als 6000 Todesopfer. Nur drei andere Stürme hatten jemals höhere Geschwindigkeiten erreicht – allerdings war dies auf dem offenen Meer passiert und nicht an Land. Wäre Haiyan in einer US-Großstadt gelandet – wie im Vorjahr „Sandy“ in New York – so hätte dies Schäden von 500 Milliarden US-Dollar verursacht, ergab eine Hochrechnung von Jeff Masters, dem Chef-Meteorologen der Firma Underground.

Taifun Haiyan am 7. November, beim Erreichen seines Höhepunkts
Taifun Haiyan am 7. November, beim Erreichen seines Höhepunkts (Foto: NASA)

Zwar diskutierte die Welt in den Tagen nach der Katastrophe wieder einmal über einen möglichen Zusammenhang mit der globalen Erwärmung. Mit einem Hungerstreik versuchte zudem der Chefdelegierte der philippinischen Delegation, Yeb Sano, auf einer UN-Klima-Konferenz in Warschau „bedeutsame Fortschritte“ erzwingen. Das Thema verschwand jedoch binnen kurzem wieder aus der öffentlichen Wahrnehmung und Sano musste seinen Hungerstreik nach zwei Wochen beenden, ohne dass es irgendwelche konkreten Zusagen gegeben hätte.

Apropos Globale Erwärmung: Die Konzentration des Treibhausgases Kohlendioxid hat im Mai die Schwelle von 400 ppm (Parts per Million) überschritten. Zuletzt gab es derart hohe Werte vor 800000 Jahren – nur lebten damals noch keine Menschen, die sich darüber hätten den Kopf zerbrechen können. Im Pliozän vor 2,5 Millionen Jahren hatte es ähnlich hohe CO2-Werte wie heute. Damals war es 3,5 Grad wärmer und in der Arktis wuchsen die Wälder.

Alle Top-Themen der Wissenschaft 2013:

  1. Gene im Rampenlicht
  2. Gefährlicher Streifschuss
  3. Der stärkste Sturm?
  4. Kohlekraft schlimmer als Atomkraft?
  5. Immuntherapie gegen Krebs
  6. Erbgut vom Frühmenschen
  7. Der Preis des Frackings
  8. Hirnchen, Nierchen, Leberlein…
  9. Drohnen im Anflug
  10. Blick unter die Schädeldecke
  11. Spüli im Gehirn
  12. Ernie und Bert am Südpol gefangen

Top-Thema Nr. 4 – Kohlekraft schlimmer als Kernkraft?

Pro Jahr sterben annähernd 3100 Menschen an dem Feinstaub und den giftigen Abgasen, die deutsche Kohlekraftwerke in die Luft blasen. Mit dieser Schlussfolgerung aus einer selbst beauftragten Studie (Download als pdf-Datei hier) untermauerte Greenpeace die Forderung, ab dem Jahr 2040 keinen Strom mehr aus Kohle zu gewinnen. Weil Braunkohle besonders schmutzig ist, soll deren Nutzung spätestens im Jahr 2030 enden, obwohl Deutschland von diesem Rohstoff mehr fördert als jedes andere Land der Welt.

Energiemix in Deutschland - Kohle hat den größten Anteil (Tkarcher/Wikipedia CC-Lizenz)
Energiemix in Deutschland – Kohle hat nach wie vor den größten Anteil (Tkarcher/Wikipedia CC-Lizenz)

Diesem Vorschlag widersprachen unmittelbar Betroffene wie der Energiekonzern und Kraftwerksbetreiber Vattenfall, der die Studie als „grob irreführend“ bezeichnete, sowie der Interessenverband VGB Power Tech, der darauf hinwies, dass das Gesundheitsrisiko durch Feinstaub vornehmlich durch Abgase aus dem Verkehr und die Heizungen von Wohnhäusern verursacht würde.

Das Thema war nur kurz in den Schlagzeilen und taucht meines Erachtens zu Unrecht in keiner anderen Rangliste auf. Für meinen Kunden Medscape Deutschland habe ich diese Geschichte recherchiert (sie steht hier) und konnte dabei auch mit dem Studienleiter Professor Rainer Friedrich sprechen. Der stellte klar, dass er die politischen Forderungen  seines Auftraggebers Greenpeace nicht teilt – aber das ist für mich nur ein Teil der Story.

Die Zahlen selbst sind offenbar ziemlich solide, und Feinstaub ist in der Tat ein gefährliches Umweltgift. Friedrich bestätigte aber auch, dass sowohl unsere Autos, als auch unsere Wohnungen und Häuser ebenso wie die Landwirtschaft größere Mengen Feinstaub freisetzen, als die gescholtenen Kohlekraftwerke. Greenpeace lässt dies außen vor, denn die Forderung nach Verzicht auf´s Auto will keiner hören. Vergleicht man verschiedene Arten der Energieerzeugung und verweist auf die bessere Bilanz von Gaskraftwerken, Wind- und Solarkraft, so sollte man ehrlicherweise auch die Kernkraft erwähnen, die überhaupt keinen Feinstaub produziert. Dies aber wird von Greenpeace unterschlagen.

Ich erlaube mir die provokante Frage, wie viele Tote weniger wir in Deutschland hätten, wenn wir – so wie Frankreich – konsequent auf Atomkraft setzen würden. Wie viele Menschen sind bisher nachweislich durch französische oder deutsche Kernreaktoren gestorben? Meines Wissens niemand.

Selbst in Fukushima, wo die Japaner in seltener Dämlichkeit ihre Reaktoren in einem bekannten Erdbebengebiet errichtet hatten, wird es außerhalb des betroffenen Distrikts keinen merklichen Anstieg der Krebsraten geben, wie die WHO in einem Bericht festgestellt hat, den ich ebenso bei Medscape Deutschland referiert habe wie die Gegenposition des Verbandes atomkritischer Ärzte IPPNW. Die Antwort von Greenpeace ließ nicht lange auf sich warten: „Der WHO-Bericht spielt in schamloser Weise die Auswirkungen der frühen radioaktiven Emissionen auf die Menschen in der 20-Kilometer-Zone herunter, die die Gegend nicht schnell genug verlassen konnten“, sagte deren Atomkraftexpertin Rianne Teule. Das kann man glauben. Muss man aber nicht.

Alle Top-Themen der Wissenschaft 2013:

  1. Gene im Rampenlicht
  2. Gefährlicher Streifschuss
  3. Der stärkste Sturm?
  4. Kohlekraft schlimmer als Atomkraft?
  5. Immuntherapie gegen Krebs
  6. Erbgut vom Frühmenschen
  7. Der Preis des Frackings
  8. Hirnchen, Nierchen, Leberlein…
  9. Drohnen im Anflug
  10. Blick unter die Schädeldecke
  11. Spüli im Gehirn
  12. Ernie und Bert am Südpol gefangen

Top-Thema Nr. 7 – Die Kehrseite des Frackings

Energie zum Billigtarif bescherte die Methode des Fracking vor allem den Bewohnern der USA. Binnen weniger Jahre sanken die Preise für Öl und Gas rapide, die Nation wurde vom Netto-Importeur zum Exporteur fossiler Rohstoffe. So erfreulich diese Entwicklung für die Wirtschaft des Landes auch ist, ohne Nebenwirkungen ist das Fracking offenbar nicht zu haben: Erst nachdem Öl- und Gas-führende Schichten mit einem Wasser-Chemikaliengemisch erschlossen wurden, machte man sich Gedanken über die Entsorgung der Bohrflüssigkeit.

Beim Fracking werden Gas und Öl mit Chemikalien freigesetzt, die man in den Boden pumpt (Foto: Joshua Dubek, Wikipedia CC-Lizenz)
Beim Fracking werden Gas und Öl mit Chemikalien freigesetzt, die man in den Boden pumpt (Foto: Joshua Dubek, Wikipedia CC-Lizenz)

Etwa neun Milliarden Liter täglich fallen beim Fracking an. Sie einfach in den Boden zurück zu pumpen kann offenbar Erdbeben hervor rufen, außerdem besteht die Gefahr, dass Grundwasser verseucht wird. Der Bundesstaat New York, aber auch Frankreich und Südafrika haben deshalb bereits ein Moratorium gegen das Fracking verhängt; in Deutschland hat die Debatte gerade erst begonnen. Lesen Sie mehr dazu in diesem Zeit-Artikel der Kollegen Christian Tenbrock und Fritz Vorholz.

 

 

Alle Top-Themen der Wissenschaft 2013:

  1. Gene im Rampenlicht
  2. Gefährlicher Streifschuss
  3. Der stärkste Sturm?
  4. Kohlekraft schlimmer als Atomkraft?
  5. Immuntherapie gegen Krebs
  6. Erbgut vom Frühmenschen
  7. Der Preis des Frackings
  8. Hirnchen, Nierchen, Leberlein…
  9. Drohnen im Anflug
  10. Blick unter die Schädeldecke
  11. Spüli im Gehirn
  12. Ernie und Bert am Südpol gefangen

Top-Thema Nr. 9 – Drohnen im Anflug

Für Amazon-Chef Jeff Bezos sind sie ein Transportmittel mit großer Zukunft. Bald schon könnten die Päckchen des Unternehmens mithilfe der fliegenden Maschinen verteilt werden, verkündete er im Dezember. Andere fürchten angesichts der Schnüffelaktionen von NSA & Co., dass Drohnen wie geschaffen sind, um den Überwachungsstaat vollends zu verwirklichen.

Der "Reaper" - ein unbemanntes, bewaffnetes Flugzeug der US Air Force (Foto: Wikipedia)
Der „Reaper“ – ein unbemanntes, bewaffnetes Flugzeug der US Air Force (Foto: Wikipedia)

In der Kriegsführung haben sie sich schon lange „bewährt“- zumindest wenn man der militärischen Logik folgen mag, wonach die eigenen Truppen möglichst wenigen Risiken ausgesetzt sein sollten. Die Kehrseite zeigen Daten des Büros für investigativen Journalismus in London, die hier in einer Grafik dargestellt sind. Demnach waren unter den mehr als 3200 Opfern US-amerikanischer Drohnenangriffe in Pakistan bislang auch 535 Zivilisten und 175 Kinder.

Alle Top-Themen der Wissenschaft 2013:

  1. Gene im Rampenlicht
  2. Gefährlicher Streifschuss
  3. Der stärkste Sturm?
  4. Kohlekraft schlimmer als Atomkraft?
  5. Immuntherapie gegen Krebs
  6. Erbgut vom Frühmenschen
  7. Der Preis des Frackings
  8. Hirnchen, Nierchen, Leberlein…
  9. Drohnen im Anflug
  10. Blick unter die Schädeldecke
  11. Spüli im Gehirn
  12. Ernie und Bert am Südpol gefangen

Die AfD und der Islam

Als Mitglied der Alternative für Deutschland habe ich mich sehr gefreut über die gestrige E-Mail unseres Sprechers Bernd Lucke, in der er zehn Thesen über das Verhältnis unserer Partei zum Islam aufstellt. Sie wurde nicht als offizielle Pressemitteilung versandt, verdient es aber, publik gemacht zu werden. Ich unterstütze diese Thesen voll und ganz und werde meinen Teil dazu beitragen, dass der Dialog kritisch, aber konstruktiv geführt wird.

Thesen:

1. Deutschland ist ein tolerantes und weltoffenes Land. Jede große Weltreligion und eine Vielzahl von kleinen Religionen und Kulten werden in Deutschland praktiziert. Demgegenüber gibt es andere Staaten in der Welt, in denen keine Religionsfreiheit herrscht. In manchen islamischen oder kommunistischen Staaten werden religiöse Minderheiten unterdrückt und ihre Anhänger verfolgt. Oft sind auch Christen gewaltsamer Verfolgung ausgesetzt. Es ist Teil unserer Verpflichtung auf die Grundrechte, uns gegen derartige Übergriffe einzusetzen. Es ist ebenfalls Teil unserer Verpflichtung auf die Grundrechte, in Deutschland ansässige Glaubensgemeinschaften vor unberechtigten Vorwürfen einer geistigen Mittäterschaft zu schützen.

Hagia Sofia klein
Die Hagia Sofia in Istanbul. Erbaut von 532 – 537 war sie ein Jahrtausend lang die größte Kirche der Welt, wurde später genutzt als Moschee, und ist heute Museum und Weltkulturerbe.

2. Wenn der Satz „Der Islam gehört zu Deutschland“ nur die faktische Existenz des Islam in Deutschland feststellen sollte, ist er überflüssig, weil der Sachverhalt offenkundig ist. Wenn er die Toleranz und Weltoffenheit Deutschlands betonen sollte, ist unverständlich, warum er die vielen anderen in Deutschland praktizierten Religionen nicht erwähnt. Wenn er aber als eine implizite Bejahung des Islams in Deutschland gemeint ist, ist er falsch und töricht,  weil er sich pauschal und undifferenziert zu einem komplexen Phänomen äußert, das viele unterschiedliche Strömungen und Aspekte umfasst. Was zu Deutschland gehört, muss präzise benannt werden und sollte von Deutschland her gedacht werden.

3. Zu Deutschland gehören die Freiheit des Glaubens, die Freiheit des religiösen Bekenntnisses und das Recht der ungestörten Religionsausübung. Insbesondere hat jeder Moslem das Recht, seinen Glauben friedlich zu praktizieren, seine Kinder in diesem Glauben zu erziehen und sich in Moscheen mit anderen Moslems zu versammeln. Diese Rechte finden Beschränkungen nur dann, wenn sie andere Grundrechte berühren. Zur Freiheit des Glaubens gehört aber auch, sich unbedroht vom Glauben oder bestimmten Glaubensvorstellungen abwenden zu dürfen.

4. Zu Deutschland gehört die Gleichberechtigung der Frau. Islamische Glaubenslehren, die die Freiheit und Gleichberechtigung von Frauen einschränken, verstoßen gegen Grundwerte unserer Gesellschaft. Mädchen und Frauen, die unter diesen Glaubenslehren leiden, bedürfen unseres Schutzes und Beistands. Gleichwohl ist es das Recht jeder muslimischen Frau, diese Glaubenslehren und auch aus den Glaubenslehren abgeleitete Kleidungsvorschriften zu akzeptieren, solange dies in freier, ungezwungener Entscheidung geschieht. Dass Traditionen, familiäres und soziales Umfeld derartige Entscheidungen prägen, ist zu akzeptieren. Umgekehrt ist von muslimischen Mitbürgern zu akzeptieren, dass in deutschen Bildungseinrichtungen und der deutschen Gesellschaft andere Lebenseinstellungen für Frauen vertreten und vorgelebt werden.

5. Zu Deutschland gehört der moderne Rechtsstaat. Dieser Rechtsstaat ist unvereinbar mit den aus dem Koran abgeleiteten Rechtsvorstellungen der Scharia. In Deutschland wird nicht nach der Scharia Recht gesprochen und auch eine informelle Streitschlichtung, in der beide Seiten die Anwendung der Scharia wünschen, darf sich nicht an der Scharia orientieren, wenn dadurch Dritte in ihren Rechten beeinträchtigt werden.

6. Über die Zulässigkeit von Beschneidung, Schächtung und anderen umstrittenen religiösen Praktiken muss letztlich der Rechtsstaat in einer Abwägung zwischen Religionsfreiheit und anderen wichtigen Rechten entscheiden. Diese Entscheidung muss von allen Beteiligten akzeptiert werden.

7. In Deutschland geht alle Staatsgewalt vom Volk aus und deshalb  gehört zu Deutschland die Demokratie. Theokratische Staatsvorstellungen sind damit unvereinbar. In Deutschland findet die freie Ausübung des Glaubens seine Grenzen da, wo dieser gegen den Rechtsstaat, die Demokratie oder die Grundrechte gewendet werden soll.

8. Zu Deutschland gehört die Meinungsfreiheit. Muslimische Staatsbürger haben genau wie jeder andere das Recht, sich kritisch zu gesellschaftlichen Gegebenheiten zu äußern, auch wenn dem andere Wertvorstellungen zugrunde liegen. Es steht ihnen auch frei, sich auf demokratischem Wege für die Erreichung ihrer Ziele einzusetzen.

9. Zu Deutschland gehören Gastfreundschaft und Toleranz. Dies gilt auch gegenüber Andersgläubigen. Religiöse Gefühle sollen geachtet werden und Provokationen unterbleiben. Um in Angelegenheiten von geringer Bedeutung Konflikte zu vermeiden, ist Großzügigkeit und Verständnis für die Situation des Anderen angezeigt. Dies gilt für alle Beteiligten und selbstverständlich auch für die Bevölkerungsmajorität.

10. Deutschland ist ein säkularer Staat mit einer tief verwurzelten christlichen Prägung. Von den heute unter uns lebenden Moslems sind viele trotz ihres anderen Glaubens glücklich darüber, dass sie in diesem säkularen Staat leben und keiner religiösen Bevormundung ausgesetzt sind. Viele unter uns lebende Moslems akzeptieren die Trennung von Staat und Religion trotz anderslautender Vorstellungen mancher islamischer Theologen. Diese Akzeptanz ist die Basis für ein gedeihliches Zusammenleben.

Bernd Lucke

Mit seiner Mail will Lucke, der schlaue Fuchs, offenbar nicht nur einen Konsens in der Partei herbeiführen, der die AfD für alle sichtbar von Extremisten abgrenzt. Ich sehe darin auch eine kluge und angemessene Reaktion auf einzelne Parteimitglieder, die in der aktuellen Programmdiskussion z.B. eine Festlegung auf ein traditionell-christliches Weltbild fordern und die damit zum Teil eine Pauschal-Kritik am Islam verbinden. Die 17000 Mitglieder der AfD werden deshalb aufgefordert, Zustimmung und/oder Kritik an Luckes Thesen per E-Mail zu signalisieren, sodass unser „Chef“ ein erstes Meinungsbild bekommt. Ich bin fest davon überzeugt, dass die zweite Fraktion in der Minderheit ist und plädiere deshalb dafür, Luckes Thesen ins Parteiprogramm zu übernehmen. Die AfD kommt aus der Mitte der Gesellschaft und dort soll sie auch bleiben. Ich will lösungsorientiert arbeiten und vertraue darauf, dass im Wettstreit der Ideen die besten gewinnen – unabhängig von der Religion oder Weltanschauung einzelner Parteimitglieder. Islamophobe und andere Extremisten, welche die AfD als Plattform zur Verbreitung ihrer Ideologien missbrauchen wollen, sollten in dieser Partei auch weiterhin keinen Platz haben.

Nachtrag: Obige Hoffung hat sich leider nicht erfüllt. Unmittelbar nach der Abwahl Bernd Luckes im Juli 2015 bin ich daher aus der AfD ausgetreten.

Höchste Zeit für den Mindestlohn

Gäbe es in Deutschland Volksabstimmungen nach Schweizer Vorbild, so hätten wir ihn längst – den Mindestlohn. 83 Prozent der Befragten waren zuletzt dafür und fänden 8,50 Euro / Stunde angemessen, ergab eine Umfrage des ZDF-Politbarometers. Im Juni waren es bei einer Umfrage des DGB 86 Prozent gewesen, und schon im November 2011 fand der FOCUS dafür 84 Prozent Zustimmung.

Einstellung zum Mindestlohn in Deutschland nach Parteipräferenz
Mehr Statistiken finden Sie bei Statista

Bemerkenswert ist dabei auch, dass die Zustimmung quer durch alle Parteien geht – selbst die CDU-Anhänger ware in der FOCUS-Umfrage mit 74 Prozent für den Mindestlohn. Dass dennoch nichts passiert ist, kann ich mir nur durch den Einfluss von Lobbyisten erklären, beauftragt von Menschen, die von Billiglöhnen profitieren und die in Frau Merkel eine willige Komplizin fanden, um den Willen des Volkes zu sabotieren. Wieder einmal. So wie auch bei der „Euro-Rettung“ oder der „Energiewende“ wird Politik betrieben auf Kosten der Mehrheit und zugunsten einer kleinen Clique von Profiteuren.

Zurück zum Mindestlohn: Es ist eine Frage des Anstandes, ob Menschen von ihrer Arbeit ordentlich leben können. Es ist ein Armutszeugnis, wenn dies für 1,3 Millionen Menschen in Deutschland nicht möglich ist, ohne dass sie dafür staatliche Zuschüsse in Anspruch nehmen müssen. Ausbeutung wird hier durch unser aller Steuern subventioniert. Teilweise raten Firmen ihren Angestellten ganz offen, beim Jobcenter Hartz IV zu beantragen, um die Lücken zu stoppen. Benachteiligt werden die Ehrlichen, die anständige Löhne zahlen.

Wer befürchtet, dass seine Pizza teurer würde, wenn endlich ein gesetzlicher Mindestlohn in Deutschland eingeführt würde, der übersieht natürlich, dass er ohne die Staatssubventionen für die Ausbeuter mehr Geld in der Tasche hätte. Geld, dass ich jedenfalls dem Pizzaboten gönnen würde. Ich frage mich, wie viel Geld es kostet, die sogenannten Aufstocker zu verwalten, deren Anträge zu bearbeiten und die Lebensumstände zu prüfen. Wie entwürdigend muss es sich anfühlen, wenn man putzen geht und sich dann noch auf dem Amt dafür rechtfertigen soll, dass es nicht zum Leben reicht?

Ich denke, wer in Deutschland 30 oder gar 40 Stunden pro Woche arbeitet, muss dafür genug Lohn bekommen, um sich eine Wohnung leisten zu können. Genug auch für ordentliches Essen und Kleidung, das Monatsticket für die Bahn, den gelegentlichen Kneipenbesuch (Stichwort: „soziale Teilhabe“)  und auch für einen Urlaub. Arbeit muss sich lohnen und sollte deshalb deutlich besser bezahlt werden als Arbeitslosigkeit. Schon um ein Zeichen zu setzen, müsste deshalb ein angemessener Mindestlohn eher bei 10 Euro liegen, als bei bei den 8,50, die sich derzeit in den Koalitionsgesprächen abzeichnen.

Gut möglich, dass einige Dienstleistungen sich dann deutlich verteuern werden. Doch abgesehen davon, dass diese Gelder an anderer Stelle wieder eingespart würden: Den Mindestlohn sehe ich auch als einen „Solidarbeitrag“ für eine gerechtere Gesellschaft. Ich würde ihn bereitwillig zahlen und wäre dann ein mindestens so guter Mensch wie jene, die zur Rettung der Welt nur fair gehandelten Kaffee trinken und die nur Eier von frei laufenden Hühnern kaufen.

Karlsruhe hat gesprochen…

… und ich fühle mich verraten von diesen Richtern, die offenbar nicht den Mut haben, das Volk – aber auch die Abgeordneten – vor der Entmündigung und Fremdbestimmung durch die selbsternannten „Euro-Retter“ zu schützen. Die Verfassungsbeschwerde gegen die unzureichende Beteiligung des Deutschen Bundestages vor den Hilfszusagen für Griechenland & Co. wurde zurückgewiesen – und das obwohl die Richter die Grenzen der deutschen Hilfen folgendermaßen definieren:

Es ist insoweit auch dem Bundestag als Gesetzgeber verwehrt, dauerhafte völkervertragsrechtliche Mechanismen zu etablieren, die auf eine Haftungsübernahme für Willensentscheidungen anderer Staaten hinauslaufen, vor allem wenn sie mit schwer kalkulierbaren Folgewirkungen verbunden sind. (mehr dazu hier)

Genau dies aber geschieht, wenn der „Europäische Stabilitätsmechanismus“ Gesetz wird. Wer immer noch nicht verstanden hat, dass damit „Haftungsübernahmen“ und „schwer kalkulierbare Folgewirkungen“ verbunden sind, sollte sich dieses Video anschauen:

Es erklärt auf leicht verständliche Art, was im ESM-Vertrag ´drin steht, wie dieser Vertrag den Bundestag und ganz Deutschland entmachtet und uns auf Dauer und unwiderruflich zu Zahldeppen macht, die für die Schulden anderer Länder länger arbeiten und mehr Steuern zahlen müssen (meine Übersetzung).

Die letzten Umfragen zeigen, dass 90 Prozent der Deutschen gegen die Ausweitung des Rettungsschirmes sind – aber noch immer finden sich im Bundestag kaum zwei Dutzend Abgeordnete unter 622, die sich dem Willen des Volkes verpflichtet sehen.

Ich hoffe immer noch, dass die Mehrheit unserer Abgeordneten hinreichend klug und verantwortungsbewusst sein wird, um in den entscheidenden Abstimmungen die Schuldenmacherei auf unsere Kosten zu beenden. Ich hoffe, dass sie nicht länger zusehen werden, wie sich Spekulanten zu Lasten der deutschen Steuerzahler bereichern. Dies gilt sowohl für die Aktionäre einheimischer und fremder Banken, als auch für Griechenland und andere Staaten, die sich durch Schuldentransfer und Euro-Haftungsgemeinschaft subventionieren lassen, weil dies bequemer ist, als sich dem Wettbewerb zu stellen.

Ich hoffe, mit anderen Worten, das die Abgeordneten des Bundestages nachdenken und ihrem Gewissen folgen werden, statt die Abschaffung der Demokratie in Deutschland zu unterschreiben.