Tendenziöse Stromgeschichte

Strom, Energiewende, Atomkraft – Fast alle reden darüber, doch die Kenntnisse über die Zusammenhänge sind oftmals eher dünn. In der Dokumentation „Die Macht der Stromkonzerne“ von Florian Opitz, die zuletzt im Februar 2016 ausgestrahlt wurde, sah ich eine Chance, meine Wissenslücken zu stopfen. Mein Anspruch war hoch. Immerhin hat Opitz mit diesem Film zum zweiten Mal den Grimme-Preis gewonnen, der als eine der angesehensten Auszeichnungen für Fernsehfilme gilt (warum eigentlich?).

Stromleitungen transportieren Energie über weite Entfernungen (Foto: Michael Simm, 2012)
Stromleitungen transportieren Energie über weite Entfernungen (Foto: Michael Simm, 2012)

Beworben wird der Film damit, dass man die Strukturen beleuchten will, aufgrund derer „die Stromerzeuger jahrzehntelang ein profitables Geschäft betrieben haben“. Sie wurden dadurch „zu einer der mächtigsten Branchen Deutschlands …, die die Energiepolitik stets nach ihren Interessen beeinflusst hat.“

Heraus kam eine Dokumentation, die zwar durchaus lehrreich ist, bei der aber die Berichterstattung wie so oft beim Staatsfunk durch tendenziöse Darstellung überschattet wird. Dies beginnt mit der Wortwahl, setzt sich fort im Schnitt und wird untermalt mit musikalischer Stimmungsmache. Kapitalisten streben nach Monopolen, die Branche fungiert als Helfer der Waffenindustrie im 2. Weltkrieg und selbst die noch lange davor von Energiekonzern RWE eingefädelte Beteiligung der Städte an der E-Werken ist nichts weiter als ein durchsichtiger Bestechungsversuch.

Das kann man auch anders sehen: „Aufgrund der Bedeutung als Grundversorgung und wegen der besonderen Marktbedingungen (eingeschränkter Wettbewerb aufgrund der Netzgebundenheit) unterliegen Energieversorgungungsunternehmen einer besonderen öffentlichen Kontrolle und sie müssen besondere gesetzliche Auflagen erfüllen. Vielfach sind Energieversorgungs-unternehmen ganz oder teilweise im Besitz der Öffentlichen Hand und als Stadtwerke oder andere kommunale Werke organisiert.“ So steht es in der Wikipedia, und das ist ein recht gutes Argument für das gegenwärtige Arrangement.

Durchaus wertvoll sind die Interviews mit einem halben Dutzend Beteiligter sowohl auf Seiten der Stromversorger, als auch der Politik.  Dabei kann man natürlich den Abgang des ehemaligen Wirtschaftsministers Werner Müller aus der Politik in die Stromwirtschaft hervorheben. Dann sollte man indes auch bei Jürgen Trittin dessen kommunistische Vergangenheit nicht verschweigen, die seinen Kampf für staatliche Kontrolle sicher in einem weniger günstigen Licht erscheinen ließe. Ebenso wird den Zuschauern ein gewisser Dr. Peter Becker zunächst als „Energie-Experte“ vorgestellt. Immer wieder wird er zwischengeschnitten und gibt seine Wertung der Ereignisse ab. Später verrät er sich in einem Nebensatz als Anwalt für eine Anzahl ostdeutscher Gemeinden, die nach der Wende gegen die Übernahme „ihrer“ Energienetze durch westdeutsche Konzerne geklagt haben. Damit ist er für mich als unabhängiger Experte disqualifiziert. Im Gegensatz zu Beckers Pendant vom Atomforum wird Becker aber nicht gefragt, ob er denn ein Lobbyist sei.

Zwischen den Zeilen scheint die „Dokumentation“ nach mehr staatlicher Kontrolle zu rufen, nach Enteignung gar: Nun wird zwar die Übernahme der Energieversorger in der DDR durch westdeutsche Firmen als zwielichtiger Deal dargestellt. Wie gut und wettbewerbsfähig oder gar umweltfreundlich die DDR-Strukturen waren, wird aber nicht diskutiert. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, dass deren Braunkohlekombinate und die Stromversorgung in Staatshand ein Erfolgsmodell waren.

Und noch ein Verweis auf die Geschichte scheint mir fraglich: Da wird behauptet, die Deutschen hätten 1998 im europaweiten Vergleich die höchsten Strompreise bezahlt. Das erscheint mir unglaubhaft, ich konnte es aber nicht überprüfen. Was ich aber nachschlagen konnte ist eine aktuelle EU-Statistik. Dort zahlten 2015 die deutschen Stromkunden mit 29,5 Cent pro Kilowattstunde Strom nach den Dänen den höchsten Preis. Wenn aber der Umbau des Stromnetzes hin zu kleineren Anbietern solche eine tolle Idee ist, warum sehe ich dann keine Rendite in Form sinkender Strompreise? Die „Energiewende“ nahm spätestens im Jahr 2000 unter der damaligen rot-grünen Bundesregierung volle Fahrt auf. Was ist bitte seitdem besser geworden?

Fazit: Licht und Schatten liegen in diesem Beitrag nahe beieinander. Es gibt wichtige historische Einblicke und Autor Florian Opitz hat aus den Archiven zahlkreiche eindrucksvolle Aufnahmen und Statements zutage gefördert. Dennoch kann ich Opitz den Vorwurf des Tendenzjournalismus nicht ersparen, denn die Stoßrichtung ist von Anfang an klar: Das Stromkartell betreibt ein profitables Geschäft, die Politiker lassen sich immer wieder einwickeln und am Ende ist der Verbraucher der Dumme. Wer mitdenkt und im Geiste einige kritische Fragen stellt, muss jedoch erkennen, dass die Sache so einfach nicht ist. Der Film hat zu wenig Tiefe und zu viel Tendenz und er bringt leider kein einziges Beispiel dafür, wie es besser laufen könnte. Für einen Sender mit Milliardenbudget ist das ein Armutszeugnis.

Die AfD und der Islam

Als Mitglied der Alternative für Deutschland habe ich mich sehr gefreut über die gestrige E-Mail unseres Sprechers Bernd Lucke, in der er zehn Thesen über das Verhältnis unserer Partei zum Islam aufstellt. Sie wurde nicht als offizielle Pressemitteilung versandt, verdient es aber, publik gemacht zu werden. Ich unterstütze diese Thesen voll und ganz und werde meinen Teil dazu beitragen, dass der Dialog kritisch, aber konstruktiv geführt wird.

Thesen:

1. Deutschland ist ein tolerantes und weltoffenes Land. Jede große Weltreligion und eine Vielzahl von kleinen Religionen und Kulten werden in Deutschland praktiziert. Demgegenüber gibt es andere Staaten in der Welt, in denen keine Religionsfreiheit herrscht. In manchen islamischen oder kommunistischen Staaten werden religiöse Minderheiten unterdrückt und ihre Anhänger verfolgt. Oft sind auch Christen gewaltsamer Verfolgung ausgesetzt. Es ist Teil unserer Verpflichtung auf die Grundrechte, uns gegen derartige Übergriffe einzusetzen. Es ist ebenfalls Teil unserer Verpflichtung auf die Grundrechte, in Deutschland ansässige Glaubensgemeinschaften vor unberechtigten Vorwürfen einer geistigen Mittäterschaft zu schützen.

Hagia Sofia klein
Die Hagia Sofia in Istanbul. Erbaut von 532 – 537 war sie ein Jahrtausend lang die größte Kirche der Welt, wurde später genutzt als Moschee, und ist heute Museum und Weltkulturerbe.

2. Wenn der Satz „Der Islam gehört zu Deutschland“ nur die faktische Existenz des Islam in Deutschland feststellen sollte, ist er überflüssig, weil der Sachverhalt offenkundig ist. Wenn er die Toleranz und Weltoffenheit Deutschlands betonen sollte, ist unverständlich, warum er die vielen anderen in Deutschland praktizierten Religionen nicht erwähnt. Wenn er aber als eine implizite Bejahung des Islams in Deutschland gemeint ist, ist er falsch und töricht,  weil er sich pauschal und undifferenziert zu einem komplexen Phänomen äußert, das viele unterschiedliche Strömungen und Aspekte umfasst. Was zu Deutschland gehört, muss präzise benannt werden und sollte von Deutschland her gedacht werden.

3. Zu Deutschland gehören die Freiheit des Glaubens, die Freiheit des religiösen Bekenntnisses und das Recht der ungestörten Religionsausübung. Insbesondere hat jeder Moslem das Recht, seinen Glauben friedlich zu praktizieren, seine Kinder in diesem Glauben zu erziehen und sich in Moscheen mit anderen Moslems zu versammeln. Diese Rechte finden Beschränkungen nur dann, wenn sie andere Grundrechte berühren. Zur Freiheit des Glaubens gehört aber auch, sich unbedroht vom Glauben oder bestimmten Glaubensvorstellungen abwenden zu dürfen.

4. Zu Deutschland gehört die Gleichberechtigung der Frau. Islamische Glaubenslehren, die die Freiheit und Gleichberechtigung von Frauen einschränken, verstoßen gegen Grundwerte unserer Gesellschaft. Mädchen und Frauen, die unter diesen Glaubenslehren leiden, bedürfen unseres Schutzes und Beistands. Gleichwohl ist es das Recht jeder muslimischen Frau, diese Glaubenslehren und auch aus den Glaubenslehren abgeleitete Kleidungsvorschriften zu akzeptieren, solange dies in freier, ungezwungener Entscheidung geschieht. Dass Traditionen, familiäres und soziales Umfeld derartige Entscheidungen prägen, ist zu akzeptieren. Umgekehrt ist von muslimischen Mitbürgern zu akzeptieren, dass in deutschen Bildungseinrichtungen und der deutschen Gesellschaft andere Lebenseinstellungen für Frauen vertreten und vorgelebt werden.

5. Zu Deutschland gehört der moderne Rechtsstaat. Dieser Rechtsstaat ist unvereinbar mit den aus dem Koran abgeleiteten Rechtsvorstellungen der Scharia. In Deutschland wird nicht nach der Scharia Recht gesprochen und auch eine informelle Streitschlichtung, in der beide Seiten die Anwendung der Scharia wünschen, darf sich nicht an der Scharia orientieren, wenn dadurch Dritte in ihren Rechten beeinträchtigt werden.

6. Über die Zulässigkeit von Beschneidung, Schächtung und anderen umstrittenen religiösen Praktiken muss letztlich der Rechtsstaat in einer Abwägung zwischen Religionsfreiheit und anderen wichtigen Rechten entscheiden. Diese Entscheidung muss von allen Beteiligten akzeptiert werden.

7. In Deutschland geht alle Staatsgewalt vom Volk aus und deshalb  gehört zu Deutschland die Demokratie. Theokratische Staatsvorstellungen sind damit unvereinbar. In Deutschland findet die freie Ausübung des Glaubens seine Grenzen da, wo dieser gegen den Rechtsstaat, die Demokratie oder die Grundrechte gewendet werden soll.

8. Zu Deutschland gehört die Meinungsfreiheit. Muslimische Staatsbürger haben genau wie jeder andere das Recht, sich kritisch zu gesellschaftlichen Gegebenheiten zu äußern, auch wenn dem andere Wertvorstellungen zugrunde liegen. Es steht ihnen auch frei, sich auf demokratischem Wege für die Erreichung ihrer Ziele einzusetzen.

9. Zu Deutschland gehören Gastfreundschaft und Toleranz. Dies gilt auch gegenüber Andersgläubigen. Religiöse Gefühle sollen geachtet werden und Provokationen unterbleiben. Um in Angelegenheiten von geringer Bedeutung Konflikte zu vermeiden, ist Großzügigkeit und Verständnis für die Situation des Anderen angezeigt. Dies gilt für alle Beteiligten und selbstverständlich auch für die Bevölkerungsmajorität.

10. Deutschland ist ein säkularer Staat mit einer tief verwurzelten christlichen Prägung. Von den heute unter uns lebenden Moslems sind viele trotz ihres anderen Glaubens glücklich darüber, dass sie in diesem säkularen Staat leben und keiner religiösen Bevormundung ausgesetzt sind. Viele unter uns lebende Moslems akzeptieren die Trennung von Staat und Religion trotz anderslautender Vorstellungen mancher islamischer Theologen. Diese Akzeptanz ist die Basis für ein gedeihliches Zusammenleben.

Bernd Lucke

Mit seiner Mail will Lucke, der schlaue Fuchs, offenbar nicht nur einen Konsens in der Partei herbeiführen, der die AfD für alle sichtbar von Extremisten abgrenzt. Ich sehe darin auch eine kluge und angemessene Reaktion auf einzelne Parteimitglieder, die in der aktuellen Programmdiskussion z.B. eine Festlegung auf ein traditionell-christliches Weltbild fordern und die damit zum Teil eine Pauschal-Kritik am Islam verbinden. Die 17000 Mitglieder der AfD werden deshalb aufgefordert, Zustimmung und/oder Kritik an Luckes Thesen per E-Mail zu signalisieren, sodass unser „Chef“ ein erstes Meinungsbild bekommt. Ich bin fest davon überzeugt, dass die zweite Fraktion in der Minderheit ist und plädiere deshalb dafür, Luckes Thesen ins Parteiprogramm zu übernehmen. Die AfD kommt aus der Mitte der Gesellschaft und dort soll sie auch bleiben. Ich will lösungsorientiert arbeiten und vertraue darauf, dass im Wettstreit der Ideen die besten gewinnen – unabhängig von der Religion oder Weltanschauung einzelner Parteimitglieder. Islamophobe und andere Extremisten, welche die AfD als Plattform zur Verbreitung ihrer Ideologien missbrauchen wollen, sollten in dieser Partei auch weiterhin keinen Platz haben.

Nachtrag: Obige Hoffung hat sich leider nicht erfüllt. Unmittelbar nach der Abwahl Bernd Luckes im Juli 2015 bin ich daher aus der AfD ausgetreten.

Höchste Zeit für den Mindestlohn

Gäbe es in Deutschland Volksabstimmungen nach Schweizer Vorbild, so hätten wir ihn längst – den Mindestlohn. 83 Prozent der Befragten waren zuletzt dafür und fänden 8,50 Euro / Stunde angemessen, ergab eine Umfrage des ZDF-Politbarometers. Im Juni waren es bei einer Umfrage des DGB 86 Prozent gewesen, und schon im November 2011 fand der FOCUS dafür 84 Prozent Zustimmung.

Einstellung zum Mindestlohn in Deutschland nach Parteipräferenz
Mehr Statistiken finden Sie bei Statista

Bemerkenswert ist dabei auch, dass die Zustimmung quer durch alle Parteien geht – selbst die CDU-Anhänger ware in der FOCUS-Umfrage mit 74 Prozent für den Mindestlohn. Dass dennoch nichts passiert ist, kann ich mir nur durch den Einfluss von Lobbyisten erklären, beauftragt von Menschen, die von Billiglöhnen profitieren und die in Frau Merkel eine willige Komplizin fanden, um den Willen des Volkes zu sabotieren. Wieder einmal. So wie auch bei der „Euro-Rettung“ oder der „Energiewende“ wird Politik betrieben auf Kosten der Mehrheit und zugunsten einer kleinen Clique von Profiteuren.

Zurück zum Mindestlohn: Es ist eine Frage des Anstandes, ob Menschen von ihrer Arbeit ordentlich leben können. Es ist ein Armutszeugnis, wenn dies für 1,3 Millionen Menschen in Deutschland nicht möglich ist, ohne dass sie dafür staatliche Zuschüsse in Anspruch nehmen müssen. Ausbeutung wird hier durch unser aller Steuern subventioniert. Teilweise raten Firmen ihren Angestellten ganz offen, beim Jobcenter Hartz IV zu beantragen, um die Lücken zu stoppen. Benachteiligt werden die Ehrlichen, die anständige Löhne zahlen.

Wer befürchtet, dass seine Pizza teurer würde, wenn endlich ein gesetzlicher Mindestlohn in Deutschland eingeführt würde, der übersieht natürlich, dass er ohne die Staatssubventionen für die Ausbeuter mehr Geld in der Tasche hätte. Geld, dass ich jedenfalls dem Pizzaboten gönnen würde. Ich frage mich, wie viel Geld es kostet, die sogenannten Aufstocker zu verwalten, deren Anträge zu bearbeiten und die Lebensumstände zu prüfen. Wie entwürdigend muss es sich anfühlen, wenn man putzen geht und sich dann noch auf dem Amt dafür rechtfertigen soll, dass es nicht zum Leben reicht?

Ich denke, wer in Deutschland 30 oder gar 40 Stunden pro Woche arbeitet, muss dafür genug Lohn bekommen, um sich eine Wohnung leisten zu können. Genug auch für ordentliches Essen und Kleidung, das Monatsticket für die Bahn, den gelegentlichen Kneipenbesuch (Stichwort: „soziale Teilhabe“)  und auch für einen Urlaub. Arbeit muss sich lohnen und sollte deshalb deutlich besser bezahlt werden als Arbeitslosigkeit. Schon um ein Zeichen zu setzen, müsste deshalb ein angemessener Mindestlohn eher bei 10 Euro liegen, als bei bei den 8,50, die sich derzeit in den Koalitionsgesprächen abzeichnen.

Gut möglich, dass einige Dienstleistungen sich dann deutlich verteuern werden. Doch abgesehen davon, dass diese Gelder an anderer Stelle wieder eingespart würden: Den Mindestlohn sehe ich auch als einen „Solidarbeitrag“ für eine gerechtere Gesellschaft. Ich würde ihn bereitwillig zahlen und wäre dann ein mindestens so guter Mensch wie jene, die zur Rettung der Welt nur fair gehandelten Kaffee trinken und die nur Eier von frei laufenden Hühnern kaufen.

Über Schubladendenker

Ein böses Virus geht um in Deutschland. Besonders gerne befällt es Politiker und Menschen, die die Welt verbessern wollen. Ich nenne es das Schubladendenkervirus (SDV), denn das ist das wichtigste Krankheitszeichen: Die Infizierten verlieren ihre Fähigkeit, klar zu denken. Auf der Suche nach Lösungen für die Probleme dieser Welt fragen sie nicht einfach danach, wer die besten Ideen hat. Sie prüfen nicht, was gesagt wird, und sie verlangen keine Beweise für erstaunliche Behauptungen. Die SDV-Infizierten interessieren sich nicht dafür, was einer sagt, sonder wer es sagt.

33-cabinet@2xZwar gibt es eine ganze Reihe von psychiatrischen Erkrankungen, die ähnliche Symptome zeigen: Bei einer fortgeschrittenen Manie etwa fühlen die Patienten sich oft im Alleinbesitz der Wahrheit. Und beim Verfolgungswahn wird manch einer ohne den geringsten Anlaß als verdächtig und gefährlich eingestuft. SDV-Infizierte lassen sich dennoch recht einfach von anderen Störungen des Denkvermögens unterscheiden: Charakteristisch ist dabei ihr Bestreben, andere Menschen in Schubladen zu stecken.

Von diesen Schubladen gibt es genau zwei Stück: Sie tragen die Aufschrift „Wir“ und „Die Anderen“. Für die Kranken ist dies nicht einmal schmerzhaft. Im Gegenteil vereinfacht es die Dinge zumindest kurzfristig, denn man spart Zeit, die man sonst mit Nachdenken und Zweifen verbringen müsste. So aber fühlt man sich gut in dem Wahn: „Wir haben Recht, und zwar immer.“ Die Anderen sind bestenfalls zu dumm, um die Wahrheit zu erkennen. Leider bleibt es oft nicht bei der Geringschätzung. Schließlich denken „Die Anderen“ genau umgekehrt. Der Streit eskaliert, und Experten vermuten, dass ein Großteil aller gewalttägigen Auseinandersetzungen auf das SDV zurück geht.

Zwei der wichtigsten Risikofaktoren für eine SDV-Infektion sind die Mitgliedschaft in einer Altpartei und der Besitz eines Parteibuches. Auch Umweltfaktoren spielen eine Rolle, haben Forscher entdeckt: So wird das Schubladendenken durch Fraktionszwang verstärkt, und durch einen vorderen Listenplatz bei Wahlen belohnt. Ein Blick in den Bundestag zeigt, dass eine SDV-Infektion verheerende Folgen haben kann: Nicht selten geht das kritische Denkvermögen dabei völlig verloren. Andere menschliche Tugenden wie Gerechtigkeitsempfinden, Schuldgefühle, Mitleid oder Gewissen bleiben oft auf Dauer unterdrückt.

Leider sind auch neue Parteien nicht vor dem Virus geschützt. So wurde ich bald nach meinem Eintritt in die Alternative für Deutschland (AfD) von einer Freundin angegriffen, die lange Zeit für die Grünen Politik gemacht hat, und die allen Ernstes behauptete, wir seien Rechtsradikale. Dass ich niemals einer ausländerfeindlichen Partei beitreten würde, hat sie mir zwar geglaubt, das Wahlprogramm der AfD kannte sie aber nicht.

Den polititschen Gegner in die (vorzugsweise rechte) Ecke zu stellen, statt Argumente auszutauschen, ist leider gegenüber der AfD zur Regel geworden – was mir beweist, wie sehr Deutschland bereits vom SDV durchseucht ist. Ein typisches Beispiel ist Norbert Hense, seines Zeichens Direktkandidat der Piraten für den Wahlkreis Offenburg. Der hat sich nach meinem Austritt bei den Piraten nicht entblödet, mich einen Rechtspopulisten zu nennen, ohne mich überhaupt zu kennen. Mehr als linientreu befolgte Hense damit eine „Unvereinbarkeitserklärung„, die die Piraten am 13.5. beschlossen hatten. Der Vorsitzende der Piratenpartei Bernd Schlömer nannte die AfD einfallslos, kleinkariert und wenig zukunftsweisend. Außerdem würde die AfD die Bürger verunsichern, statt eine Perspektive aufzuzeigen. Einem Piraten möchte ich nicht unterstellen, er sei zu blöd zum googeln. Schlömer kennt also das Wahlprogramm der AfD. Es ist übrigens in der Forderung nach direkter Demokratie identisch mit dem der Piraten. Doch statt wenigstens in diesem Punkt sachdienlich zusammen zu arbeiten, baut man lieber Feindbilder. Ganz besonders tun sich damit die Berliner Piraten und die dortige Linke hervor. Als z.B. das Nachbarschaftszentrum Rudi eine Podiumsdiskussion mit Direktkandidaten dieser beiden Parteien, plus Grüne und SPD und AfD organiseren wollte, verweigerten sie die Teilnahme, bis die AfD wieder ausgeladen wurde (Wer´s nicht glaubt kann die „Argumente“ hier auf Twitter nachlesen). Wie war das noch mal mit der Toleranz und der Meinungsfreiheit, die Ihr angeblich verteidigt? Wahrscheinlich können sie aber nichts dafür. Sicher nur ein paar weitere SDV-Infizierte.

Nachtrag: Ich bin bereits 2016 aus der AfD ausgetreten, nachdem bernd Lucke als Vorsitzender abgewählt wurde. Das alte Lied: Zu viele Fanatiker, zu wenige Konstruktive. War vielleicht auch ein bisschen naiv zu denken, dass diese Partei vom SDV verschont bleiben würde…

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Karlsruhe hat gesprochen…

… und ich fühle mich verraten von diesen Richtern, die offenbar nicht den Mut haben, das Volk – aber auch die Abgeordneten – vor der Entmündigung und Fremdbestimmung durch die selbsternannten „Euro-Retter“ zu schützen. Die Verfassungsbeschwerde gegen die unzureichende Beteiligung des Deutschen Bundestages vor den Hilfszusagen für Griechenland & Co. wurde zurückgewiesen – und das obwohl die Richter die Grenzen der deutschen Hilfen folgendermaßen definieren:

Es ist insoweit auch dem Bundestag als Gesetzgeber verwehrt, dauerhafte völkervertragsrechtliche Mechanismen zu etablieren, die auf eine Haftungsübernahme für Willensentscheidungen anderer Staaten hinauslaufen, vor allem wenn sie mit schwer kalkulierbaren Folgewirkungen verbunden sind. (mehr dazu hier)

Genau dies aber geschieht, wenn der „Europäische Stabilitätsmechanismus“ Gesetz wird. Wer immer noch nicht verstanden hat, dass damit „Haftungsübernahmen“ und „schwer kalkulierbare Folgewirkungen“ verbunden sind, sollte sich dieses Video anschauen:

Es erklärt auf leicht verständliche Art, was im ESM-Vertrag ´drin steht, wie dieser Vertrag den Bundestag und ganz Deutschland entmachtet und uns auf Dauer und unwiderruflich zu Zahldeppen macht, die für die Schulden anderer Länder länger arbeiten und mehr Steuern zahlen müssen (meine Übersetzung).

Die letzten Umfragen zeigen, dass 90 Prozent der Deutschen gegen die Ausweitung des Rettungsschirmes sind – aber noch immer finden sich im Bundestag kaum zwei Dutzend Abgeordnete unter 622, die sich dem Willen des Volkes verpflichtet sehen.

Ich hoffe immer noch, dass die Mehrheit unserer Abgeordneten hinreichend klug und verantwortungsbewusst sein wird, um in den entscheidenden Abstimmungen die Schuldenmacherei auf unsere Kosten zu beenden. Ich hoffe, dass sie nicht länger zusehen werden, wie sich Spekulanten zu Lasten der deutschen Steuerzahler bereichern. Dies gilt sowohl für die Aktionäre einheimischer und fremder Banken, als auch für Griechenland und andere Staaten, die sich durch Schuldentransfer und Euro-Haftungsgemeinschaft subventionieren lassen, weil dies bequemer ist, als sich dem Wettbewerb zu stellen.

Ich hoffe, mit anderen Worten, das die Abgeordneten des Bundestages nachdenken und ihrem Gewissen folgen werden, statt die Abschaffung der Demokratie in Deutschland zu unterschreiben.

Wem nutzt der Euro?

„Alle Experten sind sich einig, dass Deutschland am meisten vom Euro profitiert“, erklärte kürzlich eine Freundin im Brustton der Überzeugung. Die Dame ist sozial engagiert und stolz auf ihr politisches Engagement und sie ist – natürlich – eine gute Europäerin. Aber in der Sache liegt sie falsch. Und weil die „Deutschland-profitiert-vom-Euro-am-meisten-Mär“ noch immer von so vielen Menschen geglaubt wird, und weil diese Leichtgläubgkeit mich erschreckt und den Nährboden bereitet für die Fortsetzung einer von Grund auf falschen Politik habe ich hier einige Fakten zusammen getragen.

These 1: Der Euro bringt uns Wohlstand

Volkes Stimme zum Euro, hier auf einem Faschingsumzug in Ichenheim

Wohlstand messe ich daran, wie viel ich mir leisten kann. Das hängt ab von Einkommen, Steuern und der Kaufkraft, also dem Gegenwert den ich für eine Stunde Arbeit bekomme. Tatsache ist, dass die Löhne der Arbeitnehmer in Deutschland in den zehn Jahren seit Einführung des Euro nicht etwa gewachsen sind, sondern geschrumpft. Dies ist das Ergebnis einer Auswertung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, veröffentlicht vor wenigen Tagen, und von der Financial Times folgendermaßen zusammen gefasst: „Im Durchschnitt aller Beschäftigten gingen die Nettogehälter preisbereinigt um 2,5 Prozent zurück.“ Besonders betroffen sind die untersten Lohngruppen mit Einkommensverlusten zwischen 10 und 22 Prozent, aber selbst die Beschäftigten in der höchsten Einkommensgruppe hatten am Ende nur knapp ein Prozent mehr zu verbuchen. „Die Wirtschaft“ sei seit der Jahrtausendwende ordentlich gewachsen, zitiert die Zeitung den DIW-Experten Markus Grabka. Doch bei den meisten Erwerbstätigen sei davon nichts angekommen.

These 2: Die Wirtschaft profitiert vom Euro

Die Wirtschaft ist also gewachsen? Schön für „Die Wirtschaft“. Aber wer ist überhaupt „Die Wirtschaft“? Zum Glück haben sich 50 Profiteure des Euros gerade in ganzseitigen Zeitungsanzeigen geoutet. Unter der Überschrift „Der Euro ist notwendig“ haben die Vorstandsvorsitzenden deutscher Großkonzerne wie Siemens und BASF, Daimler und BMW allen Ernstes behauptet, es gebe keine Alternative zur Gemeinschaftswährung. Gemeinsam hätten sie mit ihren fünf Millionen Angestellten einen Umsatz von 1,5 Billionen Euro (=1500 Milliarden) erwirtschaftet. Leider haben die Firmenbosse ihren Arbeitern aber von den Profiten nichts abgegeben (s.o.)

Schlimmer noch ist, dass die Waren, die so ins Ausland fließen, am Ende vom deutschen Steuerzahler subventioniert werden. Und so funktioniert dieses Schneeballsystem: Die Herren Papadopoulos, Soares und O´Reilly bestellen sich mit einem Kredit der Deutschen Bank einen BMW, einen Mercedes und einen Audi. Die Bank bezahlt den Autohersteller und verdient kräftig an ihren Mittlerdiensten, denn Papadopoulos, Soares und O´Reilly zahlen Zinsen, die sie sich ebenfalls irgendwo geliehen haben, von Leuten, die sich das Geld geleihen haben, von Leuten, die sich das Geld geliehen haben…

Das geht solange gut, bis am Ende der Kette jemand misstrauisch wird und Geld sehen will. Nun platzt die Blase, jedoch müssen nicht etwa die Deutsche Bank und die anderen Kreditgeber für ihren Leichtsinn gerade stehen, sondern wir alle bezahlen nun für die geplatzten Kredite. Mit höheren Steuern, geringeren Renten, höheren Zinsen und Inflation. Und weil wir gerade dabei sind, ersetzen wir auch gleich noch die Verluste der BNP Paribas, während die Gewinne aus den verkauften (verschenkten?) Renaults, Peugeots und Citroens natürlich bei den französischen Autobauern hängen bleiben. Das ist in der Tat ein gutes Geschäft für „Die Wirtschaft“.

These 3: Der Euro beflügelt den Handel innerhalb der Gemeinschaft

Fakt ist: Der Anteil unserer Exporte in andere Euro-Länder ist binnen zehn Jahren um ein Achtel (12,5 %) gesunken. Die Ausfuhren in Nicht-Euro-Länder betragen heute 59 Prozent, vor Einführung der Weichwährung waren es 51 Prozent.

Was bei den Löhnen der Gehaltszettel ist für die Wirtschaftsleistung das Bruttoinlandsprodukt. Besonders erhellend sind – hier wie dort – Vergleiche mit den Nachbarn. Während in den 17 Staaten des Euroraumes von 1999 bis 2010 das Bruttoinlandsprodukt um durchschnittlich 1,7 Prozent pro Jahr gewachsen ist, waren es in Deutschland nur 1,2 Prozent pro Jahr. Lediglich Italien wuchs noch langsamer. Abgehängt wurden wir z.B. von Irland (3,9 %), Griechenland (2,7%), Spanien (2,6 %), den Niederlanden (1,9 %) und Frankreich (1,5 %), wie diese Grafik in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung belegt. Aus der Grafik lässt sich auch ablesen, warum die anderen Euro-Länder diesen Verein so toll finden: Ihr Wachstum hat sich gegenüber dem Zeitraum 1990 bis 1998 verdoppelt. Unser Wachstum hat sich halbiert. Kräftige 2,4 Prozent pro Jahr waren es in Deutschland vor der Einführung des Euro, schlappe 1,2 Prozent nach Einführung des Euro.

Immer wieder lohnend ist auch ein Blick auf die Schweiz und Norwegen, Großbritannien und Dänemark. Sie alle haben ihre nationalen Währungen behalten, obwohl auch dort die Eurofreunde stets den wirtschaftlichen Niedergang prophezeit hatten, sollte man sich nicht an der Gemeinschaftswährung beteiligen. Bei einem weiteren Blick auf die Grafik erkennt man aber unter dem Strich, dass diese Länder (mit Ausnahme Dänemarks) einen regelrechten Höhenflug hingelegt haben: 2,5 Prozent Wachstum pro Jahr im Schnitt für Schweden sind mehr als doppelt so viel wie in Deutschland und auch mit ihren jeweils 1,8 Prozent übertreffen uns Briten und Schweizer bei weitem.

These 3: Ich muss kein Geld mehr tauschen

Das stimmt. Nutzt aber nichts, wenn man mit seinem Geld weniger kaufen kann. Vorbei sind die Zeiten, als man mit einer starken D-Mark in der Tasche Jahr für Jahr billiger nach Griechenland oder Portugal, Italien, Spanien oder Frankreich in den Urlaub reiste. Wer es nicht selbst erlebt hat, möge seine Eltern fragen. Und wer den Gegentest machen will, fährt in die Schweiz oder nach Norwegen. Dass der Urlaub teurer wird ist schlimm genug, doch auch daheim treffen uns die Kosten einer weichen Währung in Form verminderter Kaufkraft für alle Produkte von außerhalb der Eurozone. Dazu gehören neben Kleidung und Elektronik aus Asien das Benzin für unsere Autos, Gas und Öl für unsere Heizungen. Der nächste lange Winter kommt bestimmt, aber die Erinnerung, wie es vor der Einführung des Euro war, wird mich wohl kaum erwärmen.

Weitere Informationen:

Rating-Agenturen – das Zünglein an der Waage?

Nach Griechenland und Portugal wurde gestern nun auch Irland von der Rating-Agentur Moody´s auf „Ramsch-Niveau“ abgestuft. Von Baa3 auf Ba1. Weil niemand weiß, was das bedeuten soll, haben die Kollegen aus der Wirtschaftsredaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung das Rating freundlicherweise übersetzt: Irland wird seine Schulden voraussichtlich nicht aus eigener Kraft bezahlen können. Zur Erinnerung: Das Land hat gerade erst im vergangenen November 67,5 Milliarden aus dem Euro-Rettungstopf erhalten. Für diese Summe haften alle, die im Euroraum Steuern zahlen. Ebenso wie für die Gesamtsumme von 750 Milliarden Euro für den so genannten Rettungsschirm, der zu einem Fünftel von Deutschland finanziert wird. Macht 9375 Euro pro Kopf. „Allerhöchstens“, versprechen Merkel und Schäuble. Was aber passiert, wenn die 750 Milliarden nicht ausreichen? Was geschieht, wenn andere Euro-Länder ihren Anteil nicht zahlen können? Wer kontrolliert eigentlich, ob unsere Schuldner ihre Versprechen einhalten? Wer prüft ob, Griechen oder Deutsche, Portugiesen oder Franzosen, Iren oder Italiener sparen und ihre Haushalte sanieren, oder ob sie weiterhin über ihre Verhältnisse leben?

Ob ein Unternehmen oder ein ganzes Land seine Schulden zurückzahlen wird – auf diese Frage haben sich die Rating-Agenturen spezialisiert. Ihre Meinung zählt viel bei Banken, Versicherungen und anderen Investoren, und so haben sie großen Einfluß darauf, wohin das Geld auf diesem Planeten fließt.

Erhält ein Land von den Rating-Agenturen die Top-Bewertung (Aaa), so signalisiert dies den Anlegern ein geringes Risiko, auf seinen Schulden sitzen zu bleiben. Steht vorne dran ein B wird´s kritisch. Und ab „Ba“ abwärts heißt es „Finger weg“ – es sei denn man ist bereit, zu spekulieren, ein hohes Risiko einzugehen, und viel Geld zu verlieren.

Nun kann man den Ratingagenturen vorwerfen, dass sie sich in der Vergangenheit wiederholt geirrt haben. Mit ihren viel zu optimistischen Vorhersagen und späten Warnungen sind sie nach Meinung von Kritikern mit Schuld an der letzten großen Finanzkrise. Auch gab es offenbar mehrfach regelrechte „Gefälligkeitsgutachten“, bei denen die Auftraggeber von Rating-Agenturen eine Top-Bewertung bekamen, damit das Geld neuer Investoren anlockten – und dieses anschließend in den Sand setzten. Moody & Co. sind private, gewinnorientierte Unternehmen. Dennoch gelten auch hier die Gesetze des freien Marktes und des gesunden Menschenverstandes: Wer auf Dauer schlecht berät, ist weg vom Fenster.

Den Euro-Freunden und insbesondere den Vertretern der am schlimmsten verschuldeten Staaten missfällt diese Macht der Märkte. Sie wollen die Folgen ihrer Politik nicht durch unabhängige Experten beurteilen lassen, und schon gar nicht durch die Ratingagenturen. Sie glauben offenbar, die Gesetze der Marktwirtschaft außer Kraft setzen zu können, und sie haben dazu vor wenigen Tagen einen neuen Vorschlag gemacht:

Eigene, europäische Ratingagenturen müssen her! Selbstverständlich werden die dann genau so „unabhängig“ sein, wie die Europäische Zentralbank. Alle Leitungsfunktionen werden mit braven Parteisoldaten besetzt – so wie man es in Deutschland mit den aus Zwangsgebühren gespeisten Funk- und Fernsehsendern vorexerziert hat. Diese Handlanger der Macht werden dann ganz Euroland wieder eine Top-Bonität bescheinigen und der Europäischen Zentralbank die Erlaubnis erteilen, beliebig viel Geld zu drucken, um die eigenen Schulden zu bezahlen.

Das ist ein toller Plan, der ganz sicher funktionieren wird. Schließlich hat ja auch der Graf von Münchhausen sich samt seinem Pferd an den eigenen Haaren aus dem Matsch gezogen, als er ganz tief im Schlamassel saß.

Ich lass‘ mir das nicht länger gefallen!

Gerade hat mich eine gute Freundin an einen Film erinnert: Er heißt „Network“, stammt aus dem Jahr 1976 und wurde mit vier Oskars ausgezeichnet. Sehenswert ist die Satire über den absurden Kampf der Medien um Einschaltquoten alleine schon wegen der Hauptdarsteller Peter Finch (er spielt einen abgehalfterten und frustrierten Fernsehmoderator) und Faye Dunaway, die als frigid-karrieregeile Produzentin überzeugt. Mit dabei in einer seiner besten Rollen ist auch William Holden, den Älteren unter uns sicher noch bekannt als der Detektiv mit der Knollennase aus den „Straßen von San Francisco“.

Aber das sind alles Nebensachen. Wer will, kann mehr über den Film nachlesen in der Wikipedia, oder ihn kaufen z.B. bei Amazon.

Die Hauptsache aber scheint mir, dass der oben gezeigte Filmausschnitt wie kein anderer die aktuelle Stimmung im Land trifft. Drastischer und deutlicher als mit dem Ausruf: „Ihr könnt mich alle am Arsch lecken –- ich lass‘ mir das nicht länger gefallen!“ kann man die Sache mit dem Euro wohl nicht auf den Punkt bringen. Vielleicht sollte man, statt mit braven Demonstrationen, aussichtslosen Klagen und Petitionen, mit stillem Frust und Wahlenthaltung zu reagieren, einfach ´mal seinen Ärger heraus schreien? Einmal die Woche? Wie wärs mit Mittwochs fünf vor 12:00?

War nur so ´ne Idee.

Geld verdienen mit der Euro-Krise?

Wir alle wollen immer schlauer sein als die Anderen. Und natürlich legt der Gedanke nahe, dass dort, wo viele Menschen wegen der europäischen Schuldenkrise ihr Geld verlieren, auch fette Profite zu machen sind. Entsprechende Wetten kann man eingehen, etwa indem man die Währungen anderer Länder kauft. Sogar bei boerse.ard.de fand ich gerade einen Artikel, der sich mit dieser Möglichkeit befasst und regelrechte Anlagetipps gibt.

Doch abgesehen davon, dass ich kein Spekulant sein will und meine Hochachtung jenen Menschen vorbehalte, die mit ihrer Arbeit echte Werte schaffen, wird diese Rechnung auch nicht aufgehen. „Die Märkte sind schlau und die Wahrscheinlichkeit, dass der Euro Schiffbruch erleidet, steckt in den Preisen der verschiedenen Währungen, Aktien und sonstigen Finanzprodukte bereits drin.“ Dies erklärte mir ein Freund, der mehr von Volkswirtschaft versteht als die meisten von uns, der seinen Namen aber vermutlich lieber nicht hier lesen mag.

Am schlimmsten wird es Menschen wie ihn und mich treffen, hat er gesagt: Leute zwischen 40 und 65, deren Pensions- und Rentenansprüche von der Zahlungsfähigkeit Deutschlands abhängen und die von der Zahlungsunfähigkeit bestimmter Banken und Versicherungen am härtesten getroffen werden.

Wenn überhaupt wären Sachwerte und Konsumgüter ratsam. Also schnell noch ein neues Auto kaufen, den Computer erneuern und 1000000 Blatt Druckerpapier kaufen, solange unser Geld noch einen Gegenwert hat. Auch sollte man darüber nachdenken, jetzt endlich die lang geplante Traumreise zu machen. Mein Freund kann manchmal ganz schön zynisch sein – aber ich fürchte, diesmal hat er es ernst gemeint.

Im Rückblick wird sich dann womöglich meine persönliche Anlagestrategie als ganz schön clever erweisen: Ich habe eher wenig gespart, das Leben genossen und als Zukunftsvorsorge mehr als nur ein paar Flaschen guten Wein in den Keller gelegt…

Denkzettel für Frau Merkel

So so, der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn hält uns also für arrogant und glaubt, dass Frau Merkel sich nicht länger zieren sollte in unser aller Namen eine Bürgschaft in unbegrenzter Höhe auszustellen für Leute, die ich nicht einmal kenne. „Ich kann Deutschland und Frankreich nur warnen vor einem Machtanspruch, der eine gewisse Überheblichkeit und Arroganz ausdrückt, die das europäische Grundprinzip der Solidarität missachten“ hat er gesagt.

Dann war da noch diese kleine Notiz in der Tageszeitung, dass die Regierung ja eigentlich ganz gerne 30 Millionen extra bereits stellen wollte, damit Hebammen „Problemfamilien“ künftig etwas häufiger betreuen können, dass aber leider Gottes dafür wohl kein Geld mehr übrig ist. UND DA WÄRE MIR FAST DER KRAGEN GEPLATZT.

Ich glaube zwar eher an den Weihnachtsmann als daran, dass „unsere“ Politiker sich dafür interessieren, was das Volk will. Aber in meiner Wut habe ich dann doch noch diesen Hinweis auf der Webseite der Kanzlerin hinterlassen:

Sehr geehrte Frau Merkel,

Ihre Zugeständnisse gegenüber den so genannten EU-Partnern in den vergangenen Monaten habe ich mit Entsetzen zur Kenntnis genommen. In meinem beträchtlichen Freundes- und Bekanntenkreis kenne ich niemanden, der bereit wäre, länger zu arbeiten, weniger zu verdienen, höhere Zinsen und mehr Steuern zu zahlen, damit ICH früher in Rente gehen, Urlaub machen oder mir ein Haus kaufen kann, ohne über ein entsprechendes Einkommen zu verfügen. Ihre Erklärungsversuche, warum dies auf EU-Ebene anders sein muss (Sachzwänge, Dominoeffekt, Solidarität, Friedensicherung usw.) überzeugen mich nicht im geringsten und es ist mir absolut schleierhaft, wie man beim Vergleich mit der wirtschaftlichen Entwicklung von Nicht-Euro-Ländern wie der Schweiz, Schweden, Norwegen und Dänemark diese Zwangseinheitswährung als Erfolgsgeschichte darstellen kann.

Nochmals zur Klarstellung: Ich will weder die Schulden noch den unverdienten Luxus anderer Länder mitfinanzieren müssen. Mein Vorrat an Solidarität ist längst aufgebracht und wenn Sie diese Politik fortsetzen, sehe ich nur einen Ausweg: Ich werde mich Hals über Kopf verschulden um nach Kräften gegen den moribunden Euro zu spekulieren. Geht die Rechnung auf, verabschiede ich mich mit meinen Profiten in die Schweiz. Falls nicht lasse ich mich davon überraschen, wer der sprichwörtliche letzte Depp sein wird, der die Rechnung bezahlt.

Nein, ich glaube nicht, dass Merkel meinen Brief lesen wird. Aber wenigstens bin ich aufgestanden und habe wieder einmal laut dagegen protestiert, wie diese Regierung unser Land an die Wand fährt.

Ceterum censeo: Der Euro muss weg!