GR 221 – 07. Sa Dragonera & mehr

Erneut genieße ich das üppige Frühstück und den freundlichen Service im Hostal Catalina Vera, arbeite ein wenig am Laptop und nehme dann den 10:50-er Bus nach Sant Elm. In Andraxt, wo ich umsteigen muss, kommt der Anschluss-Bus zu spät. Ich laufe durch die Gassen, suche und finde ein Taxi. Für 13 Euro geht es dann nach Sant Elm zur Bootsablegestelle. Nur um festzustellen, dass ich dort zeitgleich mit dem Bus ankomme, der offenbar just in dem Moment mit 20 Minuten Verspätung ums Eck kam, als ich mich auf die Suche nach dem Taxi machte…

So schaue ich in Sant Elm dem 11:45-Boot hinterher und habe an diesem Morgen nicht nur 13 Euro verloren, sondern auch wertvolle Zeit für mein Tagesziel, Sa Dragonera. Ich setzte um 12:15 über und zahle für eine Strecke, die man fast schon schwimmen könnte, wiederum 13 Euro. Nein, das letzte Boot zurück um 15:00 darf ich auch nicht nehmen, denn das ist schon voll, belehrt mich der gut gelaunte Abkassierer auf dem Boot. Ich bekomme ein Ticket für 14:30. Wieder ist eine halbe Stunde weg, sodass mir gerade noch zwei Stunden bleiben…

Dafür, dass ich mir das antue und unbedingt auf Sa Dragonera will, habe ich ein halbes Dutzend Gründe:

  1. Ich war noch nicht dort.
  2. Ich mag Inseln.
  3. Ich mag Naturparks – und dies ist einer von nur dreien auf Mallorca.
  4. Ich mag Tiere und ganz besonders Vögel – und hier soll es gleich mehrere seltene Vogelarten geben.
  5. Eigentlich gehört Sa Dragonera bereits zu dem Gebirge, das ich durchwandern will. Es ist sozusagen ein im Meer gelegener Vorposten der Serra de Tramuntana.
  6. Der Blick auf Sa Dragonera vom höchsten Punkt der gestrigen Wanderung war so umwerfend, dass auch dies meinen Wunsch bekräftigt hat, dort einen halben Tag zu verbringen.

Das Schicksal in Form eines unpünktlichen Busfahrers, unflexibler Bootstourenanbieter und strenger Zugangsregeln haben dann dafür gesorgt, dass der halbe Tag auf zwei Stunden geschrumpft ist.  Also runter vom Boot, rein ins Wärter-Häuschen und gleich den ersten Ranger dort gefragt, wo ich denn die besten Chancen hätte, einige der seltenen Vogelarten zu sehen?

Nun gibt es hier genau drei Wege: Einen kurzen und flachen zum nördlichen Leuchtturm, einen etwas längeren und flachen zum südlichen Leuchtturm, und den steilen Weg zum höchsten Gipfel mit seinen 386 Metern. Ja, ihr habt richtig geraten: Die beste Stelle zur Vogelbeobachtung sei dort oben, kurz unter dem alten Leuchtturm Faro Vell auf dem Gipfel, erklärte mir der junge Mann.

Ich hab´s versucht und schaffte doch nur drei Viertel der Strecke. Dabei war der Weg nicht zu verfehlen mit wunderschönen Ausblicken und im unteren Teil noch dazu einem Meer gelber Blüten.

Blick vom Puig de Far Vell auf der Insel Sa Dragonera zur nordwestlichen Küste von Mallorca (Copyright 2017 Michael Simm)

Was die Tierwelt angeht, so wurden laut Ranger an diesem Tag Eleonorenfalken gesichtet, Korallenmöwen, Gelbschnabelsturmtaucher, Balearensturmtaucher, sowie Mittelmeermöwen und Kormorane. Gesehen habe ich davon ca. 5000 Mittelmeermöwen und zwei Kormorane – beides Arten, die es auch daheim gibt, und die in die Kategorie „nichts besonderes“ gehören.

Zum Trost gab es gefühlt eine Milliarde Baleareneidechsen am Boden. Sie wuseln hier überall auch in den Ritzen der Steinmauern, erklimmen sogar Blumen und kleine Sträucher. Vor allem aber scheinen sie Mutproben zu mögen. Alle paar Schritte gab es welche die austesten wollten, wer gerade noch so unter meinen Sohlen durchwitschen konnte, ohne zerquetscht zu werden. Keine Sorge: Ich habe keine einzige platt gemacht.

Zwar habe ich auf Sa Dragonera weniger gesehen als erhofft, dennoch würde ich diese Insel unbedingt empfehlen und werde auch selbst einen zweiten Anlauf machen, sollte ich mal wieder in die Gegend kommen.

Wieder zurück in Sant Elm futterte ich eine Pizza bei Tigy´s, der zwar ordentlich und relativ preiswert ist, aber nicht so gut, wie die 8,4 Punkte in meiner Foursquare-App mich hoffen ließen. Die nächste Enttäuschung bereitete mir dann das Wassertaxi nach Port d´Andraxt, mit dem ich um 16:00 zurück wollte. Im Gegensatz zu meinem Bus am Vormittag kam es nicht zu spät. Sondern gar nicht.

So fand ich mich 75 Minuten später im gleichen Bus wieder wie am Vortag und wäre mit Umsteigen in Andraxt eine Stunde darauf im Hostal gewesen. Unzufrieden mit der Ausbeute des heutige Tages – um nicht zu sagen trotzig – habe ich mir dann aber spontan überlegt, dass ich doch lieber nach Hause laufen wollte. Und zwar nicht entlang der Straße Ma-1, sondern über die Serra de Binjorella östlich davon, wo auf meiner Wanderkarte ein verheißungsvoller Weg eingezeichnet war.

Dumm nur, dass mein Einstieg für diesen Weg am südlich von Andraxt gelegenen Coll Andrixtol nur über die Ausfallstraße in Richtung Peguera zu erreichen war. So musste ich zunächst jenseits der Leitplanken durch den Müll stapfen, den Touris und Einheimische hier reichlich hinterlassen haben. Wie üblich gab es keine Hinweisschilder, und erst im dritten Anlauf begriff ich, dass da, wo „Coll“ steht auch eine Erhebung gemeint ist.

Falls Euch also ebenfalls der Hafer stechen sollte und ihr es mir nachtun wollt: Der Weg geht vom höchsten Punkt der Verbindungsstraße rechts ab, ist ziemlich breit mit Anfangs weißem Untergrund, und schlängelt sich dann den Hang hoch in Richtung mehrerer Sendemasten. Wenn man ganz oben vor der verschlossen Tür des Geländes steht, liegt ein schmaler Weg links weniger Meter unterhalb, der durch ein wenig Kraxelei zu erreichen ist.

Ab hier wird es richtig schön. Man sieht zunächst südlich in der Ferne das Cap Andritxol, gerät dann aber auf die andere Seite des Hügels und schaut in das Tal zwischen Andraxt und Port d´Andraxt. Verfehlen kann man den Weg jetzt eigentlich nicht mehr; im Zweifelsfall folgt man den Spuren, die einige Mountainbiker hier hinterlassen haben. Kurz vor Port d´Andraxt kommt man durch Obstgärten in Richtung Straße und an dieser entlang die letzten paar Hundert Meter ans Wasser.

Für mich war´s damit dann auch mehr als genug für heute. Die morgige Tour von Sant Elm über Sa Trappa bis zur Wanderherberge Ses Fontahelles wird lang und endet offenbar in einem Funkloch. Außerdem gibt es dort nichts zu essen. Deswegen werdet ihr wohl bestenfalls übermorgen wieder von mir hören, wenn ich von Ses Fontahelles nach Estellencs gelaufen bin und in die Zivilisation zurückkehre. 

GR 221 – 06. Port d´Andratx – Sant Elm

Der erste Tag meiner Wanderung auf dem GR 221 beginnt mit blauem Himmel, einer Idealtemperatur von 18 Grad und einem feudalen Frühstück in meiner Unterkunft, dem Hostal Catalina Vera. Da ich hier noch zwei Übernachtungen vor mir habe, kann ich einen Teil meines Gepäcks zurück lassen und laufe mit geschätzten fünf Kilogramm auf dem Buckel zum Wasser.

Freunde, die ohnehin schon über meine Planungswut lächeln, beglücke ich gleich mal mit der ersten logistischen Panne: Zwar habe ich mein Navigationsgerät Teasi One2 geladen und eingesteckt – nur leider fehlt die Landkarte für Spanien, ohne die ich mit den tollen GPS-Daten nichts anfangen kann. Ich erinnere ich mich, das Kartenmaterial daheim am PC herunter geladen zu haben. Dumm nur, dass ich es dann offenbar nicht auf mein Gerät überspielt habe…

Sei´s drum: Mit dem Teasi war ich ohnehin nie so richtig zufrieden, und an diesem Tag erweist sich mein Handy mit der App von Outdooractive als vollwertiger Ersatz. Irgendwo auf der Strecke verliere ich das Teasi dann auch noch – als ob ein grimmiger Wandergott mir sagen wollte: “Konzentriere Dich auf das Wesentliche.“

Tu ich ja auch. Laufe durch Port d´Andraxt auf die andere Seite der Bucht und suche den Einstieg in diese Fernwanderung. Laufe daran vorbei, und versuche, als ich den Fehler bemerke, quer durch den Ort den Wanderweg zu erreichen. Vergeblich. Anscheinend gibt es keine Durchgangsstraße, also geht es wieder zurück ans Wasser bis von dort die Straße Carrer de Aldea Blanca abzweigt. Meine Karte und der Wanderführer sagen übereinstimmend, dass er hier beginnt, der GR 221.

Zu meinem Ärger gibt es nicht den kleinsten Hinweis. Kein Schild, keine Markierung, geschweige denn eine große Übersichtstafel, wie man sie bei uns an jedem Waldparkplatz findet. Dafür, dass wir jetzt gleich ein Schutzgebiet betreten, das als UNESCO-Weltkulturerbe ausgezeichnet wurde, und dafür, dass die EU alleine in den Jahren 2015 – 2020 fette 61 Millionen Euro für die Entwicklung des ländlichen Raumes spendiert hat, finde ich das eine ganz schwache Leistung, meine lieben Mallorquiner!

Falls Ihr also irgendwann einmal an dieser Stelle stehen solltet: Lauft die Carrer de Aldea Blanca hinauf, folgt der zweiten Abzweigung Cami de Calat d´Egos nach links und aus dem Ort heraus, immer steil bergauf und gelegentlich die vielen Kehren des Fahrweges schneidend. Den Spuren nach zu urteilen, donnern hier auch häufiger Mountainbiker bergab – die jedoch entweder lebensmüde sind oder zu den fortgeschrittenen Anhängern dieses Sports gehören.

Oben erreichen wir ein Joch, das Coll des Vents und werden mit den ersten schönen Ausblicken belohnt. Ein recht breiter, teils bewaldeter Weg führt am Westhang des Puic d´en Ric entlang und man sieht bereits den Sendemast in der Nähe des Pas Vermell. Dort an der steilen Felswand zu stehen und auf die zackigen Bergrücken der „Dracheninsel“ Sa Dragonera  zu schauen, war für mich der Höhepunkt der heutigen Etappe.

Highlight der ersten Etappe: Die Dracheninsel Sa Dragonera, gesehen vom Pass Vernell [Copyright 2017 Michael Simm]
Ein wenig suchen musste ich an diesem Eck aber schon wie es weiter geht, und insbesondere, wo der Einstieg in den Abstieg ist. Wie bereits gesagt gibt es hier Null Wanderschilder, und die sporadisch auftretenden roten Punkte an manchen Felsen stammen nicht etwa von der hiesigen Verwaltung, sondern von den Anbietern verschiedener – oft geführter – Touren. Als zuverlässiger erwiesen sich im Rückblick die Steinmännchen am Wegesrand, auch wenn ich sie am Anfang eher für eine Spielerei, denn für Wegweiser gehalten habe.

Der Weg war gut begangen, aber nicht überlaufen. Die meisten Wanderer Deutsche und gefühlt doppelt so alt wie ich. Das dürfte auch erklären, dass mich heute keiner überholt hat, obwohl ich bei steilen Stellen ´ne ziemliche Schnecke bin.

Rund drei Stunden hat die Etappe mit ihren 400 Höhenmetern gedauert, 2:45 waren es ohne Pausen. Gemessen habe ich von der Carrer de Aldea Blanca in Port d´Andratx bis zur Bushaltestelle beim Strand von Sant Elm. Die Entfernung  habe ich sowohl mit meiner App Runtastic Pro auf dem Handy gemessen – da waren es 7,65 Kilometer – als auch mit meiner Fitnessuhr Vivoactive HR von Garmin. Die vermeldete einen ganzen Kilometer mehr, was mir falsch erscheint. Im Zweifelsfall solltet ihr vielleicht dem Müller Wanderführer Mallorca glauben, dort sind es 7,5 Kilometer.

Eigentlich ist für Wanderer ja der Weg das Ziel. Aber der Ankunftsort Sant Elm ist auch sehr reizvoll, und so war ich nicht undankbar, dass der Bus zurück erst um 17:10 ging und ich somit vier Stunden Zeit hatte. Der kleine Ort, den Erzherzog Ludwig Salvator einst als schönsten von ganz Mallorca lobte, hat sogar einen Sandstrand, was entlang der Nordseite der Insel eine wahre Rarität ist. Richtiger Badebetrieb herrschte aber noch nicht, es war Ende März und kaum einer traute sich ins Wasser.

Dafür sitzt man gut in einem der vielen Eiscafés, trinkt ein Bierchen oder freut sich an der guten Küche. Ich war sehr zufrieden mit Es Moli, wo ich ein hervorragendes dreigängiges Mittagsmenü für 15 Euro hatte – freundlichen Service inklusive. Heim gekommen bin ich dann mit dem Bus über Andraxt, wo ich umsteigen musste und die halbstündige Wartezeit noch mit einem Kaffee verkürzt habe.

Abends dann noch ein wenig arbeiten am Laptop und natürlich bloggen über den heutigen Tag. Gut, dass ich mir Zeit genommen habe für diese Tour. Bin schon gespannt auf morgen, wenn ich Sant Elm erneut besuchen werde (mit dem Bus) und von dort mit dem Boot die unbewohnte Insel Sa Dragomera besuche.

GR 221 – 05. Die Anreise

Verschiedene Billigflieger landen auf dem imposanten Flughafen von Palma de Mallorca. Ich kam mit EasyJet vom Euro-Airport in Basel-Mulhouse zum Schnäppchenpreis von € 44 für Hin- und Rückflug, den ich im Januar mit acht Wochen Vorlaufzeit gebucht hatte, natürlich online. Aber obacht: Ich reiste nur mit Handgepäck.

Sie können EIN Handgepäckstück mit einer maximalen Größe von 56 x 45 x 25cm einschließlich Griffen und Rollen mit an Bord nehmen.

Normalurlauber werden sich schwer tun, das Zeug für 14 Tage in einen Tagesrucksack zu stopfen – und die zahlen dann für jede Richtung nochmals 30 Euro zusätzlich! Im Abschnitt „Ausrüstung“ verrate ich Euch, wie ich es geschafft habe, all meinen Krempel in einen Tagesrucksack zu packen. Und im Laufe dieser Reise werde ich erfahren, ob das funktioniert…

Jedenfalls betrug die reine Flugzeit 1:50 Stunden. Für die gesamte Anreise von meiner Offenburger Haustüre inklusive Bahnfahrt nach Basel und Bus zum Flughafen sowie auf Malle ebenfalls mit dem Bus nach Port d´Andraxt und die restlichen paar Meter zum Hotel war ich 9 Stunden unterwegs. Die Bahnfahrt war übrigens nicht im Flugpreis enthalten – auch das sollte man mit einkalkulieren, wenn man einen Billigflieger nimmt. So kamen bei mir trotz Sparticket und Bahncard 25 gleich noch weitere € 40 für die Hin- und Rückfahrt Offenburg-Basel dazu. 

Verrückte Zeiten: für die 130 Kilometer zum Flughafen und den Bus zu meinem Hotel zahle ich damit ebenso viel, wie für die knapp 1300 Kilometer Luftlinie zwischen den Flughäfen Basel und Palma de Mallorca. Anders gesagt: Bahnfahren ist zehn Mal so teuer wie Fliegen!

Wie dem auch sei: Auf dieser Reise kommt es mir nicht auf die Geschwindigkeit oder die Entfernung an. Ich schalte zwei Gänge zurück und werde in den nächsten zwei Wochen hauptsächlich zu Fuß unterwegs sein. Nur ab und zu zwingen mich die Logistik und ein schmaler Geldbeutel dazu, am Ende einer Wanderetappe auf dem Trockenmauerweg fremde Hilfe zu nutzen, um zur nächsten Unterkunft zu kommen.

Da ich eine Streckenwanderung mache und keine Rundwanderungen, würde mir ein Mietwagen dafür nichts nutzen. Taxis sind zwar billiger als bei uns. Noch günstiger ist es nach meinen Recherchen aber, den Bus zu nehmen. Unterstützt wird man dabei von der Verkehrsgesellschaft Concorci Transports Mallorca (CTM), die eine prima Webseite, unterhält, wo man sowohl das Streckennetz als pdf-Datei herunterladen kann, als auch viele Vorschläge für Ausflüge mit den öffentlichen Verkehrsmittel findet – und dies sogar in deutscher Sprache!

Busfahrten auf Mallorca sind relativ preiswert,und es gibt auch noch Rabatte für Vielfahrer. Die Voraussetzung dafür ist aber eine sogenannte Intermodalkarte. Wie das genau funktioniert hatte ich bei meinen Vorrecherchen nicht wirklich verstanden, immerhin wusste ich aber, dass diese Karte in den Informationsstellen des Intermodalbahnhofs in Palma erhältlich ist. Dies ist praktischerweise jener zentrale Bahnhof, der vom Flughafen aus auf dem Weg zu meinem ersten Hotel liegt. Busse dorthin verkehren alle 16 Minuten, brauchen 20 Minuten und kosten € 5 Euro.

Bis zu diesem Bahnhof lief alles glatt und nach Plan. Dann sagte man mir, ich solle erstmal eine Nummer ziehen. Und natürlich brauchte gleich der erste der sieben Leute vor mir länger, um sein Ticket zu kaufen, als ich für einen verdammten Bus. Nun ja, nach einer knappen Stunde und sogar auf deutsch beraten habe ich dann doch noch eine Intermodalkarte gekriegt und durfte sie bei einem weiteren Schalter auch mit dem Guthaben aufgeladen. Insgesamt 33 Euro latze ich für eine T20 Netzkarte, die 20 Fahrten über jeweils 2 Tarifgebiete erlaubt.

Warum es schlau ist, solch eine Karte zu haben, erfahrt ihr hoffentlich in den weiteren Kapiteln, jetzt geht es erst einmal weiter nach Port d´Andratx. Auf dem Bahnhof liegen Züge und Busse eng beieinander, alles wirkt sauber und hervorragend organisiert. Nur leider bekommen wir keinen Expressbus mehr, sondern statt dessen eine Tour durch sämtliche Orte zwischen Palma und meinem eigentlichen Ziel. Am Ende brauchen wir fast 90 Minuten für die geschätzt 25 Kilometer Luftlinie nach Port d´Andraxt.

Mein Hotel dort für drei Übernachtungen ist das Hostal Residència Catalina Vera, empfohlen von meinem Malle-Reiseführer aus dem Müller-Verlag und gebucht über Hotels.com. Preislich liegt es am unteren Ende der Skala für diesen schönen, aber leider auch recht teuren Ort. Die Einrichtung ist geschmackvoll, im Garten wachsen Zitronenbäume, die Leute sind freundlich und alles fühlt sich gleich familiär und gemütlich an. Das Hostal liegt nur zwei Straßen von der Meerespromenade entfernt. Außerdem sind jede Menge Bars, Restaurants und auch drei Supermärkte in wenigen Minuten zu Fuß zu erreichen – was natürlich auch daran liegt, das Port d´Andraxt ziemlich überschaubar ist.

Eine freundliche ältere Dame, die hier im Aufenthaltsraum die Stellung hält, muss ins Bett, und ich somit gleich den W-LAN-Bereich verlassen. Aber das passt schon. Zwar bin ich noch keinen Meter auf dem GR 221 gewandert, aber morgen steht die erste Etappe an. Also gehen wir jetzt alle ins Bett und wenn ihr wollt, erzähle ich Euch, wie´s weitergeht.

GR 221 – 04. Die Ausrüstung

Stolz wie Bolle bin ich, weil es mir gelungen ist, die Ausrüstung für mein Wanderprojekt GR 221 in einem Tagesrucksack unterzubringen. Nur neun Kilogramm wiegt er, ein weiteres Kilogramm dürften meine Wanderschuhe und die Klamotten ausmachen, die ich am Leibe trage. Ich kann mich nicht erinnern, jemals so wenig Zeug gepackt zu haben für einen Urlaub, der inklusive Hin- und Rückreise immerhin 16 Tage dauern wird!

Die Übung in Genügsamkeit hat gleich mehrere Vorteile: Erstens spare ich Geld, denn bei meinem Billigflieger EasyJet hätte sich der Flugpreis mehr als verdoppelt, wenn ich einen richtigen Koffer oder auch nur einen größeren Rucksack gebraucht hätte. Zweitens muss ich auf der Wanderung natürlich weniger mit mir herumschleppen. Und drittens kann ich gleich mal üben, ob ich tatsächlich mit einem kleinen Rucksack auskommen würde, wenn ich mich wirklich einmal entschließen sollte, mein Geld als digitaler Nomade zu verdienen.

Zu diesem Test gehört auch, meinen Laptop mitzunehmen. Ohne den fühle ich mich sowieso nur als halber Mensch, wie manch leidgeprüfter ehemaliger Reisegefährte bescheinigen kann. Aber so kann ich bloggen und zur Not auch für meine Kunden da sein.

Jetzt aber wie versprochen die Ausrüstung, als Liste, wo möglich auch gleich verlinkt mit Amazon, wo ich einen großen Teil meiner Sachen einkaufe.

Mehr braucht es nicht für 14 Tage Wanderurlaub. Hoffentlich.

GR 221 – 03. Der Plan

Ja ja. Ich weiß schon. Pläne sind für Bürokraten. Pläne töten die Kreativität. „Nur ein Idiot hält Ordnung – ein Genie beherrscht das Chaos“, und natürlich der Klassiker

Der Mensch plant und das Schicksal lacht darüber!

Klopft Ihr nur Eure Sprüche, ich mache lieber einen Plan, als einen Haufen Zeit und Geld zu verschwenden für eine Reise, bei der ich wie Inspektor Clouseau von einem Fettnäpfchen ins nächste springe, wo ich ständig vor verschlossenen Türen stehe, das Beste verpasse oder ausgenommen werde wie eine Weihnachtsgans. Und erst Recht nicht brauche ich den Chor der Klugscheisser, der mir nach der Rückkehr triumphierend erklärt: „Das hätte ich Dir gleich sagen können“.

Nicht mit mir! Auf den vorherigen Seiten konntet Ihr bereits lesen, warum ich den GR 221 wandern will, und wie ich geplant habe. Auf einer weiteren Seite habe ich meine Ausrüstung gelistet (alles passt in einen Tagesrucksack!), und hier findet Ihr nun den Tourplan als Ergebnis meiner geistigen Klimmzüge, verlinkt zu den Berichten über jede einzelne Etappe.

Tag Strecke km HM Zeit
01 (Anreise)* 1450    9:00
02 Port d´Andratx – Sant Elm  7,7 400 2:44
03 (Parc Natural de sa Dragonera)**  11,0 420 3:20
04 Sant Elm – Sa Trapa – Ses Fontahelles  11,3 656 4:20
05 Ses Fontahelles – Estellenchs  12,0 761 5:15
06 Estellenchs – Banyalbufar  6,4 328 2:12
07 Banyalbufar – Esporles  7,3 436 2:13
08 Esporles – Valldemossa  8,9 658 3:36
09 Valldemossa -Deià  11,7 670 5:17
10 Deia – Refugi Muleta – Port de Soller  12,1 420 4:49
11 (Soller – Sa Font de Noguer)***   11,9 990 5:30
12 Sa Font de Noguer – Lluc  14,3 739 5:43
13 Luc – Pollenca  16,2 250 4:48
  Summe  119,8 6308 46:17

Anmerkung: In der Summe nicht enthalten sind -natürlich – die Anreise (*) und der Tag auf Sa Dragonera (**). Die Angaben für die ausgefallene Etappe Soller – Sa Font Noguer (***) stammen aus dem Mallorca-Wanderführer von Dietrich Höllhuber, wobei die Wegzeit auf 5 Stunden aufgerundet wurde. Alle sonstigen Entfernungen und Zeiten wurden gemessen mit der App Runtastic Pro. Aufzeichnungen mit meiner Smartwatch Vivoactive HR ergaben ungefähr 10 % längere Entfernungen, wurden hier aber nicht berücksichtigt.

GR 221 – 02. Die Planung

Eigentlich bin ich voll der Info-Hamster: Je mehr ich weiß, umso besser fühle ich mich. Diesmal aber scheint alles anders. Vor meiner Durchquerung des Tramuntana-Gebirges auf dem Fernwanderweg GR 221 habe ich mich sogar besonders gut informiert: Mit Google einmal quer durch´s Internet, wie immer bei Wikipedia nachgeschaut, eine Fernsehsendung gesehen, aktuelle Reiseführer gewälzt, Wanderführer und das neueste Kartenmaterial geprüft.

Nur leider fand ich oftmals widersprüchliche Angaben zum Trockenmauerweg. Und die lösen sich auch nicht auf, wenn man die vielen Berichte und Kommentare von Wanderern liest, die den Weg vor mir gegangen sind. Das beginnt schon mit der Länge des Weges:

Die offizielle Seite spricht von 83,7 Kilometern, die zur Hauptroute gehören, wobei die erste Etappe Port d’Andratx – Coma d’en Vidal und der dritte Abschnitt Esporles – Can Boi ohne nähere Erläuterung noch mit einem Warnschild versehen sind. „Die restlichen 72,5 Kilometer gehören zu Varianten“, heißt es. Die Angabe von 150 Kilometern aus der Fernsehinfo zu „Wanderlust“ bezieht sich demnach auf das gesamte Wegenetz und ist ziemlich irreführend.

Bei einer der zuverlässigsten und umfangreichsten Webseiten auf diesem Bereich, Outdooractive, ist die „eigentliche“ Route 115 Kilometer lang und in 44 Stunden zu bewältigen. Für die Hardcore-Wanderer von Alpenquerung.info sind es 140 Kilometer, und die schaffen das in 8 Etappen. Je mehr ich plane, umso größer wird die Verwirrung. Also mache ich das, was ich schon immer tue: Ich gehe meinen eigenen Weg, in meinem Tempo, und ich lasse mich überraschen, was es dabei alles zu entdecken gibt.

Als Eckdaten hatte ich meinen Hin- und Rückflug von Baseler Euro-Airport nach Palma de Mallorca, gebucht bei EasyJet zum Schnäppchenpreis von 50 Euro – allerdings nur mit Handgepäck. Wenn man den Hin- und Rückreisetag nicht rechnet ergibt das einen Zeitrahmen von 14 Tagen – lange genug, um sich zwischendurch auch ´mal bei einer kürzeren Etappe zu erholen oder eine Pause einzulegen, falls nötig.

Da war ich wohl zu langsam: Die Wanderherberge (Refugi) Tossals Verds war bereits sechs Wochen vor meiner Abreise ausgebucht, was mich zwingt, über einen Plan B nachzudenken. (Foto: Wikipedia CC BY-SA 3.0)

Weiter ging es mit den Unterkünften, die ich ca. 6 Wochen vor der Abreise gebucht habe. Wichtig, weil früh ausgebucht, sind die Wanderherbergen (Refugi), zu denen man sich von der offiziellen Seite durchklicken kann (Tatsächlich habe ich eine nicht mehr gekriegt: die mitten in den Bergen gelegene Tossals Verds, was mich dann zum Umplanen gezwungen hat). 

Sehr wertvoll für die Planung waren für mich zwei Bücher aus dem Michael Müller-Verlag, der sich auf Reiseführer spezialisiert hat und den ich wegen seiner detaillierten Informationen sehr schätze. In „Mallorca: Reiseführer mit vielen praktischen Tipps“ erfährt man allerhand über die Orte am Ausgang und Ende der Etappen, inklusive Hinweisen auf besondere Hotels und Restaurants. Und in „Mallorca MM-Wandern: Wanderführer mit GPS-kartierten Wanderungen“ finden sich detaillierte Beschreibungen zu 39 Wanderungen auf der ganzen Insel,von denen jedoch ein guter Teil Etappen und Abschnitte entlang des GR 221 beschreibt. Beide Bücher sind von 2016 und waren somit auch die aktuellsten im überaus großen Angebot der Malle-Reiseliteratur.

Obwohl ich eine großer Fan von GPS-Geräten bin würde ich mich bei einer „ernsthaften“ Wanderung in unbekanntem Gelände nicht alleine auf diese Spielzeuge verlassen wollen. Es genügt ein Defekt oder ein leerer Akku, und schon steckt man in Schwierigkeiten. Meine Ehre als Mann lässt es nicht zu, jemanden nach dem Weg zu fragen. Außerdem ist sowieso keiner da, wenn man einen braucht 😉

Nein, lieber sichere ich mich mit klassischen Karten ab. Die besten, die ich finden konnte, sind erst kurz vor meiner Wanderung in einer neuen Ausgabe erschienen: „Mallorca – Wanderkarte 1:35.000 (Kartenset mit Nord + Süd-Blatt): Alle Wege in der Serra Tramuntana“ heißt das wasser- und reißfeste Werk, das zumindest am heimischen Küchentisch einen sehr guten Eindruck macht. Es gibt zwar höher auflösende Karten im Maßstab 1:25000, aber meine wirken durchdachter und übersichtlicher zugleich, ohne dass ich Details vermissen würde.

Wie das dann im Gelände aussieht wird man sehen. Jedenfalls kennt ihr nun im Wesentlichen mein Planungsmaterial. Erwähnen sollte ich aber noch, dass ich mir vorgenommen habe, die kompletten 16 Tage nur zu Fuß und mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs zu sein.  Wie die -auch auf deutsch verfügbaren – Busfahrpläne für die Insel zeigen, ist das Netz sehr gut ausgebaut. Das ermöglicht es, auch einmal ein paar Tage im gleichen Hotel zu bleiben, wenn man von dort zum Startpunkt einer Etappe und vom Ziel wieder zurück pendelt.

Mit diesen Rahmenbedingungen setzte ich mich schließlich an den Computer, breitete die Karten und Bücher neben mir aus, und buchte systematisch alles durch. Drei Tage netto hat das gedauert, und den Plan, der dabei herausgekommen ist, präsentiere ich im folgenden Abschnitt. Dann folgt noch eine Seite zu meiner Ausrüstung, und schließlich der ausführliche Reisebericht für die gesamten 14 Tage inklusive meiner 12 Etappen, den Unterkünften und sonstigen interessanten Beobachtungen (-> Übersicht).

GR 221 – 01. Die Idee

Schon klar: Die Idee, im Frühjahr nach Malle zu fliegen ist nicht sonderlich originell, dort zu wandern auch nicht. Ist mir aber egal, ich mache das jetzt trotzdem zu meinem Projekt: In den nächsten 14 Tagen will ich den Fernwanderweg GR 221 -auch bekannt als Trockenmauerweg- alleine und komplett durchwandern.

Die Betonung liegt auf „komplett“, denn was auf den ersten Blick nach einer überschaubaren Aufgabe ausschaut, erweist sich bei näherem Hinsehen als logistische und sportliche Herausforderung. Der Weg durch die im Norden der Insel gelegene Bergregion Serra de Tramuntana ist nämlich noch nicht fertig. Manche Abschnitte sind angeblich gesperrt, nicht beschildert oder nur zu bestimmten Zeiten / Wochentagen zugänglich. Die Unterkünfte sind teils dünn gesät, die Preise oft gesalzen. Auf manchen Abschnitten gibt es nur spartanisch eingerichtete Berghütten (Refugi) – und die sind dann auch noch schnell ausgebucht.

So sieht´s aus: Übersichtskarte zum Trockenmauerweg „Ruta de Pedra en Sec“, der im Norden Mallorcas von Port d´Andraxt bis nach Pollenca verläuft (Foto von Sarang, bearbeitet von Oltau via Wikipedia)

Dabei hatte alles so einfach ausgesehen: Inspiriert von einer Folge der Fernsehserie „Wanderlust“ wollte ich es dem britischen „Profi-Traveller“ Bradley Mayhew gleich tun, der frohen Mutes und scheinbar ohne Probleme die Serra de Tramutana durchquert hatte. Angeblich hat er sechs Etappen gebraucht für die 150 Kilometer. Angeblich.

Bei Wikipedia sind es aber neun Etappen, die offizielle Seite listet fünf offene Abschnitte plus sechs Varianten und nach meiner eigenen Planung werde ich elf Tage netto unterwegs sein, wobei ich an einem dieser Tage mangels Unterkunft wohl zwei Etappen bewältigen muss. Doch dazu später mehr.

Freunde, die schon mit mir unterwegs waren, bescheinigen mir, ein guter Planer & Reiseführer zu sein. Und da ich gerne schreibe und viele Freunde habe, wollte ich möglichst zeitnah auf Michels Universum darüber berichten. Gewünschter Nebeneffekt: Mehr Motivation, um dieses Projekt auch durchzuziehen, denn wer will schon als Looser nach drei Tagen abbrechen? Und dann gibt es ja noch den Plan, das Ganze als eBook zu veröffentlichen, wenn ich die Tour tatsächlich durchstehe…

Deshalb habe ich auch noch schnell aufgeschrieben, wie ich das ganze geplant habe, welche Tagesetappen dabei heraus gekommen sind, und mit welcher Ausrüstung ich unterwegs bin.

Morgen, am 27. März geht´s dann endlich los. Und wenn der Michel und seine Akkus durchhalten findet ihr hier bis zum 8. April jeden Tag einen neuen Bericht – Handyempfang bzw. W-LAN vorausgesetzt.

Lesefutter für Vogelfreunde

Unter vielen der Beste: Der neue Kosmos Vogelführer ist das einzige Buch, das Sie brauchen, um sämtliche bei uns vorkommenden Piepmätze zu bestimmen und außerdem alle Arten, die beim Urlaub in Europa, Nordafrika und Vorderasien an Ihnen vorbeifliegen, -wackeln oder -schwimmen könnten. 758 Arten auf 400 Seiten, mit mehreren Tausend Zeichnungen plus Verbreitungskarten ist dieser Schmöker die „Bibel aller Birder“, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung zu Recht urteilte.

Wo fliegen sie denn? Wer sich nicht damit begnügen mag, Vögel am winterlichen Futterhäuschen, am Ententeich im Park oder hinter Draht im Zoo zu beobachten, wird begeistert sein von der Kosmos Naturführer-Reihe „Vögel beobachten in…“. Ich habe mich von Christoph Moning und Christian Wagner mit „Vögel beobachten in Süddeutschland“ dazu verführen lassen, einige der „besten Beobachtungsgebiete zwischen Mosel und Watzmann“ aufzusuchen. In übersichtlichen Karten sind nicht nur Anfahrtswege und Parkmöglichkeiten dargestellt, sondern auch Rundgänge und Wanderungen mit exakten Markierung für jene Stellen, an denen es beispielsweise Eisvögel oder Neuntöter, Blaukelchen oder Beutelmeisen zu sehen gibt. Wer das Pech hat, nicht in Süddeutschland zu wohnen, braucht nicht traurig zu sein: Das Konzept war offensichtlich so erfolgreich, dass in kurzer Folge auch Bücher für den Rest von Deutschland vorgelegt wurden, nämlich „Vögel beobachten in Nordeutschland: Die besten Beobachtungsgebiete zwischen Sylt und Niederrhein“ und  „Vögel beobachten in Ostdeutschland: Die besten Beobachtungsgebiete zwischen Rügen und Thüringer Wald

Geadelt für seine Naturfilme: Sir David Attenborough (Foto: www.wildscreen.org, (c) 2003)
Geadelt für seine Naturfilme: Sir David Attenborough (Foto: www.wildscreen.org, (c) 2003)

Eigentlich wollte ich hier ja nur über den Glatzköpfigen Bülbül erzählen. Aber nachdem Sie mir nun schon so weit gefolgt sind, schreibe ich einfach weiter und lobe noch einen Menschen über den grünen Klee, der die für mich eindrucksvollste Doku-Serie über die Vogelwelt produziert hat: Was für die Deutschen Bernhard Grzimek ist der geadelte Tierfilmer Sir David Attenborough für Großbritannien und darüber hinaus.

Mit seinen unnachahmlichen, gleichermaßen liebenswerten wie lehrreichen Moderationen zu Filmaufnahmen auf höchstem technischen Niveau hat der mittlerweile 82-jährige sich eine riesige Fangemeinde erobert. Die schlechte Nachricht ist, dass Attenboroughs Werke in Deutschland (und auf deutsch) nur zum Teil erhältlich sind und dann oft nur zu überhöhten Preisen. So kostet das deutsche DVD-Set zur BBC-Reihe „Das geheime Leben der Vögel“ stolze 116 Euro. Nicht viel besser sieht es mit den Büchern zur Serie aus. „Das geheime Leben der Vögel“ wird wohl nicht mehr gedruckt und muss ebenso wie das englische Original „The Life of Birds“ z.B. bei Amazon indirekt über Zweitanbieter erworben werden.

Mein Tipp lautet daher 1. Abwarten und die TV-Zeitschrift studieren, bis einer unserer Staatssender sich bequemt, neben den Unmengen von Gebühren-finanziertem Müll auch Attenboroughs Vogel-Serie zu wiederholen. Dann mitschneiden und aufheben für einen schönen, lehrreichen und unterhaltsamen Familienabend. Und der zweite Tipp: Da es noch jede Menge andere Bücher und Filme (als DVDs) von David Attenborough gibt, suchen Sie sich diejenigen aus, die zu fairen Preisen angeboten werden. Meine Favoriten sind die DVD-Box „Verborgene Welten – Das geheime Leben der Insekten“ und das Buch „Das geheime Leben der Pflanzen„. Der dritte Tipp lautet: Lernen Sie englisch und genießen Sie Attenborough im Original. Oder umgekehrt: Genießen Sie Attenborough im Original und lernen Sie dabei englisch. Am besten und – im Vergleich zu den obigen Angeboten – auch noch äußerst preiswert geht das mit: „David Attenborough: The Life Collection„. Die von der BBC veröffentlichte Sammlung von Meilensteinen des Naturfilms umfasst auf 24 DVDs acht von neun „Life“-Serien Attenboroughs, nämlich Life on Earth (1979), The Living Planet (1984), The Trials of Life (1990), Life in the Freezer (1993), The Private Life of Plants (1995), The Life of Birds (1998), The Life of Mammals (2002) und Life in the Undergrowth (2005). Es fehlt lediglich die jüngste Produktion „Live In Cold Blood“ über Amphibien und Reptilien und die ist – sorry Sir David – zwar ebenfalls gut, aber für mich längst nicht so toll wie die Vögel-, Pflanzen- und Insektenserie.

Costa Rica für Vogelfreunde

Schon ein Vierteljahr ist es her, jetzt bin ich endlich soweit, dass ich hier einen ersten Bericht über Costa Rica präsentieren kann, das Traumziel im Herzen Mittelamerikas für alle Vogelfreunde im Speziellen und für Naturliebhaber im Allgemeinen. Lasst mich mit den Vögeln beginnen, denn das Birding ist eines meiner vielen Hobbys und regelmäßige Besucher meiner Seiten wissen ja, dass 2012 mein „Big Year“ werden soll, in dem ich einen persönlichen Rekord aufstellen und möglichst viele verschiedene Arten beobachten will.

Es ist jetzt Mitte April und ich bin aktuell bei 162 Arten, von denen ich annähernd die Hälfte auf einer 25-tägigen Reise in Costa Rica gesehen habe. Die komplette Liste habe ich – illustriert mit den Bildern anderer Leute – bei der Encyclopedia of Life eingestellt, wo man zu jeder Art auch (auf englisch) ein ausführliches Datenblatt nachlesen kann. Mit mehr als 820 Vogelarten bietet Costa Rica eine größere Vielfalt als ganz Europa – und das auf einer Fläche, die kaum größer ist als die Slowakei! Vom Kolibri bis zum Geier gibt es in Costa Rica Dutzende spektakulärer Arten, denen fast jeder begegnet.

Wer besonders seltene Arten wie den „Göttervogel“ Quetzal oder den wunderschönen Hellroten Ara sehen mag, muss gezielt bestimmte Regionen des Landes aufsuchen, sich einem der zahlreicher Führer anvertrauen und dazu auch eine gehörige Portion Glück haben. Zur Vorbereitung empfehle ich deshalb den m.E. besten deutschsprachigen Reiseführer „Costa Rica: Handbuch für individuelles entdecken„, auch wenn einige Angaben darin bereits veraltet sind. Wer ein paar Sätze spanisch spricht ist klar im Vorteil. Fast noch wichtiger aber ist englisch, denn in dieser Sprache finden – von wenigen Ausnahmen abgesehen – auch die vielen Touren statt, die von Hotels in Nationalparks und privaten Schutzgebieten angeboten werden.

Die Auswahl an Vogel-Büchern ist vergleichsweise groß und das zur Bestimmung wohl am besten geeignete Werk „The Birds of Costa Rica: A Field Guide„, gibt es auch im deutschen Amazon-Laden zu bestellen. Ich bin mit diesem Buch gut zurecht gekommen, lediglich zwei Arten, die ich klar gesehen hatte, konnte ich damit nicht identifizieren. Eine wesentlich größere Auswahl bietet die US-amerikanische Amazon-Seite, wegen der Lieferzeiten sollte man seine Bestellung aber rechtzeitig aufgeben und muss evt. mit hohen Versandkosten rechnen. Natürlich kann man auch in Costa Rica nach diesen Büchern suchen, allerdings habe ich in der Hauptstadt San José nur bei 7th Street Books (an der Ecke von Calle 7 und Avenida Central -1) eine gute Auswahl gefunden. Und wer sich darauf verlässt, gute Bestimmungsbücher in den Besucherzentren der größeren Nationalparks zu kaufen, an dem sind womöglich vorher schon jede Menge Vögel vorbei geflogen.

Es gibt verdammt viel zu sehen und zu erleben in Costa Rica und zu den Highlights unserer Tour werde ich hier (hoffentlich noch vor der nächsten Reise) noch mehr schreiben, zunächst aber beschränke ich mich auf die besten Tipps für Vogelfreunde, aufgelistet in der Reihenfolge unserer Besuche:

Nur etwa 40 Kilometer von der Hauptstadt San José entfernt liegt der Vulkan Poas und nur wenige Kilometer vor Eingang des Nationalparks betreiben die beiden Südafrikaner Mark & Oliver die Poas Lodge. Die beiden sind nicht nur superfreundlich, hilfsbereit und auskunftsfreudig. Sie bieten auch mehrere geschmackvoll eingerichtete Zimmer mit tollem Blick auf San José und das Valle Central, es gibt hervorragendes Essen und jede Menge Kolibris, die man dort mit Futterstellen anlockt. Eine Übernachtung lohnt sich also auf jeden Fall, auch wenn es Mitte Januar dort auf fast 3000 Meter Höhe schon mal etwas frischer werden kann.

Heiß, aber verhältnismäßig trocken war es dagegen am Golf von Nicoya. Dort liegt, umgeben von Mangrovensümpfen und inmitten einer großen Farm, die von Einheimischen betriebene Ensenada Lodge, komplett mit Restaurant, Pool und urigen Hütten mit Meeresblick. Schon beim Morgenspaziergang wurden wir dort von Papageien und einem guten Dutzend weiterer Arten umschwirrt. Es gibt Pelikane, Ibisse, Holzstörche, einen ganzen Steg voller Seeschwalben und ein sehr beeindruckendes „Sortiment“ von Reiher-Arten, die man sich bei einer Bootstour aus der Nähe anschauen kann:
Viel gelernt und gesehen haben wir auch bei einer Führung durch den Mangrovenwald der Lagarta Lodge, die auf einer Anhöhe bei Nosara (Nicoya-Halbinsel) liegt und von der aus man einen tollen Blick auf den Pazifik genießt: Die ersten Brüllaffen, Fregattvögel und Pelikane, im Wald dann balzende Langschwanzpipras und Manakins sowie die überraschende Erkenntnis – vermittelt von unserer deutschen Führerin Gabriele, dass man (manche) Termiten nicht nur essen kann, sondern dass sie sogar fein-würzig nach Pfeffer schmecken. Laut einer Liste von Max Roth, die sich auf der Webseite der Lodge befindet, sind hier schon 270 verschiedene Vogelarten beobachtet worden!

Das beeindruckendste Vogelparadies Costa Ricas aber ist für mich der Palo Verde Nationalpark: Auf seinen 17000 Hektar findet sich die größte Konzentration von Wasservögeln in ganz Zentralamerika, einschließlich Tausender Zugvögel aus Nordamerika, die hier zwischen September und März überwintern. Die Übernachtungsmöglichkeiten sind sehr begrenzt: Wir hatten die Wahl zwischen der Rangerstation mit ihren sechs Schlafräumen á sechs Betten, und der Forschungsstation der Organisation for Tropical Studies (OTS), für die wir uns entschieden. Dort herrscht die Atmosphäre einer Jugendherberge, komplett mit großer Kantine und Stockbetten, und in der Buchung sind sowohl drei Mahlzeiten enthalten, als auch eine mehrstündige Führung – in unserem Fall durch Guide Raphael, mit dem wir gleich an vier verschiedenen Stellen im Park unterwegs waren. Nasenbären (Coatis) und Kappuzineraffen waren inklusive, ebenso Leguane und eine fette Tarantel direkt vor der Hütte.

Sieht bös aus, tut aber nichts: Ein Iguana im Palo Verde Nationalpark

Wer den Komfort eines Wellness-Hotels sucht, ist hier Fehl am Platz und besonders Abends sollte man sich im Überflutungsgebiet des Rio Tempisque gegen Mosquitos wappnen. Auch eine Bootstour haben wir uns gegönnt, die aber trotz Krokodilen, Affen und natürlich jeder Menge Wasservögel den Preis von fast 90 Dollar nicht wert war. Vom Flußdelta ging es dann wieder bergauf in den Nebelwald:

Auf 1400 bis 1700 Meter Höhe liegt das private Naturreservat Monteverde. Es gilt als eine der größten Sehenswürdigkeiten des Landes und wurde deshalb insbesondere von US-amerikanischen Besuchern regelrecht überrant. Dieser Rummel hat jedoch zum Glück etwas nachgelassen, vielleicht auch weil es inzwischen zahlreiche neue Parks gibt, die weniger schwer zu erreichen sind. Keine der drei Zufahrtstraßen ist nämlich asphaltiert, sodass man mit bis zu zwei Stunden Holperpiste rechnen muss. Wir nutzten als Ausgangspunkt die sehr angenehme Arco Iris Lodge, günstig gelegen im Ort Santa Elena, deutschsprachig und mit sachkundigem Personal, wo man mir auch mit Ricardo Guindon einen hervorragenden Führer vermittelte. Der kassierte von jedem in unserer achtköpfigen Gruppe 20 Dollar, und dazu kam auch noch der Eintritt in das Reservat selbst, der im Januar 2012 bei 18 Dollar lag. Einerseits habe ich mich über die generell sehr hohen Eintrittspreise für die Naturparks Costa Ricas ziemlich geärgert, andererseits leistet man damit auch eine Art Solidarbeitrag zur Erhaltung der Natur. Und wer weiß, wie lange es Monteverde mit seinen 2500 Pflanzen- und mehr als 400 Vogelarten noch gibt?

Viele befürchten, das Reservat könnte schon bald der globalen Erwärmung zum Opfer fallen. Laut Ricardo haben die Niederschläge in den vergangenen Jahrzehnten ständig nachgelassen und die Vegetation beginnt sich zu verändern. Das Überleben vieler Tiere – auch des Quetzals – hängt jedoch von bestimmten Nahrungspflanzen ab und sie haben keine Möglichkeit auszuweichen, da Monteverde von Weideland eingeschlossen ist und es keinen Korridor zu vergleichbaren Lebensräumen in Mittelamerika mehr gibt.

Seinen Preis hat Ricardo nicht nur mit solchen Hintergrundinformationen gerechtfertigt, sondern auch mit seinen Vogelkenntnissen und einem hervorragenden Spektiv, durch das wir abwechselnd hindurchschauen durften. Ohne diese Zutaten hätten wir im dichten Nebelwald wohl nur einen winzigen Bruchteil der dort umherschwirrenden Arten bestimmen können. Als ich nämlich nach der Tour mit meinem Ticket (das für den ganzen Tag gültig war) zurück in den Park ging und ca. fünf Kilometer entlang zweier Rundwege lief, konnte ich keine einzige Vogelart identifizieren!

Weiter südlich, wieder an der Pazifikküste, hatten wir ein weiteres lohnendes Ziel für Birder ausgemacht: Die Cerro Lodge, die in unmittelbarer Nähe des Nationalparks Carara liegt und die 40 Dollar teure Vogeltouren anbietet. Dieses Geld allerdings haben wir uns gespart, denn die Lodge war ausgebucht und wir haben die in dieser Gegend recht häufigen Hellroten Aras auch ohne fremde Hilfe gefunden: Unüberhörbar krächzten sie vor unserem Zimmer im recht günstigen Hotel Carara, das noch dazu unmittelbar am Strand gelegen war.

Am Weg lag auch der Nationalpark Manuel Antonio, von dem ich allerdings abraten möchte: Er ist einfach zu überlaufen und scheint mehr lärmende Familien und Strandgänger anzuziehen, als Naturfreunde. Ansonsten fiel der Park auch dadurch unangenehm auf, dass viele Affen und andere Tiere einen verdächtig zahmen Eindruck machten, was sich offenbar dadurch erklärt, dass sie hier trotz Verbotes von allzu vielen Idioten gefüttert werden. Natürlich gibt es auch in dieser Ecke des Landes unglaublich viel zu sehen, doch werde ich davon in einem anderen Artikel berichten und statt dessen die Vogelschau beenden mit einem Hinweis auf die zwei weitere tolle Lodges, die wir auf unserer Reise besucht haben:

Bosque de Tolomuco lautet der erste gar nicht so geheime Tipp, ein freundliches Gasthaus auf 1600 Metern Höhe, mit Pool und vielen Wanderwegen. Auf dem 40 Hektar großen Areal sind bereits mehr als 200 Vogelarten gesichtet worden und wer aus dem Süden kommend auf seiner Reise durch Costa Rica die spektakuläre Fahrt über den 3300 Meter hohen „Todespass“ Cerro de la Muerte absolviert, sollte dort unbedingt einen Stopp einplanen. Die eigene Webseite – bis vor kurzem noch erreichbar unter „http://bosquedeltolomuco.com“ hat offenbar dichtgemacht, doch die euphorischen Besprechungen beim TripAdviser sprechen für sich. Rolf und Lise Zersch waren auch für uns perfekte Gastgeber und das einzige Manko haben wir uns selbst zuzuschreiben: Es blieb – wieder einmal – zu wenig Zeit für meine gefiederten Freunde.

Wer uns bis hierher gefolgt ist, und noch immer keinen Quetzal gesehen hat, bekommt noch eine weitere gute Chance jenseits des Passes am Mirador de Quetzales / Finca Edie Serrano. Uns ist er entgangen, der „Göttervogel“, doch dafür hat der YouTube-Benutzer lionelrr das folgende Video zusammengeschnitten. Die Flötenmusik müsst Ihr ertragen, den Ton abdrehen oder – mein Vorschlag – nach Costa Rica reisen und den Quetzal mit eigenen Augen sehen. Live und ohne Wimmerhölzchen…

Spatzen singen gegen den Stadtlärm

Entgegen anders lautenden Gerüchten ist der Michel (noch) kein hauptberuflicher Vogelkundler (Ornithologe), sondern er verdient sein Geld als Journalist für Medizin & Wissenschaft. Da flattert ihm so manche Pressemitteilungen in die Mailbox, darunter auch eine der George Mason Universität in der US-Hauptstadt Washington, die er interessant genug fand, um sie allen Freunden des Federviehs zu präsentieren:

Ein amerikanischer Spatz (Zonotrichia leucophrys) Foto: Wolfgang Wander, CC-Lizenz 3.0

David Luther und seine Kollegin Elisabeth Derryberry haben Tonaufnahmen der Gesänge von Spatzen in einem Stadtpark von San Francisco (dem Presidio) ausgewertet, die bis ins Jahr 1969 zurück reichen, und die zeigen, wie sich die Piepmätze an den immer lauteren Lärm in der Stadt angepasst haben. Jedoch sangen die Spatzen der Art Zonotrichia leucophrys (zu deutsch: Dachsammer) in der Nähe viel befahrener Kreuzungen nicht einfach nur lauter, vielmehr haben sie ihre Melodien der Tonlage der Umgebungsgeräusche angepasst.

Der Lärm der Menschen liege meist im unteren Frequenzbereich, sodass zumindest die tieferen Töne der alten Spatzenlieder von den Vögel nicht mehr erkannt würden, erklärt Luther. Auf den frühen Aufnahmen waren noch drei verschiedene Melodien zu hören, nach dreißig Jahren aber nur noch zwei, und der Trend geht dahin, dass bald nur noch eine Melodie gesungen wird – und zwar diejenige mit den höchsten Frequenzen. „Dieser eine San-Francisco-Dialekt hat praktisch die ganze Stadt erobert“, so Luther.

In ihren Experimenten hatten die Wissenschaftler die Territorien von 20 Spatzen besucht und den Tieren dort mithilfe eines iPods die alten Aufnahmen im Zufallsmodus vorgespielt. „Die Vögel reagierten viel stärker auf den aktuellen Dialekt, als auf die historischen Melodien“, stellte Luther fest. Der Gesang wird als Bedrohung durch einen Rivalen verstanden und die Männchen fliegen dann zum Lautsprecher um dort ihre Melodie zu tschilpen mit einer Botschaft, die jeder echte Konkurrent im Revier verstehen kann: „Hau ab!“

Quelle: Luther DA, Derryberry EP. Birdsongs keep pace with city life: changes in song over time in an urban songbird affects communication. Animal Behaviour, Vol. 83, No. 4. (April 2012), S. 1059-1066