Gengenbach – Fußbach

Heute habe ich mir die Zeit genommen für einen weiteren Abschnitt auf meiner „Pilgertour“ ans Mittelmeer. Ausgangspunkt war das schöne Örtchen Gengenbach, das ich zuletzt mit dem Fahrrad angesteuert hatte, und Zielpunkt – so war der Plan – sollte das 11 Kilometer entfernte Biberach sein. Davor erst noch einen Eiscafé genossen und den zahlreichen Touristen zugeschaut, während ein Einheimischer am Nachbartisch uns an seinen Heldentaten im Schriftverkehr mit irgendeiner Behörde teilhaben lässt. Ein Griff zu meinen Kopfhörern löst dieses Problem auf elegante Art. Ich lade den Track für die geplante Wanderung, den ich mit Komoot erstellt habe, und spaziere durch das Stadttor an der Kinzig hinaus. Nach einem Kilometer verlasse ich die Stadt, muss noch ein paar Meter in der Hitze an der Bundesstraße laufen, und gelange dann an den Waldrand, den die letzten Ausläufer des südlichen Schwarzwaldes hier bilden.

Überquerung der Kinzig in Gengenbach

Immer mit Blick auf das satt grüne Tal der Kinzig komme ich am speziell für Kinder gestalteten Kleine Räuber-Hotzenplotz-Pfad vorbei und spiele kurz mit dem Gedanken, mich den Destillaten zu widmen, die in Strohbach von der bekannten Brennerei Wild am Wegesrand angepriesen werden. Allerdings scheint es mir für eine Schnapsprobe dann doch noch etwas früh am Tag, und ich setze meinen Weg fort. Die ersten 3 Kilometer besteht der Untergrund noch aus Asphalt, was ich weniger schön finde. Dann aber geht es weiter auf einem Feldweg, ohne spürbare Höhenunterschiede immer am Waldrand entlang.

An mehreren Stellen hat man Infotafeln aufgestellt, die auf seltene und besondere Tierarten verweisen, die hier mit besonderen Maßnahmen geschützt werden. Besonders beeindruckt bin ich vom „Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling“ einer Schmetterlingsart mit einem erstaunlichem Lebenszyklus. Benannt ist das Insekt nach der Futterpflanze seiner Raupen, dem Dunklen Wiesenknopf, und der räuberischen Lebensweise dieser Raupen im Bau von Wirtsameisen, die ausgetrickst und als zweite Futterquelle genutzt werden. Die ganze faszinierender Geschichte kann man auf der Wikipedia nachlesen – auf jeden Fall schärft sie den Blick auf die hochspezialisierten, bräunlichen Falter, die man hier in manchen feuchten Gräben am Wegesrand findet.

Weitere Hinweistafeln widmen sich der Gelbbauchunke sowie der Helm-Azurjungfer, einer Libellenart, die zwar in den wenige Kilometer entfernten Rheinauen Stammgast ist, hier im Kinzigtal aber eine Seltenheit. Für all diese Tiere hat die Naturschutzbehörde besondere Maßnahmen ergriffen, um die Lebensräume zu schützen bzw, widerherzustellen. So erweist sich die kleine Wanderung als überaus lehrreich.

Eigentlich wollte ich ja bis Biberach laufen, jedoch war der Gasthof Rebstock in Fußbach, wo ich einkehren wollte, an diesem Mittwoch geschlossen. Als kleines Ausweichmanöver habe ich mir zwar dann noch ein Himbeertörtchen in der Cafeteria des benachbarten Pflegeheims gegönnt, dort aber beschlossen, dass ich die Tour für heute beenden werde. Von der benachbarten Bushaltestelle bin ich dann in einem Rutsch zurück nach Offenburg gekommen und habe mir vorgenommen, dann eben die 5. Etappe von Fußbach über Biberach nach Steinach zu legen. Davor geht´s aber erst noch auf die Insel – mehr dazu in ein paar Tagen an dieser Stelle.

Gen Süden nach Gengenbach

Kürzlich beim Freiheitsfest in Offenburg hatte ich wieder so ´ne typische Michel-Idee. Ein bisschen spinnert wohl, aber irgendwie auch interessant. Zur Feier meiner Unabhängigkeit von kommerziellen Zwängen, die ich zur Jahreshälfte erreicht glaubte, habe ich mir vorgenommen, von Offenburg bis ans Mittelmeer zu „pilgern“. Religiös bin ich zwar nicht, aber in mich gehen, um mich schauen und neue Wege beschreiten, das ist schon so mein Ding. Die Regel ist einfach: Ich muss das aus eigener Kraft tun, also per Fuß oder mit dem Fahrrad. Nicht an einem Stück, sondern durchaus mit häufigen Unterbrechungen, wobei ich dann die Reise ab dem jeweils erreichten Punkt wieder aufnehme. Ein zeitliches Limit habe ich nicht, und Umwege sind erlaubt; ich darf und werde also zwischendurch auch noch an anderen  Orten meinen Schabernack treiben und von dort berichten. Doch diese Tour gen Süden hat hohe Priorität.

Bei einem Blick auf Google Maps habe ich festgestellt: Sooo weit ist es ja gar nicht bis zum Mittelmeer. Mein bevorzugtes Ziel Nizza wäre auf dem kürzesten Wege zu Fuß gerade 734 Kilometer entfernt, mit dem Fahrrad knapp 800. Diese Route würde über das Rheintal nach Basel via Bern führen – na ja. 100 Kilometer länger, dafür aber viel interessanter scheint mir eine Route, die zunächst stromaufwärts durch das Kinzigtal führt, dann über den Schwarzwald, hinunter zum Bodensee und auf dessen Schweizer Seite des Bodensees entlang bis knapp über die Grenze nach Österreich. Von dort ginge es dann weiter durch das Fürstentum Liechtenstein und wieder durch die Schweiz bis Lugano, sowie schließlich entweder über Turin oder Mailand nach Nizza ans Meer. Ja – so machen wir das!

Sieht gut aus: Von Offenburg über den Schwarzwald zum Bodensee und via Liechtenstein, Lugano und Turin nach Nizza.

Tatsächlich bin ich auch schon ´mal losgelaufen, und zwar von der Klinik, aus der ich am 3. August nach hartem Kampf um Mitternacht entlassen  wurde schnurstracks und zu Fuß nach Hause. Die 2. Etappe war einige Tage darauf ein Rundgang mit geschärften Sinnen durch meine Wahlheimat Offenburg, wo binnen 2000 Schritten etwa ein Dutzend Sehenswürdigkeiten liegen. Nähere Erläuterungen überlassen ich der Tourist-Info. Für die 3. Etappe bin ich aufs Fahrrad gewechselt und entlang der Kinzig die 11,5 Kilometer von Offenburg nach Gengenbach gestrampelt. Wahrlich keine Heldentat, dafür aber ein Städtchen als Ziel, das wohl das schönste im ganzen Kinzigtal ist.

Gegenbach mit seinen Fachwerkhäusern und Türmen ist wohl die schönste Stadt im Kinzigtal

In der ehemaligen Freien Reichsstadt stehen Fachwerkhäuser dicht an dicht. Während des Pfälzischen Erbfolgekrieges wurde Gengenbach 1689 zwar von französischen Truppen genauso abgefackelt wie so ziemlich jede andere Stadt entlang des Oberrheingrabens auch. Anschließend wurde es aber prompt wiederaufgebaut und hat sich seine Bausubstanz praktisch unversehrt erhalten. So beeindruckt die Stadt schon von weiten mit ihren drei prächtigen Türmen, und nach durchschreiten der zwei verbliebenen Stadttore mit seinen hübschen Gassen in denen mehr als 200 gepflegte Fachwerkhäuser stehen. Mittendrin steht das klassizistische Rathaus, das sich während der Weihnachtszeit in den „größten Adventskalender der Welt“ verwandelt. Auch sonst wird hier das Jahr hindurch viel gefeiert. Absoluter Höhepunkt ist dabei für mich und meine Fasnet-Freunde das Erwecken des Schalkes, wobei Tausende seiner Anhänger in weißen „Hemdenglunckern“ solange jede Menge Radau machen, bis der Schalck im Niggelturm erwacht, mit seinen Getreuen zum Rathaus zieht und dort bis zum Aschermittwoch das Zepter übernimmt.

Noch zu erwähnen wären drei Museen – eines ist der Fastnacht gewidmet und befindet sich im schönsten der drei Türme, dem Niggelturm. Das ehemalige Palais Löwenberg bietet wechselnde Ausstellungen (häufig ´was mit Fotografie) und im Kinzigtorturm kann man auf 6 Etagen lernen, wie die Gengenbacher sich über die Jahrhunderte gegen ihre Feinde verteidigt haben. Ein letzter Tipp, bevor ich von hier aus meine Pilgerreise fortsetze: Das Flösserei- und Verkehrsmuseum unmittelbar vor den Mauern der Stadt vermittelt trotz seiner geringen Größe einen starken Eindruck von der Zeit, als man im tiefsten Schwarzwald die gefällten Bäume noch durch kleine Bäche mit viel Raffinesse ins Tal brachte und – zusammengebunden zu gewaltigen Flössen – bis ins ferne Amsterdam transportierte. Hut ab vor diesen Menschen, deren Spuren man nach einem Besuch dieses Museums mit nunmehr geschärften Sinnen bis auf die Höhen über dem Kinzigtal überall erkennen wird.

Hoch über Baden-Baden: Der Battert

Gut ausgeschildert, und trotzdem falsch abgebogen: Der Rundwanderweg zum Battert und dem Alten Schloss über Baden-Baden

Na, das war ja gestern ein guter Start in die Woche. Früh ´raus hatte ich mein Arbeitspensum schon um die Mittagszeit erfüllt. Das Wetter war gut, und da gab es diese Wanderung bei Baden-Baden, die ich mir schon länger vorgenommen hatte. Also ab in den Zug, weiter mit dem Bus und nach 45 Minuten war ich bereits am Startpunkt, dem Wanderparkplatz Wolfsschlucht. Die Tour, die ich im Wanderführer Schwarzwald Mitte/Nord des Michael Müller Verlags gefunden hatte, schien mit gerade einmal sieben Kilometern Länge und 300 Höhenmetern gerade recht, um mein angeschlagenes Knie einem Test zu unterziehen. Mit dabei hatte ich zur Sicherheit und zur Erleichterung meine faltbaren und superleichten Wanderstöcke von Alpin Loacker, die mir gute Dienste geleistet haben. Trotz der präzisen Beschreibung samt liebevoll gestalteter Karte habe ich es dann trotzdem geschafft, falsch abzubiegen, und dadurch der Runde zwei Kilometer hinzuzufügen.

Blick vom Battert-Felsen. Zwischen den Steilsäulen kann man prächtig umherkraxeln.

Belohnt wurde ich mit einer spektakulären Felsenlandschaft, an der so mancher Kraxler sich abgearbeitet hat, mit tollen Weitblicken und dem geschichtsträchtigen Alten Schloss, das hier schon seit dem 12. Jahrhundert auf Baden-Baden herabblickt. Schloss Hohenbaden wird es auch genannt und hatte zu Glanzzeiten laut Wanderführer rund 100 Räume. Die Besichtigung ist kostenlos und auch der Turm mit seiner fantastischen Aussicht darf bestiegen werden. Dazu gibt es auch noch ein Schloss-Restaurant, über dessen Qualität ich allerdings nichts sagen kann, weil es nur von Mittwoch bis Sonntag geöffnet ist.

Das Alte Schloss. Hier herrschte schon ab dem 12. Jahrhundert der Markgraf von Baden, bevor man dann die Residenz Ende des 15. Jahrhunderts hinunter in die Stadt verlegte.

Bei all den schönen Aussichtspunkten habe ich dann vergessen, auf die Uhr zu schauen, und musste mich sputen, um noch vor Einbruch der Dunkelheit wieder aus dem Wald zu kommen. Erschöpft, aber hochzufrieden mit dem Ausgang des Knie-Tests bin ich dann wieder mit der Bahn nach Hause gefahren und habe mir vorgenommen, bald schon weitere Touren aus meinem Wanderführer in Angriff zu nehmen.

 

Abschluss der Welterbe-Tour

Hintergrund: Im Mai 2023 habe ich mir ein Deutschlandticket gekauft, und war damit unterwegs, um auf meiner großen Tour sämtliche einheimischen Welterbe-Stätten zu besuchen.

Inzwischen ist mehr als ein Jahr vergangen, und ich habe mein Ziel zu 98 % erreicht. Die einzige deutsche Welterbe-Stätte, die noch fehlt, ist die Weissenhofsiedlung in Stuttgart, die als Teil der „Architektur der Moderne“ seit 2016 zum UNESCO-Welterbe gehört.

Da ich aber zusätzlich noch in Schwerin war, und das dortige Residenzensemble just (am 27. Juli 2024) als UNESCO-Welterbe ausgezeichnet wurde, habe ich 52 von 53 besucht. Damit bin ich sehr zufrieden, und Stuttgart werde ich bestimmt bald nachholen.

Mein neustes Projekt ist eine spezielle Art der Pilgerreise, und in diesem Rahmen folgt gleich der nächste Beitrag mit Wissenswertem über die Weinbergschnecke.

Welterbe 02 – Kloster Maulbronn

Hintergrund: Im Mai habe ich mir ein Deutschlandticket gekauft, und bin nun unterwegs, um in diesem Sommer auf meiner großen Tour sämtliche einheimischen Welterbe-Stätten zu besuchen.

Die Distanz zwischen den beiden Welterbe-Stätten Baden-Baden und Kloster Maulbronn beträgt mit dem Auto etwa 72 Kilometer. Mit dem Deutschlandticket kommt man über Karlsruhe und Pforzheim ans Ziel und sollte dafür ca. 2 Stunden einplanen. Dabei ist mir aufgefallen, dass es keine (einfache) Möglichkeit gibt, die Entfernungen zu ermitteln, die man mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegt. Sie stehen weder direkt bei der Routenplanung mit Google Maps, noch sind sie der Reiseauskunft der Deutschen Bahn zu entnehmen.

Wer es trotzdem wissen will, muss seine Befindlichkeiten wegen Datenschutz und Privatsphäre über Bord werfen, sich bei Google ein Konto anschaffen und auf dem Handy die Standortermittlung dauerhaft aktivieren. Ab diesem Zeitpunkt kann man über die Google Maps Zeitachse nachschauen, wo man war, wie lange unterwegs, mit welchem Verkehrsmittel – und eben auch die Distanz zwischen diesen Punkten. Zwar haben auch diese Routen gelegentlich Lücken und Ausreißer, aber das ist meines Wissens das Beste, was man kriegen kann. Sogar eine monatliche Zusammenfassung der besuchten Städte und Länder bekommt man auf Wunsch per Mail geschickt, was für Datenfreaks und Statistikfans wie mich eine feine Sache ist. Aber eigentlich wollte ich Euch ja vom UNESCO Welterbe Kloster Maulbronn erzählen:

Gegründet im Jahr 1147 vom Orden der Zisterzienser-Mönche ist Maulbronn heute „die am vollständigsten erhaltene Klosteranlage des Mittelalters nördlich der Alpen“.  In zeitlicher Reihenfolge gibt es hier Elemente der oberrheinischen Spätromanik, der frühgotischen Baukunst und der Spätgotik zu bewundern. Klingt vielleicht ein bisschen arg nach Volkshochschule, aber tatsächlich meint man in dieser ziemlich großen Anlage den Hauch der Geschichte spüren. Die Glanzstücke sind der womöglich aufwendigste noch erhaltene Speisesaal des 13. Jahrhunderts, das Brunnenhaus mit schönen Steinmetzarbeiten und die vielen erhaltenen (bzw. rekonstruierten) Deckengemälde.

Lange nach der Reformation wurde Maulbronn in eine evangelische Klosterschule umgewandelt, die noch heute besteht. Der sicherlich berühmteste Schüler war Hermann Hesse, der 1891 aufgenommen wurde, jedoch schon ein Jahr später die Flucht ergriff. Der Junge hatte offensichtlich psychische Probleme, wie man hier sehr schön nachlesen kann. Später verarbeitete er seine Eindrücke mit der Erzählung „Unterm Rad„, schrieb mit „Siddhartha„, dem „Steppenwolf„, „Glasperlenspiel“ sowie „Narziß und Goldmund“ einige der bekanntesten deutschsprachigen Bücher, und bekam 1946 den Literatur-Nobelpreis. All dies und viele weitere Fakten, Mythen, Spekulationen und Anekdoten rund ums Kloster erfährt man für 12 € bei einer Führung – ein Zuschlag, der gegenüber den 9 € für den einfachen Eintritt gut angelegt ist.

Welterbe 01 – Baden-Baden

Hintergrund: Sechs Wochen bin ich jetzt schon unterwegs auf meiner großen Deutschland-Tour mit der Mission, sämtliche Welterbe-Stätten in Deutschland zu besuchen. Die Regel ist einfach: Ich reise so oft es geht mit dem Deutschlandticket und/oder dem Fahrrad und suche die kürzeste Verbindung zwischen den 51 Orten, die sich mit dem Titel „Welterbe“ schmücken dürfen (aktuelle Liste hier). Dieser „Ehrentitel“ wird von der UNESCO vergeben, einer Abteilung der Vereinten Nationen, die unter anderem für Wissenschaft und Kultur zuständig ist. Er ist an strenge Voraussetzungen geknüpft, sodass eine Art Bestenliste dessen entstanden ist, was die Menschheit bisher an Kultur hervorgebracht hat (plus mehreren einzigartigen Naturlandschaften). Viele berühmte und überlaufene Touristenattraktionen sucht man auf der Liste vergebens, dafür gibt es aber reihenweise unterschätzte Besonderheiten zu entdecken. Nun aber los – ich muss mich ´ranhalten, wenn ich die Liste in diesem Sommer schaffen will.

Start und Ziel meiner Tour ist meine Wahlheimat Offenburg, wo nicht nur Intercitys halten, sondern auch Regionalbahnen in alle Richtungen fahren. Die nächstgelegene Welterbe-Stätte ist keine 20 Kilometer entfernt: Straßburg mit seiner Alt- und Neustadt. Sehr schön, kenne ich schon, und liegt außerdem in Frankreich. So lasse ich die Nachbarn heute buchstäblich links liegen, obwohl ich mit dem Deutschlandticket auch dorthin fahren dürfte. Stattdessen geht es mit der Regionalbahn 2 in 30 Minuten zum Bahnhof, und mit einem Expressbus in weiteren 10 Minuten ins Zentrum des 38 Kilometer entfernten Baden-Baden. Die Stadt ist Teil des Welterbes „Bedeutende Kurstädte Europas“, zu denen in Deutschland noch Bad Ems und Bad Kissingen zählen, sowie 8 weitere Städte in 6 Ländern. 

Die Blütezeit dieser Städte lag zwischen 1700 und 1930. Hier – und in Baden-Baden ganz besonders – traf sich in den Sommermonaten die damalige Schickeria zum sehen und gesehen werden. Zu den Kuren, Bädern und Quellen, die schon die alten Römer nutzten, kamen Trinkhallen Promenaden und Gärten hinzu, auch ein Spielkasino und ein Theater, Villen, Hotels und Kliniken. Noch immer ist ein Spaziergang entlang der Lichtentaler Allee mit den gepflegten Anlagen und alten Bäumen Balsam für die Seele. Und wer mag kann im Museum Frieder Burda nebenan auch geistige Erbauung finden.

Eine ebenso schöne wie einfühlsame Gebrauchsanweisung für Baden-Baden gibt der Reiseautor Wolfgang Abel in Kapitel 19 seines Büchleins „Ortenau – Streifzüge zwischen Ried, Rebland und Schwarzwald„. Er rät, das Ganze mit einem Tee in Brenners Park Hotel zu starten, dem ersten Haus am Platz. Viel mehr werden die meisten sich dort auch nicht leisten können, aber die Atmosphäre ist halt doch kaum zu toppen. Andererseits: Die Törtchen im Café König sind auch nicht schlecht!

Wer gerne wandert hat ganz in der Nähe zwei Optionen, die beide mit dem Bus der Linie 214 gut erreichbar sind, und die jeweils an der Haltestelle „Wolfsschlucht“ beginnen. Route 1 führt an den Kletterfelsen des Battert vorbei zum Alten Schloss, der ehemaligen Burg Hohenbaden. Sie ist 7 Kilometer lang und dauert gut 2 Stunden. Route 2 beginnt auf der anderen Straßenseite und führt auf den Hausberg, den Merkur. Auch dieser Rundweg ist mit 2 Stunden und 6 Kilometern eher kurz, und wem selbst das noch zu viel ist, der kann zum Aufstieg auch die Merkurbahn am Stadtrand benutzen. Beide Tipps habe ich übrigens aus dem sehr empfehlenswerten Wanderführer Schwarzwald Mitte/Nord des Michael Müller Verlags.

Der perfekte Ausklang, ohne den ein Besuch in Baden-Baden nicht komplett wäre, ist das Friedrichsbad. Hier wird das Baden auf 16 Stationen im römisch-irischen Stil zwischen Marmor, Fayence-Kacheln und Jugendstil regelrecht zelebriert. Mitbringen braucht man: Nichts. Denn erstens ist das Bad textilfrei, und zweitens sind Badeschuhe, Tücher und der ganze Rest im Preis von 35 Euro enthalten. Mann und Frau genießen das strömende Wasser samt Ruhezonen und optionalen Massagen gemeinsam, geöffnet ist von 9:00 bis 22:00. Wellness und Genuss im Weltkulturerbe – das ist wirklich einen Besuch wert!

Bahn frei zur Großen Deutschland-Tour

So Freunde. Es ist soweit. Nach diversen Ärgernissen habe ich rechtzeitig zu Beginn des Monats mein Deutschlandticket erhalten. Die ersten 10 Fahrten mit Bus und Bahn nahe meiner Wahlheimat Offenburg haben allesamt geklappt, zwei Mal auch mit Fahrradmitnahme. Und die einzige Verspätung (von 13 Minuten) kam mir gerade recht, weil ich dadurch einen Zug noch erreicht habe, der sonst buchstäblich abgefahren wäre.

Und jetzt? Natürlich ärgere ich mich über den Streik der Bahn-Gewerkschaft. Nicht nur wegen Zugausfällen, sondern auch, weil ich deren Forderungen absolut überzogen und unsolidarisch finde. Wie immer wird man am Ende der Erpressung nachgeben. Und dann dürfen die Steuerzahler die Zeche übernehmen (und natürlich die Kunden, mit höheren Ticketpreisen).

Zum Glück habe ich kürzlich die Selbstbetrachtungen des Marc Aurelius gelesen. Der alte Römerkaiser hat schon vor fast 2000 Jahren erkannt, dass die ganze Aufregung ja ´eh nichts bringt, und er lehrt, dem Leben mit heiterer Gelassenheit zu begegnen. Und das heißt für mich: Bahn-Ärger hin oder her – ich werde mein Deutschlandticket ausreizen und genießen.

Natürlich kann der Michel nicht einfach so losfahren und sich überraschen lassen. Nein, er muss einen möglichst grandiosen Plan machen und seiner Liebe zum Enzyklopädischen frönen. Das Ergebnis ist der Entschluss, mit dem Deutschlandticket meine Heimat „komplett“ zu bereisen, und möglichst alles „Wichtige“ zu sehen.

Bei der Zusammenstellung habe ich mich an Leuten orientiert, die Ahnung haben. Also in meinen nicht wenigen Reiseführern und Lexika geschmökert, mein Textarchiv konsultiert und natürlich auch die Wikipedia und Google befragt. Und um dem Ganzen auch noch ein sportliches Element zu verleihen, habe ich versucht, eine Rundreise zu  entwerfen, die mit möglichst wenigen Kilometern alles abdeckt.

Für Insider: es geht hier um das „Problem des Handelsreisenden„. Start und Ziel sind gleich, alle anderen Orte werden nur einmal besucht, und die gesamte Reisestrecke soll so kurz wie möglich sein. Auf Papier bin ich mit meiner Lösung schon ziemlich weit, und eine Landkarte habe ich ebenfalls gebastelt. Hier sind allerdings in einem ersten Schritt nur die ersten 15 Top-Sehenswürdigkeiten (UNESCO-Welterbe) verzeichnet. Ich habe nämlich beschlossen, einfach mal loszufahren, statt immer nur zu planen. Den Rest ergänze ich dann von unterwegs, anhand meiner Recherchen vor Ort und gerne auch mit Euren Vorschlägen:

 

Blütenwanderweg Ebersweier

Das Timing ist wichtig für diese einfache, flache Wanderung rund um das Dorf Ebersweier. Man sollte dafür zwischen Ende März und Ende April anpeilen. In diesem Zeitraum entfalten die ersten Obstbäume zaghaft ihre Blüten, verwandeln dann – manchmal über Nacht – die Landschaft zu Tausenden in ein pointillistisches Gemälde, bis schließlich die weiße Pracht wie Schneeflocken herabrieselt und vom Wind verweht wird.
 
Bei Ebersweier im Frühling: Hier blüht Euch was!

Wer aus der Wanderung einen Event machen will, der sollte sich Mitte April am nächstgelegenen Sonntag einfinden. Dann findet nämlich der Ebersweirer Blütenwandertag statt, bei dem Freiwillige aus den örtlichen Vereinen, Winzer, Obstbauern, Schnapsbrenner und Gastronomen entlang der Strecke für abwechslungsreiche Bewirtung sorgen. Der Parkplatz im Dorf kann dann schon mal voll werden, die Wanderung selbst ist aber auch an diesem Tag (noch) nicht überlaufen.

 
Die Strecke ist identisch mit dem gut beschilderten Rundweg Ebersweier 1, der zum Beispiel auf der sehr gepfegten Webseite von Durbach zu finden ist. Dort kann man auch die zugehörige gpx-Datei herunterladen, oder – falls ihr das bevorzugt – die exakten, von mir gelaufenen Strecken inklusive der Einkehr in der Weiler Mühle bei
 
Los geht es an der Halle am Durbach, wo es fast immer reichlich Parkplätze gibt. Dann über Bach und Straße ein paar Meter bis zum „Stöcken“, dort links ein kurzes Stück dem Badischen Weinradweg folgen. Nach Querung der Landstraße kommt die erste Attraktion (für mich ist es jedenfalls eine): An der Weißkopfhütte („Wisskopf“) steht eine überdachte Schnapsbar, die rund um die Uhr geöffnet ist, und eine Selektion von Vetters Edelbränden anbietet (Mirabell war fein!).
 
Bezahlt wird ins Kässle oder per PayPal, und auf dem weiteren Weg wird man die vielen Obstbäume hier womöglich mit anderen Augen sehen. Außerhalb des Blütenwandertages gibt es keine weiteren Stände und Verpflegungsmöglichkeiten entlang der Strecke, doch dafür steht kurz vor dem Ziel jenseits des Baches und der Straße das Gasthaus Weiler Mühle mit kleinem Biergarten. Nun wird´s Zeit anzustoßen auf diese kleine, aber feine Wanderung und – leicht befügelt – vielleicht gleich die nächste der zahlreichen schönen Touren in dieser Gegend zu planen.
 

Ebersweier bei Durbach

Dort, wo sich das Durbacher Tal zur Rheinebene hin öffnet, liegt das Dorf Ebersweier. Links und rechts des Durbachs leben seine 1250 Einwohner, von denen sich mindestens 50 hauptberuflich oder nebenher der Schnapsbrennerei widmen. Das Obst dafür stammt von den ungezählten Kirsch-, Zwetschgen-, Apfel-, Birnen-, Mirabellen und wasweißichfür-Bäumen in der allernächsten Umgebung. Von der Qualität der Schnäpse konnte ich mich zuletzt am Blütenwandertag überzeugen – ein toller Event, der jährlich Mitte April an einem Sonntag stattfindet. Von dort habe ich folgende Empfehlungen mitgebracht (es wird um telefonische Voranmeldung gebeten!):

  • Vetter Edelbrände. Am Durbach 3, 77770 Durbach. Tel. 0781-6300770. 
  • Destillerie Werner. Windschlägerstr. 10, 77770 Durbach Ebersweier. Tel 0781-41933. info@destillerie-werner.de

Gastronomisch hat mir die Weiler Mühle gut gefallen (Besprechung hier); die zweite Wirtschaft des Dorfes – das Gasthaus Kreuz – kenne ich noch nicht.

Umgeben von Obstwiesen – das Dorf Ebersweier bei Durbach

Ebersweier, das zur wesentlich bekannteren Gemeinde Durbach gehört, hat mindestens drei leichte Wanderwege zu bieten. Am schönsten sind sie zur Kirschblüte, etwa Ende März bis Ende April (Tourbeschreibung hier).

Ein bisschen mehr über das Dorf bieten die Wikipedia, Facebook und die eigene Webseite. Letztere erinnert mich von der Aufmachung her ein wenig an die Ortsblättchen meiner Jugend, erfüllt aber ihren Zweck, indem sie aktuelle Informationen liefert und das Dorf zusammenhält.

Weiler Mühle – Wirtschaft ohne Schnick-Schnack

Freundliche Wirtschaft mit kleinem Biergarten, leicht zu finden am Ortsausgang Ebersweier in Richtung Durbach. Die Gerichte sind recht typisch für die Gegend, die Karte fleischlastig und übersichtlich. Angefangen vom Vesper mit Bauernbratwurst und zweierlei Wurstsalat, zu vollständigen Mahlzeiten wie dem Mühlenschnitzel mit Pommes (und natürlich Sauce dazu) geht´s weiter mit Cordon Bleue, Schweinerückensteak, Putenmedaillion etc. Vegetarier haben die Wahl zwischen Pfannkuchen, Käsespätzle und Camembert. Für Veganer wird´s also eng und beim Dessert bleibt nur die Wahl zwischen Eis und Panna cotta.
 
Aber Hey – ich war ja nicht auf der Suche nach einem Gourmet-Tempel, sondern einer ordentlichen Wirtschaft, um am Ende der famosen Ebersweirer Blütenwanderung in der Sonne sitzend den Tag ausklingen zu lassen. Und dafür war die Mühle genau richtig. Die Weine sind übrigens von der Winzergenossenschaft Durbach, und nicht vom hochgelobten Weingut Alexander Laible direkt nebenan. Den schätze ich auch, aber irgendwie passt es so besser und für Bodenständigkeit gibt´s bei mir immer einen Punkt extra.
 
„Schön, dass Du da bist“ steht auf der Serviette, und das werde ich hier voraussichtlich noch öfter lesen.
 
Noch zu erwähnen wäre, dass die Weiler Mühle wie fast alles in Durbach gut vernetzt ist. Man kann sich also verlassen auf die Öffnungszeiten und weiteren Infos unter  https://weiler-muehle.eatbu.com/?lang=de oder https://www.durbach.de/gastronomie/weiler-muehle-7226621179.