Betreff: Tunesien, Ägypten & Co.

Frage: Welcher unserer Politiker hätte wohl den Mut, sein Leben aufs Spiel zu setzen, um für Demokratie und Menschenrechte zu kämpfen? Können Sie sich unseren Außenminister Guido Westerwelle oder unseren Bundespräsidenten Christian Wulff vorstellen, wie die beiden mit handgemalten Plakaten in Peking auf dem Platz des Himmlischen Friedens stehen, um sich den Panzern der Obrigkeit in den Weg zu stellen? Wie sie umgeben von den Schlägertrupps eines brutalen und korrupten Regimes die Nacht auf dem Tahrir-Platz in Kairo verbringen, bewaffnet lediglich mit einem Handy, von dem aus sie unerschrocken den Fernsehsendern in aller Welt berichten?

Oder unsere Kanzlerin: Die war, vermeldet lapidar die Wikipedia, vor der Wende weder in der zivilen noch in der kirchlichen Opposition aktiv. Am Tag als die Mauer fiel, hat Angela Merkel nicht einmal die Nachrichten verfolgt. Statt dessen saß sie mit einer Freundin in der Sauna, berichtet der Politjournalist Gabor Steingart in „Die Machtfrage„.

Nun könnte man ja argumentieren, dass dies vielleicht sogar ganz gut ist, denn um einen Staat zu lenken braucht es einen kühlen Kopf und eine gehörige Portion Sachverstand. Und dass diejenigen, die nach Jahrzehnten der Unterdrückung im Laufe einer Revolution an die Macht kommen, auch nicht die idealen Staatslenker wären. Womöglich würden sie erst einmal alte Rechnungen begleichen wollen. Ein paar Köpfe rollen lassen. Oder sich zumindest jene Schätze unter den Nagel reißen, die das alte Regime nicht rechtzeitig außer Landes gebracht hat. Das wollen wir dann auch wieder nicht.

Mäßigung ist also angebracht angesichts der Revolutionen in Tunesien und Ägypten, argumentierte Freund G. bei unserer gestrigen Stammtischrunde. Und außerdem seien die meisten dort sowieso nicht reif genug für die Demokratie. Nicht einmal bei uns. „Und am Ende wählen sie dann die Muslimbrüderschaft und dann haben wir den Scheiß.“

Um meine rhetorische Eingangsfrage zu beantworten: Niemand kann sich unsere höchsten Repräsentanten als Freiheitskämpfer vorstellen. Aber ein paar deutliche Worte an Herrn Mubarak – ist das zu viel verlangt? Warum schweigt die EU? Warum gibt es keine Unterstützung für die Vorkämpfer der Demokratie in Tunesien und Ägypten, in Jordanien, Jemen und Algerien? Was tun Merkel, Obama & Co eigentlich, um den Menschenrechten in diesen Ländern zum Durchbruch zu verhelfen? Und was haben unsere Staatsoberhäupter, die Chefs der ach so freien westlichen Welt denn dafür in den vergangenen Jahrzehnten getan?

Those who deny freedom to others deserve it not for themselves.

Das ist eines meiner Lieblingszitate. Es stammt von Abraham Lincoln, dem 16. Präsidenten der USA. Über seine Motive mag man streiten, aber erst hat er die geteilte Nation vereinigt und dann die Sklaverei abgeschafft. Das macht ihn nicht nur sympathisch, sondern auch glaubwürdig. Ich wünschte mir, die USA, die EU und auch unsere politische Kaste würde sich an Lincolns Weisheit erinnern. Ich wünschte mir, unsere Repräsentanten würden endlich damit aufhören, Diktatoren in aller Welt in den Hintern zu kriechen. Und ich schäme mich für mein Land, solange auch bei uns Wirtschaftsinteressen immer wieder über Menschenrechte gestellt werden.

Dass viele Jugendliche im arabischen Raum uns für Heuchler halten, die westliche Lebensweise verachten und ihr Heil im radikalen Islam suchen hat vielleicht auch damit zu tun, wie unserer „Realpolitiker“ deren Unterdrücker seit Jahrzehnten hofieren – mit Staatsempfängen und Gipfeltreffen, durch Waffenlieferungen und Wirtschaftsabkommen, vor allem aber durch konsequentes Wegschauen angesichts Unterdrückung und Korruption, Willkür und Folter.

Jetzt gibt es eine historische Chance, es besser zu machen. Statt mit Armeen westliche Verhältnisse erzwingen zu wollen, wie in Afghanistan und im Irak, könnte man es zur Abwechslung´mal mit friedlichen Mitteln versuchen. Wie wär´s zum Beispiel mit ein paar Milliarden Euro Starthilfe für junge Demokratien? Gekoppelt natürlich an die Bedingung freier Wahlen unter neutraler Beobachtung. Ich wette, dafür gäbe es mehr Verständnis als für den Euro-Rettungsschirm. Statt Waffenlieferungen könnte man den Austausch von Schülern und Studenten fördern. Technologien zur Nutzung der Solarkraft gemeinsam weiter entwickeln als Alternative zum Bau neuer Atomkraftwerke. Die Märkte öffnen für Agarprodukte, statt mit EU-Subventionen die Ungleichheiten zu zementieren…

War´n nur so ein paar Gedanken. Bisschen ´rumgesponnen. Bin halt ein Dummerle und verstehe nicht, warum die Unterstützung von Diktatoren alternativlos ist.

Nachtrag vom 18.2.:

Schön, dass die Ägypter ihre Revolution alleine hin gekriegt haben. Peinlich, die markigen Worte Merkels und Westerwelles nach dem Fall des Regimes. Mubaraks Konten in der EU sind immer noch nicht gesperrt (die Schweizer haben das schon lange getan).

Buchtipp – Die Vermessung der Welt

Wer literarisch auf dem Laufenden ist, wird sich wohl angesichts dieses Buchtipps gähnend zurück lehnen und fragen: „Wieso erst jetzt? Wo war der Michel eigentlich in den letzten fünf Jahren?“ Nun ja, kann ich zu meiner Entschuldigung nur vorbringen, „Die Vermessung der Welt“ von Daniel Kehlmann stand schon lange auf meiner Lese-Liste.
Und auch wenn diese fantastische Doppelbiografie der deutschen Gelehrten Carl Friedrich Gauß und Alexander von Humboldt inzwischen wieder aus den Bestsellerlisten verschwunden ist, so unterscheidet sie sich doch wohltuend von so vielen Eintagsfliegen, die dorthin nur Dank eines cleveren Marketings und gewaltiger Werbekampagnen gekommen sind.

Porträtiert werden mit leisem Humor zwei sehr gegensätzliche Genies: Der Mathematiker und Astronom, Physiker, Erfinder und Landvermesser Gauß, der wohl sein ganzes Leben am liebsten in den eigenen vier Wänden verbracht hätte. Starrköpfig kommt er daher und taktlos. Ist bar jeglicher sozialen Intelligenz und allzeit ungeduldig mit seinen Zeitgenossen, die er fast alle für Idioten hält. Gauß´ geistigen Höhenflügen zu folgen ist mir trotz der überaus lebendigen Schilderung seines Wesens nur in Ansätzen gelungen und mit Sicherheit hätte der Mann mit der Mütze auch mich zu den Schwachmathen gezählt, die man eigentlich nur bedauern kann. Das nagt zwar ein wenig am Selbstbewusstsein, tat meinem Lesevergnügen aber keinen Abbruch.

Weitaus mehr Verständnis brachte ich für Humboldt mit, den Forscher und Entdecker, der unter Einsatz seines Lebens jeden noch unbekannten Winkel der Erde studieren wollte, der Steine, Tiere und Pflanzen sammelte, der jeden Berg besteigen und vermessen musste, Urwälder durchquerte und der sieben Jahrzehnte lang wie kein anderer das Wissen über die Welt vermehrte. Ein Abenteurer war er noch dazu. Seine Beliebtheit noch zu Lebzeiten hat womöglich auch damit zu tun, dass er all die Herausforderungen bestanden hat, von denen viele als Kinder geträumt haben – und für die wir dann am Ende doch zu bequem waren.

Gauß lebte von 1777 bis 1855, Humboldt von 1769 bis 1859, und von wenigen Ausnahmen abgesehen entwickelt sich beider Leben in dem Roman abwechselnd in getrennten Kapiteln. Gleichzeitig nutzt Kehlmann historische Berührungspunkte ebenso wie die Seelenverwandschaft der beiden Protagonisten, um die Biografien geschickt miteinander zu verknüpfen.

Den Hunderten von Besprechungen des Romans habe ich wenig hinzu zu fügen, und eine Inhaltsangabe hielte ich für verschwendete Zeit. Was das Buch für mich zum Geniestreich macht ist die äußerst lebendige Darstellung der großen Wissenschaftler mit ihren ach so menschlichen Schwächen, die liebevolle Betrachtung und auch das durchschimmernde Mitleid für zwei Menschen, die ihrer Zeit weit voraus waren und neben denen sich die meisten Stars unserer Zeit eigentlich in Grund und Boden schämen müssten.

Mit seinen rund 300 Seiten bietet dieses Taschenbuch je nach Tempo Lesevergnügen für ein ganzes Wochenende. Danach habe ich es – gleichermaßen amüsiert wie inspiriert – zufrieden geschlossen und in meinen Bücherregalen einsortiert. Angesiedelt zwischen Reiseberichten, Abenteuerromanen und (Wissenschafts-)Biografien hat Daniel Kehlmanns „Die Vermessung der Welt“ dort einen Ehrenplatz bekommen und wartet nun auf seinen nächsten Leser, von dem ich es aber ganz bestimmt zurück haben will!

Ichenheim – Mein neues Leben im Ried

Ich habe es getan: Der nunmehr zehnte Umzug meines Lebens liegt (größtenteils) hinter mir und mit der Ummeldung bin ich seit dem 1. Januar 2011 nun auch offiziell ein Ichenheimer. Inspiriert von zweien meiner Lieblingsbücher und voller guter Vorsätze habe ich beschlossen, diese Herausforderung anzunehmen, die Kunst des Reisens auch in der neuen Heimat zu praktizieren und von der Schönheit des Guten zu berichten – auch wenn es mich ganz schön nervt, dass ich hier Internet-mäßig offenbar am A…… der Welt gelandet bin.

Ichenheim ist der bislang kleinste Ort, an dem ich gelebt habe und der erste, der in meinem Lieblingslexikon Encyclopedia Britannica nicht erwähnt wird „Sorry, we were unable to find an exact match“). Nein, ich habe nicht Hildesheim gemeint und auch nicht Rüdesheim!

Selbst die Wikipedia befindet meine neue Heimat offenbar nicht würdig für einen eigenen Eintrag. Und wer jetzt schon ´mal in seinen großen Weltaltlas zu suchen beginnt, wird wahrscheinlich ebenfalls nicht fündig – es sei denn, das Teil ist mindestens 37 Jahre alt. Das liegt nicht etwa daran, dass Ichenheim eine Geisterstadt wäre. Vielmehr wurde der Ort am 1. Januar 1973 ein Opfer der baden-württembergischen Gemeindereform. Zusammen mit Altenheim, Dundenheim, Müllen und Schutterzell wurde Ichenheim an diesem Tag zum Ortsteil der Großgemeinde Neuried degradiert – und verschwand damit von zahlreichen Landkarten. Dies ist auch der Grund, warum mich mit dem Navi, dem Tripadvisor oder -zig anderen nützlichen Einrichtungen keiner findet: Wer „Ichenheim“ statt „Neuried“ eingibt bekommt lediglich eine Fehlermeldung.

Schade eigentlich, denn auch wenn Ichenheim mit seinen aktuell 2870 Einwohnern nicht gerade der Nabel der Welt ist, so gibt es „im Ried“ doch einiges zu entdecken. Früher wurde hier vorwiegend Tabak für Roth-Händle & Co angebaut und noch immer ist Neuried eine der größten Tabakanbaugemeinden Deutschlands. Weil aber heute kaum einer mehr ungestraft rauchen darf und weil sogar die EU ihre Subventionen für das tödliche Kraut nach jahrelangem Gezeter auslaufen lies, haben die hiesigen Bauern flexibel reagiert. Jetzt versperren sie uns im Sommer mit Maisfeldern die Sicht, die das Rohmaterial für ökologisch völlig unsinnigen Biosprit liefern und die natürlich ebenfalls subventioniert werden. Grummel. Und nun zurück zum Thema – Michel!

Gleich hinter den Maisfeldern liegt im Westen der Rhein mit seinen stillen Altwassern und Seegraswiesen, umgeben von oft dichtem Unterholz und bewohnt von zahlreichen Vogelarten. Pflanzenfreunde dürfen sich an allerlei Sumpfgewächsen und den gelegentlichen Orchideen freuen und auf den vielen Streuobstwiesen könnte man das halbe Jahr über Äpfel, Birnen, Kirschen, Pflaumen oder Mirabellen klauen – wenn das nicht verboten wäre und wenn nicht all die feinen Früchtchen für das Obstwasser gebraucht würden. Diese Landschaft ist dem 20 Kilometer entfernten Taubergießen recht ähnlich, wenn auch weitaus weniger Besucher hierher finden.

Am schönsten erlebt man den Altrhein mit dem Kanu, das Eingeweihte z.B. in der Rheinstraße in Ottenheim ins Wasser lassen. Von dort dümpelt man dann gemütlich westlich an Meißenheim vorbei, um nach einer Rast am Ichenheimer Anglerheim mit ein oder zwei kurzen Umtragungen weiter zu paddeln hinter Altenheim vorbei bis knapp südlich der dortigen Rheinbrücke (eine genauere Beschreibung gibt es z.B. bei Kanu-Wolf unter „Ottenheimer“).

Erfrischung ohne Kanu bieten nahe gelegene Baggerseen, wie z.B. der bei Tauchern sehr beliebte Matschelsee an der B36 in Richtung Lahr oder der Blattsee, die allerdings beide in Privatbesitz sind und deren Zugänglichkeit daher schwankt.

Verhungern muss in Ichenheim auch keiner. Gut geschmeckt hat es mir im vorwiegend vegetarisch orientierten Löwen (Hauptstr. 40), der allerdings nur an Mittwochabenden regelmäßig geöffnet hat(!). Schräg gegenüber gibt es den nur Montags geschlossenen Schwanen, der auf seiner langen Speisekarte ökologisch korrekt vorwiegend regionale Gerichte aus einheimischen Zutaten anpreist, und zwischen Löwen und Schwanen liegt der Prinzen, wo ich trotz Fastnachtstrubel auch schon ein ordentliches Schnitzel gekriegt habe.

Da wir nun schon mal in Downtown Ichenheim sind, will ich auch die katholische Kirche erwähnen, die 1822 von Hans Voss im Weinbrenner-Stil erbaut wurde. Heute wird die Kultur nicht nur von dem Verein „Läwe im Lewe“ gepflegt, sondern es gibt hier wie auch in den benachbarten Ortschaften eine sehr lebendige und m.E. unterschätzte Künstlergemeinde (z.B. die Malerin Ellen Vetter, Birgitt Fischer aus Altenheim oder mein Nachbar Jürgen Rudolf).

 

Weitere Informationen:

Denkzettel für Frau Merkel

So so, der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn hält uns also für arrogant und glaubt, dass Frau Merkel sich nicht länger zieren sollte in unser aller Namen eine Bürgschaft in unbegrenzter Höhe auszustellen für Leute, die ich nicht einmal kenne. „Ich kann Deutschland und Frankreich nur warnen vor einem Machtanspruch, der eine gewisse Überheblichkeit und Arroganz ausdrückt, die das europäische Grundprinzip der Solidarität missachten“ hat er gesagt.

Dann war da noch diese kleine Notiz in der Tageszeitung, dass die Regierung ja eigentlich ganz gerne 30 Millionen extra bereits stellen wollte, damit Hebammen „Problemfamilien“ künftig etwas häufiger betreuen können, dass aber leider Gottes dafür wohl kein Geld mehr übrig ist. UND DA WÄRE MIR FAST DER KRAGEN GEPLATZT.

Ich glaube zwar eher an den Weihnachtsmann als daran, dass „unsere“ Politiker sich dafür interessieren, was das Volk will. Aber in meiner Wut habe ich dann doch noch diesen Hinweis auf der Webseite der Kanzlerin hinterlassen:

Sehr geehrte Frau Merkel,

Ihre Zugeständnisse gegenüber den so genannten EU-Partnern in den vergangenen Monaten habe ich mit Entsetzen zur Kenntnis genommen. In meinem beträchtlichen Freundes- und Bekanntenkreis kenne ich niemanden, der bereit wäre, länger zu arbeiten, weniger zu verdienen, höhere Zinsen und mehr Steuern zu zahlen, damit ICH früher in Rente gehen, Urlaub machen oder mir ein Haus kaufen kann, ohne über ein entsprechendes Einkommen zu verfügen. Ihre Erklärungsversuche, warum dies auf EU-Ebene anders sein muss (Sachzwänge, Dominoeffekt, Solidarität, Friedensicherung usw.) überzeugen mich nicht im geringsten und es ist mir absolut schleierhaft, wie man beim Vergleich mit der wirtschaftlichen Entwicklung von Nicht-Euro-Ländern wie der Schweiz, Schweden, Norwegen und Dänemark diese Zwangseinheitswährung als Erfolgsgeschichte darstellen kann.

Nochmals zur Klarstellung: Ich will weder die Schulden noch den unverdienten Luxus anderer Länder mitfinanzieren müssen. Mein Vorrat an Solidarität ist längst aufgebracht und wenn Sie diese Politik fortsetzen, sehe ich nur einen Ausweg: Ich werde mich Hals über Kopf verschulden um nach Kräften gegen den moribunden Euro zu spekulieren. Geht die Rechnung auf, verabschiede ich mich mit meinen Profiten in die Schweiz. Falls nicht lasse ich mich davon überraschen, wer der sprichwörtliche letzte Depp sein wird, der die Rechnung bezahlt.

Nein, ich glaube nicht, dass Merkel meinen Brief lesen wird. Aber wenigstens bin ich aufgestanden und habe wieder einmal laut dagegen protestiert, wie diese Regierung unser Land an die Wand fährt.

Ceterum censeo: Der Euro muss weg!

Pfadfinder in der Kamera: Lumix DMC-TZ10 mit GPS

Seit vier Wochen ist sie im Einsatz, an die 2000 Bilder und ein paar Videos habe ich gemacht, und wen´s interessiert der findet hier so eine Art Testbericht: Die Lumix DMC-TZ10 ist meine siebte Kamera.

Zum Hintergrund sollte ich vielleicht sagen, dass ich mich als ambitionierten Hobby-Fotografen einstufe. Von zwei oder drei Ritsch-Ratsch-Klick-Kameras in meiner Kindheit wechselte ich zu meiner ersten – natürlich analogen – Spiegelreflex-Kamera, einer Fuji. Später habe ich dann eine Contax RTS mit Zeiss-Objektiven von meinem Vater geerbt, mir ein zweites, preiswerteres, Gehäuse dazu gekauft – und seitdem nie mehr so gute Bilder gemacht. Das kann ich deshalb mit Sicherheit sagen, weil ich momentan sämtliche Dias einscanne, die ich in den Jahren 1984 bis 1997 gemacht habe. Vor allem in der Bildschärfe sind sie nach wie vor unerreicht, doch muss ich fairerweise sagen, dass ich bis zum heutigen Tag den Sprung zu einer digitalen Spiegelreflexkamera nicht geschafft habe. Der Grund? Nachdem ich jahrelang immer mehr Zubehör angeschafft und in der Spitze 13 Kilogramm (!) Ausrüstung mit mir herum geschleppt hatte, machte Contax (eine Zusammenarbeit aus Fuji-Mechanik, Zeiss-Optik und Porsche-Design) den Laden dicht. Um eine gleichwertige Ausrüstung in Form einer digitalen Spiegelreflexkamera zu bekommen, hätte ich wohl an die 8000 Euro hinblättern müssen – no way! Also schwenkte ich um auf eine Filmkamera (Sony Handycam DCR-PC330) und dann auf eine Digitalkamera mit Videofunktion, die Kodak Easyshare Z 812 IS. Beide Geräte sind in ihrem Bereich ok, aber natürlich keine geeigneten Werkzeuge für „ernsthafte“ Fotografen. Dies erwarte ich ehrlich gesagt auch nicht von der Neuen – aber wir werden sehen, was die Lumix DMC-TZ10 zu bieten hat.

Leicht und portabel sollte die neue Kamera sein, mit einer möglichst guten Bildqualität und – dies ist so ein Spleen bei mir – idealerweise auch eine GPS-Funktion mitbringen. GPS steht für Global Positioning System und dies ist die Technik hinter jedem Navigerät. Für Fotografen ist GPS deshalb interessant, weil Bildern damit mehr oder weniger automatisch Informationen über den Aufnahmeort hinzugefügt werden können. Ich bin zwar durchaus in der Lage, den Eifelturm wiederzuerkennen, wer aber schon mal auf einer längeren Reise war und zu faul war, sich Notizen zu machen, kennt sicher das „wo war das noch mal?“-Problem. Besonders nützlich finde ich die GPS-Technik, wenn man ab zu mit dem Mountainbike oder auch zu Fuß in der Natur unterwegs ist, und dabei neue Wege beschreitet, die mit tollen Ausblicken oder interessanten Entdeckungen belohnen. Zuletzt habe ich mir dafür einem GPS-Tracker angeschafft, ein Aufzeichnungsgerät von der Größe einer Streichholzschachtel, dessen Daten dann mehr oder weniger mühsam mit den Fotos zusammen geführt werden mussten. Es war, soviel sei gesagt, eine ebenso zeitaufwändige wie fehleranfällige Prozedur. Sogar in meinem Handy habe ich GPS und Fotofunktion vereint – warum also sollte dies nicht auch in einer ordentlichen Kamera möglich sein?

Eine Antwort auf diese Frage will neben anderen Fabrikaten auch die Lumix DMC-TZ10 liefern. Sie kostete mich bei Amazon knapp 300 Euro. Allerdings ist in diesem Preis weder eine Speicherkarte enthalten, noch ein Ersatzakku. Beides zählt für mich nicht zum Luxuszubehör, sondern zur Grundausstattung. Weil in diversen Diskussionen immer wieder anklang, dass es mit Ersatzakkus, die nicht von Panasonic stammen, Probleme gab, biss ich in den sauren Apfel und kaufte das Original, welches über 30 Euro kostet. Damit sind wir also beim ersten Minuspunkt: Die Kamera wird angepriesen für unter 300 Euro, kostet de facto aber 350. Ärgerlich. Ansonsten: Lieferung von Amazon wie gewohnt problemlos. Bestellt am Sonntag, geliefert am Dienstag Vormittag und zwar ohne zusätzliche Versandkosten.

Die Bedienungsanleitung umfasst gerade einmal 25 Seiten und dies reicht bei weitem nicht aus, um alle Funktionen der Kamera zu beschreiben. Besser ist da schon die pdf-Datei von mehr als 170 Seiten, die sich auf der beigelegten CD findet. Die CD braucht man außerdem, wenn man die Bilder und vor allem die hochauflösenden Videos der Lumix möglichst reibungslos auf den Computer überspielen und dort verwalten will. Die erledigt die Software PHOTOfunnSTUDIO 5.1, die außerdem einige einfache Bildbearbeitungsfunktionen bietet. Wer es ernst meint mit seinen Fotos wird damit allerdings nicht glücklich und muss wohl so wie ich ein Bündel spezialisierter Programme installieren – doch über dieses Thema werde ich ein anderes Mal berichten. Was sonst noch drin ist in der kleinen Packung: Akku, Batterieladegerät, Netzkabel, USB-Kabel (zum überspielen von Bildern auf den PC) und ein AV-Kabel mit dem man auch HD-Videos auf anderen Geräten wiedergeben kann.

„Alles schön und gut“, höre ich Euch sagen – „aber macht die Lumix denn auch ordentliche Bilder?“ Die Antwort lautet „Ja, aber…“.

Ein Heer von Lumix-Fans kann sich nicht irren und die zahlreichen Modelle, die unter diesem Namen erschienen sind, liefern durch die Bank sehr hochwertige und vor allem scharfe Bilder. Eines von drei Problemen mit der DMC-TZ10 ist, dass man zuerst die Einstellungen entsprechend ändern muss. Und zwar auf:

  • Sättigung + 1
  • Schärfe +1
  • Kontrast -1 und
  • Rauschunterdrückung -2 oder -1

Danke, Robin Pomreinke, für diesen verdammt guten Tipp, den außer mir noch über 400 Amazon-Kunden hilfreich fanden. Mit obigen Einstellungen habe auch ich sichtbar bessere Bilder bekommen. Der Zoombereich ist mit 25-300 Millimeter-Äquivalent für mich ausreichend groß – eine noch stärkeres Tele wäre zwar nett gewesen, doch habe ich mir dis verkniffen, weil dies zumindest bei der Vorgängerkamera sichtbar zulasten der Bildqualität ging. Das Display könnte zwar noch etwas heller sein, doch wird dies wieder wettgemacht durch die Wahl zwischen vier verschiedenen Modi mit unterschiedlich vielen Infos. Die Benutzerführung in den Menüs ist einleuchtend und der Schnellzugriff mit dem Quick-Menu eine feine Sache.

Ansonsten bietet die DMC-TZ10 nicht nur alle Funktionen, die für eine Kamera dieses Typs heute selbstverständlich sein sollten (intelligente Automatik, manuelle Einstellungsmöglichkeiten, Blenden- und Zeitautomatik sowie 29 (!) verschiedene Programme), sondern auch ein ganzes Bündel fortgeschrittener Einstellungsmöglichkeiten wie z.B. drei benutzerspezifische Speicher, ein „Bracketing“, bei dem Bilder jeweils außer mit der normalen Belichtung gleich noch mit einer Stufe unter- bzw. überbelichtet werden und schließlich die Option, zwei weitere Positionen auf dem zentralen Drehknopf mit Programmen seiner Wahl vorzubelegen (bei mir die Sportautomatik und die Serienbildfunktion). Apropos Serienbilder: Hier kann man gefühlte unendliche Bildreihen auslösen, wenn man in der entsprechenden Einstellung den Finger auf dem Auslöser lässt. Die Auflösung schaltet dabei etwa auf ein Achtel des Maximums herunter – doch scheint mir dies ein kleiner Preis, wenn man das wirklich allerschönste Lachen seiner Liebsten einfangen mag oder wenigstens ein ordentliches Bild des Musikvereins knipsen will, mit dem auch wirklich alle Sänger zufrieden sind.

Nicht getestet habe ich die Möglichkeit der Gesichtserkennung. Angeblich kann man die DMC-TZ10 auf bis zu sechs Nasen trainieren, die die Kamera dann automatisch erkennt und deren Namen auch gleich mit in die Fotoinformationen geschrieben werden. Wer aber nur sechs Freunde hat oder immer die gleichen Nasen knippst wird womöglich auch die Möglichkeit toll finden, zwei Haustiere einzuspeichern und deren Wachstum über die Jahre von der Kamera verfolgen zu lassen (kein Quatsch!).

Ok, dies ist Gemeckere auf hohem Niveau. Reden wir also über das zweite Problem: Ein „Panoramaassistent“ soll dem Benutzer helfen, beispielsweise den Horizont von links nach rechts oder ein Hochhaus von unten nach oben scheibchenweise zu fotografieren – und das Ganze dann zu einem nahtlosen Bild zusammen zu setzen. Bei mir scheiterte dies schon daran, dass die Markierungen aus dem jeweils letzten Bild für meine trüben Augen kaum zu erkennen waren. Und als ich der Kamera das jeweils letzte meiner Panaoramabilder vermelden wollte, passiert: Nichts. Hmm. Ich will einen Bedienungsfehler nicht ausschließen, aber das hat meine alte Kodak besser hingekriegt.

Und das GPS? Das war doch der Grund, warum ich mir diese Kamera überhaupt erst gekauft habe! Das GPS also – es funktioniert, so leidlich. Zwar empfängt der eingebaute Empfänger das Satellitensignal schnell und schreibt die entsprechenden Koordinaten sauber in die Bilddatei. Wer anschließend das Bild z.B. in Google Earth aufruft, wird sofort sehen, wo es aufgenommen wurde. Ich finde, Panasonic hätte es dabei belassen sollen. Statt dessen wollte man aber noch einen ´drauf setzen und hat der DMC-TZ10 eine Datenbank von angeblich über 300000 Sehenswürdigkeiten mit auf den Weg gegeben. Die beruht auf dem Stand vom Februar 2010, eine Aktualisierung ist nicht vorgesehen, wie mich die Anleitung belehrt.

Wer sich die Mühe macht, wird auch das System bald durchschauen, mit dem diese Informationen nutzbar gemacht werden sollen: In einem „Reisemodus“ kann der Nutzer wählen, ob er nur das Land, den Bundesestaat, die Stadt oder eben auch exakt jene Sehenswürdigkeit in die Bilddaten schreiben will, die sich Anhand der GPS-Koordinaten ergibt. Dies funktioniert schon in Deutschland nicht ordentlich, denn im Schnittbereich mehrerer Sehenswürdigkeiten muss der Benutzer vor der Aufnahme auswählen, wo er sich befindet. Dass dies technisch nicht anders zu lösen war, kann ich zwar nachvollziehen, löst aber nicht das Problem. In meiner Stadt Offenburg kann ich problemlos das Rathaus erkennen, aber welche der drei Kirchen ich ins Visier nehme, sollte ich schon selbst wissen, denn die Kamera wird es mir nicht verraten.

Doch es kommt noch schlimmer: Im Ausland (ich habe die DMC-TZ10 bei einem vierwöchigen Kalifornienaufenthalt ausgiebig getestet) konnte ich mich nicht einmal mehr darauf verlassen, dass die Stadt exakt angezeigt wurde. So ist z.B. La Jolla einer der attraktivsten Stadtteile von San Diego, wird aber nicht separat angezeigt. Und in Venice, das sicher zu den Hauptattraktionen von Los Angeles zählt, erkennt die Panasonic nur einen kurzen Abschnitt des berühmten „Ocean Front Walk“ – der Rest wird einfach als Santa Monica deklariert. Und auf der beliebtesten Einkaufsmeile von Venice drängt sich ausgerechnet die Handelskammer als Sehenswürdigkeit auf, wo doch jeder Reiseführer hier vom „Abbot Kinney Boulevard“ spricht. Ich habe keine Ahnung, was für einen Algorithmus die Entwickler bei Panasonic für die Erstellung ihre Datenbank von Sehenswürdigkeiten benutzt haben, aber diese Funktion wurde meinen Anforderungen in keinster Weise gerecht. Ich schlage vor, bei der Modellpflege entweder ganz auf diesen unausgegorenen Schnick-Schnack zu verzichten, oder Kuratoren einzusetzten, die bei den Sehenswürdigkeiten die Spreu vom Weizen trennen. Bis es soweit ist, werde ich mich beim Fotografieren auf die „nackte“ GPS-Funktion beschränken und habe bei den Orts-Info Einstellungen alle Optionen auf „Off“ gestellt.

Dennoch fällt die Gesamtbilanz überwiegend positiv aus. Sagen wir: Vier von fünf Punkten. In der Klasse der kompakten Kleinbildkameras für anspruchsvolle Hobbyfotografen, die zudem noch Wert auf eine GPS-Funktion legen, ist die Lumix DMC-TZ10 von Panasonic trotz der drei genannten Probleme für mich die erste Wahl.

Sieg für den Parteistaat, Niederlage für die Demokratie

Ja, auch ich will meinen Senf dazu geben zur gestrigen Wahl des Bundespräsidenten. Ich bin enttäuscht und wütend, dass wieder einmal die Abgeordneten des Bundestages und zusätzlich die anderen Mitglieder der Bundesversammlung sich einen Dreck darum geschert haben, was das Volk will. Die Bundesbürger nämlich hätten für Joachim Gauck gestimmt, wie zahlreichen Umfragen in den vergangenen Tagen und Wochen zu entnehmen war.

Auch wenn manch ein Kommentator das anders sehen mag (wie z.B. der geschätzte Günther Nonnenmacher in seinem heutigen Beitrag für die FAZ), wurde m.E. sehr wohl Druck auf die Repräsentanten ausgeübt und es wurde mit wenigen löblichen Ausnahmen strikt entlang der Parteilinien abgestimmt. Auch das ist das Gegenteil dessen, was das Volk will. So hatten sich zuletzt bei einer Umfrage der ARD 62 Prozent für die Direktwahl des obersten Repräsentanten der Republik ausgesprochen.

Leider kam wieder einmal alles anders, und das bisschen Kontrollfunktion, das dem Bundespräsidenten qua Verfassung zusteht, wird Christian Wulff wohl kaum ausnutzen wollen. Er wird sich daran erinnern, wer ihn in dieses Amt gehievt hat. Auch wenn man sich auf die Position zurückzieht, Wulff wäre ebenso „untadelig“ wie Gauck, ging es Angela Merkel doch einzig und alleine darum, jemanden zu installieren, der niemals auf die Idee käme, seine Unterschrift zu verweigern oder gar jenes Parteiensystem in Frage zu stellen, dem er seine Karriere inklusive der Position eines Ersatzkönigs verdankt.

Dass ein Sigmar Gabriel als Kanzler anders gehandelt hätte, bezweifle ich und das Verhalten der Linkspartei war einfach nur schamlos. Ehrlicher wäre es gewesen, den Bundespräsidenten gleich zum Grüßaugust herabzustufen, der direkt dem Kanzleramt unterstellt ist. Noch besser fände ich es, angesichts des Trauerspiels der vergangenen Wochen, das Amt des Bundespräsidenten ersatzlos zu streichen und dessen Etat von derzeit 27,63 Millionen Euro einzusparen. Die Bundesversammlung könnte man dann ebenfalls auflösen, ein Schaden wäre das nicht.

Und der Ex-Bundespräsident Horst Köhler? Wird der sich nun herablassen, dem Volk den wahren Grund für seinen Rücktritt zu verraten? Ach nein, soviel Offenheit dürfen wir wohl kaum erwarten von jemandem, der für seine Verdienste den Rest seines Lebens einen jährlichen „Ehrensold“ von runden 200000 Euro aus der Staatskasse erhält.

Camping in Le Dramont an der Côte d´Azur

Eigentlich dachte ich, meine Campingzeiten lägen hinter mir. Schließlich habe ich 48 Lenze auf dem Buckel und fühle mich doch irgendwie lange schon eher als Reisender, den als Urlauber. Andererseits: Wer kann schon auf Dauer dem Werben eines Christof S. widerstehen, wenn dieser inmitten des langen deutschen Winters schier Unglaubliches verspricht: Sonne & Meer, Mountainbiken & Klettern, viel Wein & beste Unterhaltung im Kreise alter Freunde und netter neuer Bekanntschaften, Entspannung pur & all die Sehenswürdigkeiten der Cote d´Azur direkt vor der Haustüre?

Blick aufs azurblaue Meer vom Wanderweg ums Cap du Dramont

„Laß es uns tun“ entschieden wir nach reichlicher Überlegung  und hängten uns dran an die Reservierung unserer Freunde für ein 27-Quadrameter-Mobile-Home auf dem Drei-Sterne-Campingplatz von Le Dramont. Der Stadtteil des sieben Kilometer entfernten St. Raphael liegt an der Küstenstraße RN 98 auf halbem Weg zwischen St. Tropez und Cannes, am Fuße des rot gefärbeten Esterel-Massiv und direkt neben dem Cap du Dramont. Und wer von dort während einer etwa 90minütigen Wanderung auf das Mittelmeer blickt, kann sich die Frage sparen, woher die Cote d´Azur ihren Namen hat.

Direkt nebendran lag „unser“ Campingplatz, an dessen grobkieseligem Strand alliierte Truppen im August 1944 an Land gingen. Eine Gedenktafel zur Operation Dragoon und ein Landungsboot sowie der Name des Strandes – Plage du Débarquement – erinnern noch an dieses Ereignis. Heute tront eine Überwachungsstation der französischen Marine – Semaphore genannt – auf dem höchsten Felsen über dem Ort und an den Hängen darunter haben jede Menge Kletterer ihren Spaß.

Unmittelbar vor der Küste liegt die malerische Ile d´Or und drum herum tummeln sich jede Menge Taucher, die auf dem Gelände des Campingplatzes eine internationale Tauchschule nutzen, sowie den unmittelbar daneben gelegenen kleinen Hafen. Zwar hab´ ich mit meiner Schnorchelausrüstung nichts wirklich Beeindruckendes gesehen, aber wahrscheinlich war ich nur am falschen Eck unterwegs. Schließlich sollen die hiesigen Gewässer ein Paradies für Taucher sein – komplett mit Edelkorallen, Muränen und anderem Getier. Außerdem liegen am Meeresgrund noch ein paar Wracks herum und man kann durch die Überreste einer Miniaturstadt tauchen, die in den 1960er Jahren als Kulisse für einen Film des Meeresforschers und Helden meiner Kindheit, Jacques Cousteau diente.

Mountainbiken ohne Ende – Dank sei Christof und seinem GPS!

Alles schön und gut, doch war für den Großteil unserer Truppe das Massif de l´Estérel weitaus attraktiver. Schließlich hatte fast jeder sein eigenes Mountainbike mitgebracht und nahm dankbar an den Touren teil, die Christof für uns ausgetüftelt hatte. So ging es hindurch zwischen roten Porphyrfelsen und alten Korkeichen, über Stock und Stein, durch ausgetrocknete Bachbetten und manchmal auch über sämtlich die Kräuter der Provence hinweg, auf unzähligen Singletrails und Forstwegen bergauf und bergab, bis alle Waden geputzt und auch das letzte Trikot durchgeschwitzt war. 26 Leute, fünf – zum Glück glimpfliche – Stürze und vier Reifenpannen auf einer Ausfahrt – das muss unserem Christof erst mal einer nachmachen!

Aber auch ohne Mountainbike läßt sich das Esterel-Gebirge genießen. Wir entschieden uns für eine Wanderung vom Parkplatz am Col-Belle-Barbe, der wenige Kilometer nördlich von Agay liegt, durch das Ende Mai noch ziemlich grüne Tal des Mal-Infernet bis zu einem kleinen Stausee, dem Lac de l´Ecureuile. Der war zwar wegen einer gebrochenen Staumauer ausgelaufen doch gab´s dafür auf dem Rückweg über die Hügel oberhalb des Tales noch wunderschöne Fernblicke und Kiefernduft als Zulage.

Peinlich: BBC kennt Deutsche Nationalhyme nicht

Aua, aua, aua: Die von mir so hoch geschätzte BBC leistet sich einen peinlichen Ausrutscher in ihrer ansonsten hervorragenden Berichterstattung zur Fußball-Weltmeisterschaft:

Zum Auftakt des gestrigen Fußballspiels Deutschland gegen England wurden dort beide Nationalhymnen wieder gegeben. Schön und gut, sollte man meinen. Doch leider hatte das Team unter der Leitung von Moderator Jonathan Stevenson die erste Strophe der Deutschen Nationalhymne online gestellt – und wie hier jedes Kind weiß, wird von unserer Nationalhymne nun einmal seit Jahrzehnten nur noch die dritte Strophe gesungen. Und das aus gutem Grund. Die erste Strophe nämlich ist die mit dem Spruch, dass wir die größten seien und die heutzutage oberpeinliche Ansage des Grenzverlaufs als

Von der Maas bis an die Memel,
Von der Etsch bis an den Belt

Ihr glaubt nicht, dass der altehrwürdigen BBC so etwas passieren kann? Hier ist der Beweis:

Erst wollte ich eine empörte SMS schicken und den Kollegen erklären, dass jeder deutsche Moderator, der sich solch einen Flop leistet, ruck-zuck seinen Job los wäre. Aber andererseits leiden die Engländer ja schon genug unter dem gestrigen Ergebnis.

Und für all diejenigen, die es immer noch nicht kapiert haben: Die erste Strophe des Deutschlandliedes, welche die BBC zitiert hat, war nur in den 12 Jahren des Dritten Reichs die offizielle deutsche Nationalhymne*. Anschließend wurde übrigens immer das Horst-Wessel-Lied gesungen. Wenigstens das haben uns aber die Herren von der BBC erspart.

Nachtrag: Ich hab´ die SMS dann doch noch geschickt, und kurz danach war der falsche Text aus dem Liveticker gelöscht. Der Moderator – das sei zu seiner Ehrenrettung gesagt, hatte seinen Fehler bemerkt und sich nach wenigen Minuten mit der Bemerkung entschuldigt, das sei keine böse Absicht gewesen. Dennoch blieb der Text bis zum Morgen nach dem Spiel stehen. Die Brisanz der „Nazi-Panne“ (so titelte kurz darauf das Schweizer Online-Magazin 20 Minuten), war den Sportreportern wohl entgangen und es bleibt zu hoffen, dass irgendwann alle unsere Freunde auf der Insel begreifen werden, dass der 2. Weltkrieg vorbei ist.

* Einige Kommentatoren haben mich darauf hingewiesen, dass die Nationalhymne bzw. deren Text – das Deutschlandlied – lange vor dem Dritten Reich geschrieben wurde. Das stimmt, es ist mir nicht erst seit gestern bekannt und das habe ich auch nicht behauptet. Dass allerdings im Dritten Reich 12 Jahre lang NUR die erste Strophe gesungen wurde und dass dies zweifellos geschah, um eine angebliche Überlegenheit des Deutschen Volkes über den Rest der Welt zu proklamieren, lässt sich nun einmal nicht leugnen. Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass die Nazis sich die erste Strophe zu eigen gemacht haben? Sicher hätte dies dem Schöpfer aller drei Strophen, Hoffmann von Fallersleben auch nicht gefallen, und – nein – ich wollte auch nicht behaupten dass Hoffmann von Fallersleben ein Nazi war. Lieber entschuldige ich mich hier für meine missverständliche Ausdrucksweise und verweise alle, die sich näher mit dem Thema beschäftigen wollen 1. auf den Kommentar unseres Schweizer Lesers Heinz (siehe unten) und 2. auf die Einträge der Wikipedia zum Lied der Deutschen bzw. zur Deutschen Nationalhymne.