Gilgamesch-Epos

Wer sich für Literatur interessiert, sollte vielleicht mit dieser Überlieferung beginnen. Das Gilgamesch-Epos gilt nicht nur als älteste schriftlich überlieferte Heldensage der Menschheit, es ist auch trotz seines Alters und vieler Lücken ein gut lesbares und spannendes, gleichzeitig aber auch tiefgründiges, ergreifendes und unterhaltsames Werk. Das Gilgamesch-Epos beruht auf Gedichten, die vor etwa 4000 Jahren in Mesopotamien verfasst wurden. Etwa 1200 Jahre vor unserer Zeitrechnung hat ein Priester (Sin-leqe-unnini) diese Gedichte gesammelt, mehrere Fragmente unterschiedlichen Alters zusammengefasst, und in Keilschrift auf Tontafeln verewigt.

Entdeckt wurde es aber erst im Jahr 1853 in Ninive, als Teil der 25000 Tafeln umfassenden Bibliothek des assyrischen Königs Aschurbanapli (669-627 v.Chr.; in der Bibel heißt er Assurbanipal), die heute im Britischen Museum verwahrt wird. Dort gelang dem Assyrologen George Smith schließlich die Entschlüsselung der Keilschrift. Als er 1872 seine Übersetzung vorlegte war sofort klar, dass man eines der ältesten Werke der Literatur vor sich hatte. Es enthält zahlreiche Schilderungen und Motive, die Schriftsteller bis zum heutigen Tag in immer neuen Versionen erzählen.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht Gilgamesch, 5. König in der ersten Dynastie der Sumerer und – so schätzen Archäologen – von 2652 – 2602 vor Christus Herrscher über Uruk (im heutigen Irak), der damals womöglich höchst entwickelten Stadt der Welt.

Trotz seiner, zu zwei Dritteln göttlicher, Abstammung ist Gilgamesch sterblich. Im Gegensatz zu den später entstandenen Weltreligionen wie dem Christentum und dem Islam gab es in Mesopotamien zwar eine schreckliche Unterwelt, in der die Seelen der Toten sich von Schlamm und Staub ernähren mussten, aber keinen Himmel. So wird das Streben nach Unsterblichkeit zum Leitmotiv des Gilgamesch-Epos – wie so vieler Werke nach ihm.

Der Herrscher ist zwar weise, gutaussehend und stark, aber er regiert mit eiserner Hand. „Nicht lässt Gilgamesch den Sohn zum Vater … nicht die Jungfrau zum Geliebten…“. Die geschundenen Stadtbewohner rufen deshalb den Himmelsgott Anu an, er möge den Gilgamesch mäßigen. Anu erhört die Klagen und erschafft Enkidu – einen Wilden, der unter Tieren aufwächst, und als einziger mit seinen Kräften dem Gilgamesch ebenbürtig scheint. Erst muss Enkidu aber noch zivilisiert werden, was er unter anderem beim siebentägigen Liebesspiel mit einer Tempeldienerin lernt, die ihn danach baden, salben, frisieren und neu ankleiden lässt.

Das anschließende Kräftemessen entscheidet Gilgamesch nur knapp für sich, und zwischen beiden entsteht eine tiefe Freundschaft. Gemeinsam vollbringen sie nun ihre Heldentaten, bis Gilgamesch eines Tages einen Heiratsantrag der Liebesgöttin Ishtar erhält. Den weist er barsch zurück: „An der Straße, da sein Dein Sitz … dann wird Dich nehmen, wer immer Lust hat.“ Die gekränkte Göttin schickt einen Himmelsstier, den die Helden zwar besiegen, wonach aber Enkidu erkrankt und stirbt.

Alleine zieht Gilgamesch nun bis ans Ende der Welt, stets auf der Suche nach Utnapishtim, der die große Flut überlebt hat (die hier lange vor Entstehung der Bibel erstmals erwähnt wird!). Utnapishtim (Noah?) weist dem rastlos suchenden Gilgamesch den Weg zu einer Pflanze, die ewiges Leben verspricht. Auch diese Hoffnung erfüllt sich aber nicht, und Gilgamesch besinnt sich nun darauf, durch seine Taten unsterblich zu werden: Er erweitert und stärkt die Stadtmauern und Tempelanlagen von Urduk und hinterlässt seinem Volk als Erbe die mächtigste Stadt der Welt.

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