Abenteuer Upgrade, Teil 2: Frust beim Formatieren

Dies ist der zweite Teil meines Erfahrungsberichtes mit dem neuen Aldi-PC, dem Medion Akoya E4360 D, der auch als MD 8338 verkauft wird. Er richtet sich an Leute, die so wie ich Daten und Programme möglichst schnell und effizient vom alten auf den neuen Rechner übertragen wollen. Gleichzeitig wechsele ich das Betriebssystem, und zwar von Windows XP auf Windows 7 (Vista habe ich übersprungen).

Meine Schilderung der Probleme, Lösungsversuche, Fehlschläge, aber auch Aha-Effekte und angenehmen Überraschungen bei diesem Unternehmen mögen all jenen helfen, die sich auf das gleiche Abenteuer einlassen. Aber aufgepasst: „Never change a running system“. Das soll heißen: Wer aktuell keine Computerprobleme hat, sollte sich glücklich schätzen und die Finger von dem Apparat lassen. Freaks, Geeks und Nerds, die schon alles über Computer wissen, können getrost auf die weitere Lektüre verzichten. Auch wird dies kein niveauvoller Essay und zum Lachen gibt es auch nichts, sondern es wird wieder einmal eher technisch-langweilig und ingenieursmäßig-problemorierentiert zugehen (Keine Sorge, meine Freunde, auch dies geht vorbei und in der kommenden Woche werde ich hoffentlich wieder über die angenehmen Seiten des Lebens berichten können).

In Teil 1 meines Erfahrungsberichtes habe ich die Ausgangssituation beschrieben, einen Testbericht zum Medion Akoya E4360 D (MD 8338) referiert, und die Vorarbeiten mit Datensicherung vom alten Rechner beschrieben. Den Zeitaufwand dafür habe ich protokolliert und bin noch vor dem ersten Einschalten des neuen Rechners auf 2 Stunden und 30 Minuten gekommen.

Ein zweiter Monitor gegen Stöpselitis

Noch während die Datensicherung auf dem alten Rechner läuft, schalte ich den neuen an, der mich fast lautlos mit seinen dezent-schönen blauen Lichtleisten begrüßt. Damit ich auch sehen kann, was der Aldi-PC mir zu sagen hat, muss ich vorher den Monitor umstöpseln. Monitor aus, Monitorkabel vom alten Rechner abziehen und beim neuen ´reinstecken, Monitor wieder anschalten. Und wieder zurück. Denn diese Handgriffe werde ich in den nächsten Stunden und Tagen immer wieder ausführen müssen, um bestimmte Einstellungen nachzuschauen und um nach Dateien zu stöbern, die trotz der aufwändigen Vorarbeiten beim Transfer verloren gingen oder die – auch das kann passieren – plötzlich nicht mehr lesbar sind. Wohl dem, der einen zweiten Monitor hat, sodass er die Geschehnisse auf beiden Rechnern im Auge behalten kann!

Ich tröste mich damit, dass im Lieferumfang des Medion Akoya E4360 D (alias MD 8338) sowohl eine leichtgägige PS/2 Tastatur als auch eine USB-Maus (inklusive Drehrad) enthalten sind – ansonsten würde ich wohl die Stöpselitis kriegen. „Dienste werden gestartet“, lese ich also mit freudiger Erwartung auf dem Bildschirm, dann ein viel versprechendes „Geräte werden installiert“ und einen Zähler der mir sagt: 10%, 38%, 47%.. Das sieht alles ziemlich gut aus und läuft wesentlich schneller als seinerzeit mit XP. Windows 7 wirkt dagegen irgendwie geschmeidiger und sammelt bei mir die ersten Pluspunkte. Sogar das Heimnetz erkennt der neue PC problemlos, er fragt nach dem Passwort für meinen W-LAN Router und – um es mit Boris Becker zu sagen: „Ich bin drin“.

Jetzt geht´s ans Eingemachte: Nicht nur die Daten, sondern auch die Einstellungen für die einzelnen Programme will ich umziehen. Und dabei geht es nicht nur um ein Lesezeichen für den Browser und eine Handvoll E-Mails, sondern um geschätzte 150 Programme, von der Bürosoftware Open Office über die Bildbearbeitung mit Photoshop, die Foto-Verwaltung mit iMatch, Musik- und Videoabspieler bis hin zu Dutzenden von Helferlein und Tools, die mir tagtäglich Zeit sparen helfen. Wo liegen die Dateien zum jeweiligen Programm, wo die Backups, wo steht meine Adresse, wo die Registriernummer? Schon unter Windows XP gab´s für den Umzug ein Werkzeug, den „Assistenten zum Übertragen von Dateien und Einstellungen“ und bei Windows 7 gibt es das auch. Allerdings hat man diesen Assistenten nicht nur weiter entwickelt, sondern dabei auch gleich umbenannt (damit in keiner findet?). Jetzt heißt das Teil Windows Easy-Transfer, und man findet es am schnellsten, wenn man das Start-Symbol links unten anklickt und in das Feld „Programme / Dateien durchsuchen eben diesen Namen eintippt. Ich wähle zunächst die Option „Netzwerk“ zur Datenübertragung, schließlich hängt der alter Rechner noch ´dran und vielleicht muss ich dann ja den Monitor etwas seltener umstöpseln.

Easy Transfer? Von wegen!

Mein neuer Rechner läuft jetzt seit einer knappen halben Stunde und schon erlebe ich die erste Enttäuschung mit Windows 7. Der Transfer der Einstellungen über das Netzwerk funktioniert nicht. Wäre ja auch zu schön gewesen. So kann ich meine Geringschätzung all dessen, wo „Microsoft“ ´drauf steht, erst mal bewahren (Erst im zweiten Anlauf hat´s geklappt. Wie erfahrt Ihr in Teil 3 meines Berichtes). Ich breche den Versuch ab und probiere, die Festplatte neu zu partitionieren. Auch dies ist Teil meiner „Umzugsstrategie“, denn ich will meine Daten auf dem neuen Rechner genau so organisieren, wie auf dem Alten. Dort habe ich Ordnung gehalten, indem ich die Programme alle auf das C-Laufwerk kopiert habe, meine Dokumente auf das Laufwerk D und für Mediendateien (Musik, Bilder, Videos) hatte ich ein weiteres Laufwerk eingerichtet und ihm den Buchstaben E zugewiesen. Diese Anordnung habe ich zur Sicherung auf mein externes Laufwerk kopiert und genau so möchte ich die Dateien von dort auf den neuen PC spielen. Der hat mit etwa 950 Gigabyte nutzbarem Speicher zwar fast doppelt so viel Platz wie der alte, doch ist dieser Platz beim Aldi-Rechner Medion Akoya E4360 D /MD 8338 anders aufgeteilt: Das Laufwerk C (Boot) hat 910 Gigabyte abgekriegt, Laufwerk D (Recover) weitere 20 und dann gibt es noch 100 Megabyte für „System reserved“ und einen Gigabyte ohne eigenen Namen, der in der Datenträgerverwaltung als „Fehlerfrei (OEM Partition)“ gekennzeichnet ist.

Um diese Aufteilung zu verändern, braucht man ein Programm zur Partionierung der Festplatte. Ich weiß, dass ich so ein Ding mal hatte; vermutlich liegt es auf dem alten Rechner. Soll ich also mal wieder den Monitor umstöpseln und nachschauen? Nein, das bringts nicht, überlege ich. Denn ich kann ein installiertes Programm ja nicht einfach irgendwo hin kopieren, sondern ich muss es neu installieren. Also brauche ich die Installationsdatei für ein Partionierungsprogramm, dessen Name ich nicht kenne. Ich durchwühle an die 50 CDs und DVDs mit nützlichen Programmen, die ich in den vergangenen Jahren als Beilagen aus Computerbild und ´ct entnommen habe, aber das verdammte Partionierungswerkzeug finde ich nicht. Die Uhr tickt und ich will doch eigentlich arbeiten und nicht meine Zeit mit dem Computer verplempern.

Datenträgerverwaltung gut versteckt und riskant

Nun hat Windows 7 auch ein „Partionierungsprogramm“, versteckt hinter bzw.enthalten in der Datenträgerverwaltung. Wer nun glaubt, er könne dieses Werkzeug finden, indem er die Suchfunktion von Windows 7 nutzt, der wird sich wundern. Wenn man nämlich das Start-Symbol links unten anklickt und in das Feld „Programme / Dateien durchsuchen“ den Begriff „Datenträgerverwaltung“ eingibt, findet man: Nichts! Auch das Suchwort „Partionieren“  brachte mich nicht weiter. Die Lösung: Man muss „formatieren“ schreiben oder auch „Festplatte“. Jetzt endlich verrät Windows 7, welches Programm man nutzen muss und blendet ein unter der Rubrik „Systemsteuerung“: „Festplattenpartionen erstellen und formatieren“. Ein Klick auf diesen Eintrag bringt uns endlich zur Datenträgerverwaltung, die jeden Versuch, etwas zu verändern mit bedrohlichen Meldungen quittiert, sodass ich schließlich entnervt aufgebe und auch das Vorhaben fallen lasse, die Festplatte so zu formatieren / partionieren, wie ICH das will. Am Abend des gleichen Tages verrät mir übrigens ein Freund in der Kneipe, dass er am Weihnachtsabend mit seinem neuen Windows 7-Rechner vor dem gleichen Problem stand, die Warnhinweise ignoriert hat und dafür bestraft wurde, indem er schlussendlich die gesamte Festplatte neu formatieren und sämtliche Programme neu aufspielen musste. Ein Blick in die einschlägigen Internetforen zeigt mir zudem, dass auch andere „Experten“ etliche Stunden verloren haben, weil sie sich nicht mit den Windows-Vorgaben abfinden wollten. Wieder einmal schießt mir der Gedanke durch den Kopf: Einen Apple müsste man haben!

Längst ist es draußen dunkel geworden. Der erste Tag mit meinem neuen Aldi-PC, dem Medion Akoya E4360 D (MD 8338) geht zu Ende. Knappe sechs Stunden haben mich bisher meine Versuche gekostet, die alten Daten und Einstellungen zu transferieren und von Anfang an Ordnung auf dem PC zu schaffen. Es ist mir nicht gelungen, diese Aufgabe mit dem Programm Windows-Easy Transfer über das Netzwerk zu lösen. Auch die Datenträgerverwaltung hat mich derart verunsichert, dass ich davon abgesehen habe, die Festplatte so aufteilen, wie ich es wollte. Das sind schon mal zwei dicke Minuspunkte für das „beste Windows aller Zeiten“. Habe ich einfach nur Pech gehabt, war ich zu dumm, waren meine Erwartungen zu hoch oder bin ich einfach zu ungeduldig? Noch ist es zu früh, diese Fragen zu beantworten. „Nur der Verlierer gibt auf“, hat mir der Betreuer meiner Diplomarbeit einst mit auf den Weg gegeben. Aber aufgeben werde ich noch lange nicht. Das Abenteuer Upgrade hat gerade erst begonnen und in Teil 3 meines Berichtes könnt Ihr nachlesen wie es weiterging und wie ich am Ende doch noch eine elegante Methode gefunden habe, um Dateien und Einstellungen zu übertragen.

Abenteuer Upgrade: Neuer PC, neues Betriebssystem

Lang, lang ist´s her, da hatte ich mir vorgenommen, auf diesem Blog gelegentlich auch ein paar Technik-Tipps zu veröffentlichen. Aber wer will schon wissen, wie ich mit dem mittlerweile acht Jahre alten Betriebssystem Windows XP zurecht komme? Und wen interessieren Berichte über meinen letzten Aldi-Rechner, dessen Garantie längst abgelaufen ist und der trotz mehrfacher Transplantation neuer Innereien allenfalls noch für Geduldsproben geeignet ist?

Aldi-Computer gekauft um 11:30

Doch ab heute ist alles anders. Endlich gehöre ich wieder zu den Pionieren des Fortschritts, zu denen, die mitreden können. Zu den „In-People“. Jawohl, Leute. Ich habe einen neuen PC. Den Medion Akoya E4360D. Der heißt auch MD 8338. Man könnte auch sagen: Der Neue von Aldi. Da ich ja offensichtlich nicht der einzige bin, der Aldi gut findet, gehe ich davon aus, dass derzeit einige Zehntausend Leute so wie ich vor dem Bildschirm sitzen und mit dem neuen Rechner kämpfen. Und ebenso wie ich werden die meisten mit dem Akoya E4360D / MD 8338 auch erstmals Windows 7 kennen lernen, das neue Betriebssystem von Microsoft.

In der Hoffnung, wenigstens einigen dieser Leute ein paar Tipps geben zu können habe mir deshalb vorgenommen, hier ausführlich über das „Abenteuer Upgrade“ zu berichten. Auch diejenigen, die eh´ schon alles wissen haben vielleicht ihren Spass daran, aus der Ferne meine wachsende Verzweiflung zu verfolgen, weil ich dies oder jenes nicht zum Laufen bringe, obwohl doch jeder Anfänger… Ich gönne Euch diesen Spass und vielleicht revanchiert Ihr Euch ja mit einigen Tipps auf den Kommentarseiten?

Spätestens jetzt sollte auch klar sein, dass dieser Blogeintrag nicht für Lyriker und Poeten geschrieben wurde, sondern für Technikfreunde, Geeks und Nerds. Übersetzung: Wer Computer doof findet, kann jetzt weiterklicken. Vor einer weiteren Entäuschung sei gewarnt: In folgenden Text wird es weder um Sex gehen, noch um Gewalt. Es sei denn natürlich, dass mich der Umzug meiner 60000 Dokumente, meiner 20000 Bilder und ebensovieler mp3-Dateien sowie geschätzter 100 Programme  wieder an den Rand des Wahnsinns bringt. Ich sage „wieder“, weil ich vor zwei Jahren schon einmal an diesem Punkt war. Ich wollte einen neuen Computer kaufen und auf ein neues Betriebssystem updaten. Nach zwei Tagen verbissener Konfigurationsversuche, nach Dutzenden vergeblicher Anläufe zur perfekten Anpassung der System- und Netzeinstellungen, und vor allem weil ich Vista und das Windows Media Center total blöd fand, war ich dann am Rande des Nervenzusammenbruchs. Völlig frustriert habe ich das Teil damals zu Aldi zurück gebracht. Man hat mir dort zwar ohne wenn und aber meinen Kaufpreis zurück erstattet, aber mein Selbstvertrauen hat schwer gelitten und es dauerte lange, bis diese Wunde verheilt war 😉

Diesmal aber wird alles anders. Schließlich soll Windows 7 ja gaaaannz toll sein und auch der Medion Akoya E4360D / MD 8338 hat vorab gute Noten bekommen. Außerdem bin ich für einen Apple leider immer noch zu arm. Jedenfalls habe ich bei Computerbild.de einen Test zum neuen Aldi-Rechner gelesen, der dem 499 Euro-Teil bescheinigt, ein „empfehlenswertes Schnäppchen“ zu sein. Die Gesamtnote gut (1,90) bekam er für

  • Sehr hohe Arbeits und Spielegeschwindigkeit (Zweikern-Prozessor mit einer Taktfrequenz von 2,93 Gigahertz)
  • Sehr große Festplatte (954 Gigabyte nutzbaren Speicher)
  • Viele Anschlüsse, und dafür, dass er
  • „Leise“ ist.

Genauer sind es 1,2 Sone und obwohl ich nicht weiß, was ein Sone ist, kann ich bestätigen, dass von unter dem Schreibtisch nicht einmal ein laues Lüftchen an meine Ohren dringt. Bemängelt wird von Computerbild.de lediglich, dass der Rechner keine TV-Karte hat. Aber das kommt mir gerade recht, schließlich bin ich dabei, mich von der GEZ zu verabschieden, weil ich keinen Bock mehr habe, für Parteisender 200 Euro im Jahr zu zahlen. Aber das ist eine andere Geschichte…

Bei Aldi habe ich jedenfalls um 11:30 am ersten Verkaufstag des Akoya E4360D gerade noch die letzte Kiste gekriegt und zusammen mit Milch, Multivitaminsaft, Eiern, Nutoka und anderen Kraftspendern nach Hause getragen, denn ich wollte mich wappnen für einen langen Tag. Los geht es mit dem Umzug der alten Daten auf den neuen Computer. Wie schon angedeutet geht es dabei nicht um eine Handvoll Musikstücke und ein Dutzend Texte. Vielmehr schleppe ich mit meinem Buchhaltertick so ziemlich alle „nützlichen“ Daten durch mein Leben, die ich bisher am Computer erzeugt habe. Und da mein erster Computer ein IBM XT aus dem Büro meines Vaters war (mit grünlich schimmerndem Monitor und einer 20 Megabyte-Festplatte, von der der Verkäufer behauptete: „Die kriegen sie nieeee vollgeschrieben“), und da ich außerdem seit gut 20 Jahren mein Geld als Journalist für Medizin & Wissenschaft verdiene, kommt da so einiges zusammen.

11:45 – Erst mal die alten Daten sichern

Wie also die Daten vom alten auf den neuen PC kriegen? Ich nutze dafür eine externe Festplatte. Nicht besonders originell, aber doch relativ zuverlässig. Meine Daten habe ich bisher mit dem (nicht mehr verfügbaren) SyncToy gesichert, einem netten kleinen Freeware-Programm, das die Inhalte verschiedener Geräte bzw. Ordner miteinander vergleichen kann und dann je nach Wunsch fehlendes von der einen Seite zur anderen kopiert. Weil ich SyncToy auch mehr oder weniger regelmäßig für meine Sicherungskopien benutze, dauert es nur wenige Minuten, bis das nützliche Tool die neuen, noch nicht gesicherten und die veränderten bzw. gelöschten Dateien ermittelt hat und die entsprechenden Veränderungen auf meiner externen Festplatte vorgenommen hat. Zwanzig Minuten dauert die Aktion – na gut 30, weil ich in letzter Minute noch 10 Gigabyte an Videos entdeckt habe. Die erreichen gerade noch so die Grenze zum Aufbewahrungswerten, also kopier ich sie hinüber.

In der Zwischenzeit packe ich den Neuen schon mal aus, schnuppere an den beigelegten Recovery Discs mit Windows 7 Home Premium sowohl im 32- als auch im 64 Bit-Format. Neben einer kleinen Übersichtskarte, auf der sämtliche Bedienungselemente und Anschlüße des Medion Akoya E4360 / MD 8338 klar gekennzeichnet sind, liegt dem Packer noch eine ca. 100 Seiten starke, deutsche Bedienungsanleitung bei, die verständlich geschrieben ist und sich auf die wichtigen Dinge konzentriert. Mit 30 Jahren PC-Erfahrung fällt es mir schwer zu beurteilen, wie ein Anfänger damit klar käme, aber wer schon mal einen Computer hatte, ist hiermit sicher gut bedient.

Also gut: Die Medien-Dateien aus meinem alten Laufwerk D (Musik, Bilder, Videos) und die Informationen (Texte unterschiedlichster Formate, Adressbücher, Outlook-Dateien, gescannte Dokumente etc.) aus Laufwerk E liegen jetzt auf der externen Festplatte. Leider haben jedoch viele Programme die blöde Angewohnheit, bestimmte Einstellungen, wie Pfadinformationen, die Lesezeichen des Browsers, Nutzerdaten / Adressen, Wörterbücher usw. auf dem C-Laufwerk  zu verstecken. Diese Informationen, die man mitunter über Jahre hinweg mühsam gesammelt hat, gingen verloren, wenn man die zugehörigen Programme einfach auf den neuen Rechner spielt. Deshalb mache ich – mit Acronis True Image – auch noch eine Kopie des gesamten C-Laufwerkes, die ebenfalls auf dem externen Laufwerk abgelegt wird. Zur Not müsste ich dann wieder herankommen an all den Kleinkram, der sich vor allem in Verzeichnissen wie „Dokumente und Einstellungen / Besitzer / Eigene Dateien“ angesammelt hat (aber leider nicht nur dort).

Nicht vergessen: Einstellungen & Co. auf C:

Während der zwei Stunden, die Acronis vor sich hintuckert, mache ich mir einen „Schlachtplan“, welche Programme ich auf dem neuen Rechner wirklich brauche und in welcher Reihenfolge die Installation sinnvollerweise erfolgen sollte. Dies ist ein guter Zeitpunkt, um all den Schmäh hinter sich zu lassen, von dem man schon längst vergessen hat, wozu er einstmals überhaupt gebraucht wurde (Erfahren sie in einer der nächsten Folgen von „Abenteuer Upgrade“, welche Programme für mich die wichtigsten sind und welche Überraschungen ich bei deren Mitnahme auf den neuen Rechner erlebt habe). Ein Tipp noch, bevor wir uns genauer mit dem neuen Rechner beschäftigen: Sammeln Sie systematisch ihre Benutzernamen, Passworte, Registrierungs- und Kundennummern. Wer sicher sein will, dass er nichts vergisst ruft dazu nicht nur alle Programme auf, die sich auf dem Desktop befinden, sondern überprüft auch im Startmenü alle Einträge und startet jene Programme, die nicht im Laufe der Zeit überflüssig geworden sind. Mein Computer ist gut gepflegt und dennoch staune ich immer wieder, wieviel Schrott sich hier ansammelt.

Viele Infos zu Euren privaten Kenndaten finden sich im Menü Hilfe / Info oder ihr sucht in den Optionen und Einstellungen. Stellt Euch schon ´mal darauf ein, dass hierfür einige Stunden auf der Strecke bleiben – oder riskiert es einfach, diesen Schritt zu überspringen, Euch hinterher bei allen möglichen Diensten neu anmelden zu müssen, oder sogar an Eure alten Daten nicht mehr heran zu kommen. Falls es Euch tröstet: Meine Liste an Benutzernamen und Passwörtern ist mittlerweile vier Seiten lang. Ich habe sie ausgedruckt und gebe sie während der bangen Zeit des Überganges nicht aus der Hand. Anschließend wird alles verbrannt oder aufgegessen.

Jetzt endlich ist es Zeit, das neue Gerät anzuschließen und mir genauer anzuschauen, was er taugt, der Medion Akoya E4360 D alias MD 8338. Die nächsten Tage werden spannend und wer dabei sein will, sollte einfach bald wieder vorbei schauen.

Buchtipp: Von der Schönheit des Guten

Etwa 80000 neue Bücher erscheinen jedes Jahr in Deutschland – und die meisten davon braucht kein Mensch. Ich denke, dies ist ein guter Grund, auf einen Klassiker hinzuweisen: Die  „Gedankensammlung“ des 1882 verstorbenen Amerikaners Ralph Waldo Emerson, die unter dem Titel „Von der Schönheit des Guten“ erschienen ist. Wahrscheinlich hätte der Autor schon wegen seines „komischen“ Namens keine Chance, sich heute Gehör zu verschaffen. Niemand würde den ehemaligen Wanderprediger in eine Talkshow einladen. Unter den Marktschreiern und Eso-Päpsten unserer Zeit würde der Non-Konformist eingehen wie eine Primel.

Ralph Waldo Emerson: „Wer ein Mensch sein will, der muss Nonkonformist sein“

Emerson hat nie die große Bühne der Welt betreten, sein Leben hatte nichts Romanhaftes und nichts Romatisches, warnt sein Biograph Egon Friedell bereits im Vorwort des schmalen Bandes. „Die Grundeigenschaft, die Emerson als Mensch wie als Schriftsteller in gleichem Maße kennzeichnete, war eine ungeheure Selbstverständlichkeit, zu der alle aufregenden, auffallenden und überraschenden Züge nicht passen wollen“, schreibt Friedell. Emersons Leben sei im Gegensatz zu dem der meisten Menschen frei gewesen von Sprüngen, Rissen, unorganischen Beimengungen und Gewolltheiten, erfahren wir.  Und dass er seine natürlichen Lebensbedingungen begierig aufgesucht habe, statt wie der Rest danach zu streben, sie willkürlich zu verändern. „Sein Leben floß mit der einfachen und ausgeglichenen Richtkraft eines Stromes dahin, der sich selbst sein Bett gräbt und durch die natürlichen Fallgesetze seinen Lauf bestimmt.“

Mich hat der 1882 verstorbene Emerson denn auch nicht mit seinen Taten beeindruckt, sondern mit seinen Gedanken, die kurzen Tagebuchnotizen entstammen und die mitunter als die „intellektuelle Unabhängigkeitserklärung Amerikas“ gepriesen werden. Dabei ist die lockere Form der Darstellung stark beeinflusst von einem anderen Querdenker, dem „Erfinder“ des Essays, Michel de Montaigne.

Wie Montaigne hat auch Emerson seine Gedanken bestimmten Themen zugeordnet. So schreibt er über Kunst und Kultur, Natur und Gesellschaft, Arbeit und Wohlstand, Liebe und Schönheit,  Erfahrung und Erfolg, Freundschaft und Schicksal. Er denkt nach über Intellekt und Illusion, über Mut und Selbstständigkeit, über Frömmigkeit oder das Alter. Und er verrät uns seine Meinung über berühmte Zeitgenossen wie Goethe und Napoleon, ebenso wie über verstorbene „große Männer“, von Plato über Shakespeare bis zu Montaigne.

Nicht jede Meinung Emersons muss man teilen. Und mehr noch als die antiquierte Sprache verhindert die enorme Dichte der Ideen die schnelle Lektüre an einem verregneten Sonntag-Nachmittag. Doch wer bereit ist, diese kleinen Hürden zu überspringen, wird dafür mit jeder Menge tiefer Einsichten und Inspirationen belohnt. Meine Ausgabe des Buches habe ich mit zahlreichen Markierungen und Randnotizen versehen. „Von der Schönheit des Guten“ ist ein Buch zum Mitdenken und es zählt sicher zu den wenigen Werken, die mir das Gefühl geben: Einmal lesen ist nicht genug.

Gut möglich auch, dass Überlegungen, die mir wenig einleuchtend erschienen, anderen Lesern umso mehr Gewinn bringen (oder dass sie die eine oder andere Passage verstehen, die mir zu hoch erschien…). Warum ich „Von der Schönheit des Guten“ zu meinen Lieblingsbüchern zähle, wird hoffentlich durch die folgenden Zitate klar. Sie sind eine kleine Auswahl jener Passagen, die ich mir dick angestrichen habe. Und wer darin nichts Besonders finden kann, mag getrost auf die Lektüre verzichten.

Der Schöpfer des guten Buches ist der gute Leser. Ein guter Kopf wird nichts nutzlos lesen: in jedem Buche findet er vertrauliche Mitteilungen und Seitenbemerkungen, die allen anderen verborgen bleiben und die zweifellos nur für sein Ohr bestimmt sind…

Jedes Schiff ist ein romantischer Gegenstand, solange wir nicht darin sitzen. Steige hinein, und die Romantik flieht dein Fahrzeug und hängt sich an das Segel des nächsten Schiffes. Unser Leben erscheint uns trivial, und wir scheuen die Erinnerung daran. Der Mensch scheint vom Horizont gelernt zu haben, der auch die Kunst besitzt, immer zurückzuweichen und sich immer auf andere zu beziehen.

Es ist eine Täuschung, wenn man glaubt, daß die gegenwärtige Stunde nicht die kritische, die entscheidende Stunde sei. Schreibe es in dein Herz, daß jeder Tag der beste Tag des Jahres ist. Niemand hat vom Leben etwas ordentliches gelernt, solange er nicht weiß, daß jeder Tag Gerichtstag ist… Der allein ist reich, dem der Tag gehört.

… es gibt keinen Menschen, der nicht seinen Lastern zu Dank verpflichtet wäre, wie es keine Pflanze gibt, die sich nicht von Dünger nährte. Wir wollen nur eines: daß der Mensch sich veredle, und daß die Pflanze wachse und den Mist in schöne Blüten verwandle.

Der Verstand kann sich gerade so wenig selbsttätig entleeren, wie es eine Holzkiste kann. Der Wunsch, uns beim Sprechen den Bedürfnissen eines anderen anzupassen, kürt unseren eigenen Geist. Eine bestimmte Wahrheit hat von uns Besitz ergriffen und ringt mit allen möglichen Mitteln danach, sich zum Ausdruck zu bringen. Jedesmal, wenn wir etwas gesprächsweise von uns geben, vollbringen wir eine mechanische Arbeit, indem wir es leicht und handlich weiterbefördern. Ich schätze die mechanischen Leistungen des Gesprächs. Ein Gespräch ist Flaschenzug, Hebel und Schraube.

Andere Gedanken erschienen mir zunächst als Binsenwahrheiten, deren Tiefe sich erst bei einem kurzen Innehalten offenbarte. Ein Beispiel:

Alles Gute liegt auf der goldenen Mittelstraße. Die mittleren Regionen unseres Lebens sind die gemäßigten Zonen. Wir können in die dünne und kalte Luft der reinen Geometrie und der leblosen Wissenschaft klettern, und wir können in die Welt der Sinne herabsinken. Zwischen diesen beiden Extremen liegt der Äquator des Lebens, des Gedankens, des Geistes, der Poesie – ein schmaler Gürtel.

Als gelernter Naturwissenschaftler, Skeptiker und bekennender Gegner jeder Art von Eso-Quatsch, hat mir der folgende Ausspruch gut gefallen:

Flache Menschen glauben an Glück, glauben an äußere Umstände: irgend ein Name war schuld, oder man hätte damals gerade woanders sein sollen, oder es  war damals so und an einem anderen Tag wäre es anders gewesen. Starke Menschen glauben an Ursache und Wirkung.

Jeder kennt sie. Die Nervensägen, Idioten und Blödmänner (im badischen heißen sie Dappschädel), die uns an den Rand des Wahnsinns treiben. Aber wer hätte schon jemals eine ähnlich tolle Beschreibung dieser Charaktere geliefert, wie Emerson?

Die Stupidität eines einzigen verdrehten Gehirns kann die besten Köpfe außer Rand und Band bringen, denn wir müssen ja mit seiner Albernheit kämpfen. Aber der Widerstand bringt den bösen Narren noch mehr in Saft, denn er glaubt, daß Natur und Schwerkraft völlig unrecht haben und nur er allein recht hat… Es ist wie in einem Boot, das zu kentern droht, oder in einem Wagen, an dem die Pferde scheu geworden sind: – nicht nur der verrückte Pilot oder Kutscher, sondern jeder Insasse ist gezwungen, die lächerlichsten und absonderlichsten Stellungen einzunehmen, um das Fahrzeug im Gleichgewicht zu halten und das Umstürzen zu verhindern. Wie sollten wir mit Leuten auskommen können, die nicht zu uns passen? Wenn wir mit ihnen zusammen bleiben, so ist der größte Teil unseres Lebens vergeudet, und unsere Erfahrung kann uns kaum etwas Besseres hierüber lehren, als unser erster Instinkt der Selbstverteidigung, nämlich: uns nicht mit ihnen einzulassen, uns in keiner Weise mit ihnen abzugeben, sondern ihrem Wahnsinn ruhig sein Lauf zu lassen.

Oder, aus aktuellem Anlaß:

… Wenn alle Menschen sich ausschließlich dem Bezahlen von Rechnungen widmen wollten, wäre das nicht eine Ungerechtigkeit? Hat man keine anderen Schulden als Geldschulden, und müssen alle übrigen Ansprüche hinter den Forderungen eines Wirtes oder eines Bankiers zurückstehen?

Bei gesunden wirtschaftlichen Verhältnissen fließt das Eigentum von selbst von den Faulen und Unfähigen zu dem Emsigen, Tapferen und Ausdauernden.

Solange unsere Zivilsation in der Hauptsache sich auf Eigentumsrechte, auf Einzäumungen und Absperrungen stützt, wird sie immer das Opfer von Enttäuschungen sein.

Nicht alles scheint mir frei von Widersprüchen, doch selbst die Selbstzweifel, die Emerson durchscheinen lässt, bereichern die Lektüre:

Obwohl diese ewige Geschwätzigkeit im Ratgeben uns angeboren ist, so muß ich dennoch gestehen, daß wir aus dem Leben mehr Verwunderung als Belehrung ziehen. Es greift soviel Schicksal, soviel unüberwindliche Macht des Temperamentes und unbekannter Eingebung in unser Leben ein, daß es zweifelhaft erscheint, ob wir aus unserer eigenen Erfahrung irgend etwas sagen können, womit einem anderen gedient ist…

Das hält den Dichter aber nicht davon ab, uns zu raten:

Hänge kein trauriges Bild an deine Wand und beflecke deine Reden nicht mit schwarzer Schwermut. Sei kein Zyniker und kein Prediger der Trostlosigkeit. Jammere und wehklage nicht. Lasse alle verneinenden Reden. Belebe uns durch unaufhörliches Bejahen. Erschöpfe  dich nicht in Kritteleien und kläffe nicht gegen das Schlechte, sondern erzähle uns von der Schönheit des Guten.

Das ist ein guter Ratschlag, finde ich. Und die gute Nachricht ist, dass man für das Taschenbuch keine zehn Euro ausgeben muss, zum Beispiel hier, bei meinem Werbepartner Amazon.

Was geht im World-Wide-Web:

Gary Hayes, ist nicht nur Direktor des Australischen Labors für Fortgeschrittene Medienproduktion, LAMP, sondern auch eine Art Hans-Dampf-in-allen-Gassen, was Soziale Medien angeht. Durch einen Tweet wurde ich auf ein nettes Spielzeug aufmerksam, welches Hayes auf seinem Blog allen Besuchern kostenlos zur Verfügung stellt. Der folgende Zähler zeigt Euch, was derzeit alles passiert im Internet und vor allem, wie schnell es passiert. Ich fand´s einfach cool und habe Garys Social Media Counter deshalb hier eingebaut:

Übrigens: Wenn ihr rechts oben auf den roten Schriftzug „mobile“ klickt, seht Ihr ähnlich beeindruckende Statistiken über Mobiltelephone und bei dem gelb markierten „games“ gibt´s Informationen zu Online-Spielen und ähnlichem Zeitvertreib. Direkt darunter kann man auch Statistiken für das vergangene Jahr, den letzten Monat oder die vorige Woche abrufen.

Den Trend, sich immer mehr Informationen aus dem Internet zu holen, belegt auch folgende Meldung, die ich aufgeschnappt habe: Wie das Unternehmen Cision berichtet, recherchieren mittlerweile 89 Prozent der US-Journalisten in Blogs und 65 Prozent nutzen soziale Netzwerke wie Facebook oder LinkedIn. Cision ist nach eigenen Angaben der „weltweit führende Dienstleister für Medienmonitoring“ und hat diese Zahlen in einer Umfrage herausgefunden, bei der zusammen mit Wissenschaftlern der George Washington Universität Fragebögen an mehr als 9000 Journalisten verschickt wurden.

Und zu guter Letzt möchte ich noch vermelden, dass auch das von mir wegen seiner Qualität geschätzte Deutschlandradio einen neuen Internetsender aufgemacht hat, diesmal zum Thema Wissen. Leider kann ich mich darüber nicht so richtig freuen, denn dieser Sender macht mir und meiner Webseite Simmformation Konkurrenz. Ich habe ihn nicht gewollt und ich muss ihn trotzdem mit meinen Gebühren mitfinanzieren. Das Geld für meine Webseiten muss ich dagegen selbst aufbringen. Das ist nicht fair. Nebenbei bemerkt: Bei mir haben Politiker wie Roland Koch keinen Einfluss.

Über Wein – Versuch einer Verführung

Ok, ich gebe es zu. Ich hatte ´mal wieder einen Rückfall. Eigentlich wollte ich nämlich erst mal keine neuen Weine mehr kaufen. Wegen der miesen Geschäftslage, der stagnierenden Wirtschaft und weil mein Geld ja eigentlich gebraucht wird, um die Not leidenden Banken zu unterstützen. Aber dann habe ich mir gedacht: Wer weiß, ob es nächstes Jahr noch Wein zu kaufen gibt? Und außerdem: Das Leben ist zu kurz für schlechten Wein und billigen Whisky. Wahrscheinlich ist das Geld in einigen Kisten Großer Gewächse ohnehin besser angelegt als bei 0,5 Prozent Zinsen auf dem Festgeldkonto. Kurzum: Wenn es um Ausreden geht, Wein zu kaufen, fällt mir immer ´was ein.

Vorfreude auf einen tollen Jahrgang: Michel mit Spätburgunder 2003

Also habe ich mich wieder zu einer Einkaufstour hinreißen lassen von der neuesten Ausgabe des Gault-Millau WeinGuide Deutschland und von meinem Lieblings-Weinhändler Pinard de Picard. Während der knapp 900 Seiten starke Schmöker längst zur Bibel für Weinfreunde geworden ist, sind die Geschäftsführer von Pinard de Picard zu Hohepriestern des Genusses aufgestiegen. Mit ihren Lobgesängen auf edle Tropfen und eigensinnige Winzer sorgen Tino Seiwert, Martin Lehnen und Ralf Zimmermann bei mir für feuchte Augen und zerballern ein ums andere Mal meinen Vorsatz, erst dann wieder einzukaufen, wenn die Vorräte zu Neige gehen.

Hier eine kleine Kostprobe zum „Schloßböckelheimer Felsenberg“, einem Großen Gewächs von Tim Schäfer-Fröhlich, der wiederum von GaultMilleau gerade zum „Winzer des Jahres“ gekürt wurde.: „Bei aller inneren Dichte und Urgewalt halten eine gebirgsquellklare Frucht (zurzeit dominieren gelbe Steinfrüchte), eine – noch beißende –, salzige, irre Mineralität und eine kristalline Frische diesen famosen Riesling in einem unsichtbaren Gravitationsfeld fest wie die Sonne ihre Planeten. Das ist urwüchsige Kraft ohne Schwere, laserstrahlartig gebündelte Energie! Aber auch eine lustvolle Opulenz! Und welch kühle Frische, die zärtlich die Zunge ummantelt, eingebettet in eine cremige, saftige Textur…“

Mann. Auch ich liebe Rieslinge, aber so rede ich ja nicht einmal über meine Freundin 😉

Jedenfalls schien es mir wieder einmal höchste Zeit, Vorsorge zu treffen für die langen Winterabende und um meine Freunde nicht zu enttäuschen, die immer gerne zu Besuch kommen. Außerdem brauche ich Wein für die Kochabende mit meinen Männerfreunden, damit ich trotz meines mangelnden Talents am Herd dabei sein darf. Wein kann ein abendfüllendes Gesprächsthema sein. Weinproben erweitern den Horizont, sei es beim Winzer oder wie in meiner Wahlheimat Offenburg in Form von Seminaren an der Volkshochschule (!). Und wenn ich selbst eingeladen bin macht es mir immer wieder großen Spaß, das Weltbild jener Leute ins Wanken zu bringen, die ernsthaft versichern einen gaaannz tollen Wein bei Lidl entdeckt zu haben – für € 2,99! Klar gibt es auch in Supermärkten tolle Weine und manchmal auch richtig günstige Angebote. Aber wer den hiesigen Winzern auch nur gelegentlich bei der Arbeit zuschaut, und wer sich ein wenig mit der Kunst des Weinbaus beschäftigt hat, kann doch nicht ernsthaft erwarten, für eine ordentliche Flasche weniger zu zahlen, als für ein Kilo Trauben auf dem Wochenmarkt oder für eine Dose „Red Bull“ an der Tankstelle.

„Aber das ist ja alles sooo kompliziert“, höre ich immer wieder als Antwort auf meine Versuche, anderen die Liebe zum Rebensaft zu vermitteln. Doch man muss ja nicht aus allem eine Wissenschaft machen. Ein gleichermaßen schönes wie hilfreiches Buch für Einsteiger ist zum Beispiel der „Weinkurs“ von Fiona Beckett. Das reich bebilderte Werk hilft, „Ihren“ Wein zu finden. Ob Frische oder Reife, Frucht oder Holz den Gaumen mehr erfreuen, kann man meist schon vor dem Öffnen der ersten Flasche erahnen. Im zweiten Schritt nutzt Beckett dann als Orientierungshilfe den Aromakreis, der sehr anschaulich darstellt, welche Geschmäcker und Gerüche im Wein vorkommen können und welche für die verschiedenen Rebsorten typisch sind. Ob Zitrus oder Feuerstein, Pfeffer, Honig oder Dutzende anderer Aromen – es hilft enorm zu wissen, was einem da womöglich alles in die Nase steigt.

Warum Wein so schmeckt wie er schmeckt, erläutert Beckett ebenso einleuchtend wie Fragen zur Auswahl im Restaurant, wie man seine Tröpfchen optimal lagert und stilvoll serviert, oder welcher Wein zu welchem Essen passt. Auf ihrer – englischsprachigen – Webseite „Matching Food and Wine“ bietet die britische Gastrokritikerin auch Hilfe bei Zweifelsfällen wie z.B. indischen Speisen, wo andere per Google gefundene „Experten“ mit ihren Statements nur Verwirrung stiften (Grauburgunder wäre richtig gewesen – wer hätte das gedacht?).

Noch einen weiteren Verbündeten im Kampf für mehr guten Geschmack möchte ich empfehlen: Kurt Gibel mit seiner genialen Fibel „Weine degustieren, leicht und spielend„. Hier lernt man die Kunst der Weinverkostung statt mit grauer Theorie vor allem anhand sinnlicher Zeichnungen auf den ausklappbaren Buchdeckeln. Sie leiten an, der Reihe nach Eigenschaften wie Transparenz und Oberfläche, Farbe und Intensität sowie natürlich den ganzen Strauß von Aromen zu erkunden.  Auch wenn Sie gestern noch sprachlos ins Glas geschaut haben, werden Sie sich wundern, wie schnell man sich ein Urteil über Harmonie und Charakter eines Weines bilden kann. Und zu Weihnachten – das wäre meine Hoffnung – werden Sie dann selbst schon ein paar Flaschen auf den Tisch stellen, den Korken ziehen, das Glas füllen und seelig-besinnlich Ingwer-, Zimt- oder Muskatdüfte orten in dem körperreichen, aber harmonischen Roten der da den Gaumen umschmeichelt…

P.S.: Wer wissen will, was ich denn nun eigentlich eingekauft habe, und welche Weine und Winzer ich besonders empfehlen kann, muss sich noch ein wenig gedulden. Vorab und exklusiv habe ich darüber per Rundmail zunächst meine Freunde informiert, in der Hoffnung, dass auch die sich einige der feinen Tropfen in den Keller legen (und mir bei meinem nächsten Besuch servieren). Wäre ja auch zu blöd, wenn meine Predigt am Ende dazu führt, dass meine liebsten Winzer ausverkauft sind, bevor mein Eigenbedarf gedeckt ist 😉

Chicago: Alles eine Nummer größer

Eigentlich habe ich für meine Reiseberichte die Rubrik „Unterwegs“ eingerichtet, doch dieser Trip war zu sehr Business und zu wenig Sight-Seeing, als ich dass ich daraus kluge Ratschläge schneidern könnte. Sechs Tage war ich in der „Windy City“ mit ihren rund neun Millionen Einwohnern, aber gefühlte fünfeinhalb davon habe ich in den Hallen des gigantischen McCormick Place verbracht, um heraus zu finden, was über 30000 Hirnforscher im vergangenen Jahr so alles entdeckt haben (Die Berichte dazu erscheinen nach und nach auf meiner geschäftlichen Webseite unter dem Stichwort „Society for Neuroscience“).

Tatsächlich war ich vor schlappen 27 Jahren mit einigen Freunden schon einmal hier gewesen. Doch da wir uns damals in den Kopf gesetzt hatten, binnen zehn Wochen ALLE Sehenswürdigkeiten der USA zu besichtigen, und weil wir überdies in einen üblen Feierabendverkehr gerieten, blieben uns für die drittgrößte Stadt des Landes nur lächerliche sechs Stunden. Das war genug, um das John G. Shedd Aquarium zu besuchen, für das wir vier Dollar zahlten (heute $ 25) und an das ich Null Erinnerung habe, obwohl es damals das größte Aquarium der Welt war 🙁

Dumm gelaufen, nix gesehen: Der Sears Tower im Nebel (Foto via Wikipedia)
Dumm gelaufen, nix gesehen: Der Sears Tower im Nebel (Foto via Wikipedia)

Ein Steak mit Salat und Riesen-Ofenkartoffel kostete  $ 3,50 – auch das ist Vergangenheit. Die Hauptattraktion war indes der Sears Tower, mit 110 Stockwerken und 443 Metern seinerzeit das höchste Haus der Welt. Schade nur, dass wir oben in den Wolken steckten und statt grandioser Aussicht nur gefühlte Höhe blieb 🙁 Seit Juli heißt der Sears Tower übrigens Willis Tower, weil der Versicherungsmakler Willis Group Holdings mit Sitz in London für den Namen mehr Geld zu zahlen bereit war, als die Kaufhauskette Sears. Die nannte den Namenswechsel übrigens „traurig“ (Danke, Wikipedia – ohne Dich wäre ich sowas von blöd).

Fast alles was ich sonst noch über Chicago wusste, habe ich dem Kultfilm „Blues Brothers“ zu verdanken. Wer ihn gesehen hat, weiß Bescheid, die anderen sind selbst schuld, denn sie haben unter anderem reihenweise Gastauftritte berühmter Blues- und Soulstars verpasst sowie die wohl noch immer beste Autoverfolgungsjagd der Filmgeschichte. Die innerstädtische Hochbahn, unter deren Stahlträgern diese Verfolgungsjagd zum Teil statt findet, steht noch immer und bildet zusammen mit den Metra Commuter Trains und ungezählten Buslinien ein sehr gut ausgebautes Nahverkehrssystem. Wer will kann aber auch mit dem Mietwagen die Stadtautobahn entlang des Lake Michigan fahren, kilometerweit durch dreispurige Tunnelsysteme navigieren oder sich durch das Einbahnstraßensystem im Zentrum kämpfen, wo die Parkgebühren während der Hauptgeschäftszeiten schon mal 14 Dollar erreichen können – für eine halbe Stunde!

Sehenswürdigkeiten gibt es zuhauf und nicht gesehen habe ich das Adler-Planetarium, das Art Insitute of Chicago und das Field Museum of Natural History, um nur mal drei High-Lights zu nennen, die ich mir für den nächsten Besuch vorgenommen habe.

Wer auf Hochhäuser steht, riskiert hier einen schiefen Hals. An all den unterschiedlichen Gebäuden und Stilen konnte ich mich gar nicht satt sehen. Anscheinend gibt es hier keine strengen Bauverordnungen, die Architekten konnten sich so richtig austoben, die Bauherren wollten sich gegenseitig übertrumpfen und heraus kam ein ziemlich grandioser Mix aus Glasfassaden und Steintürmen in den verschiedensten Farben, mal mit und mal ohne Zinnen, Türmchen und anderem Zierat. Manch einem mögen die Fassaden bekommt vor kommen, und dies ist kein Zufall. Zwei Batman-Filme, nämlich Batman Begins und The Dark Night nutzten beide die Kulisse der Stadt.

Unter den Betonhaufen, den Stahltürmen und dem Asphalt gibt es — noch mehr Beton, Stahl und Asphalt. Zusammen mit gut 30000 Kongressteilnehmern konnte ich dies aus den Bussen heraus beobachten, für die man eine kilometerlange unterirdische Trasse zum McCormick Place gebaut hat. Dieses Veranstaltungszentrum bietet Platz für 100000 Menschen; man könnte aber auch ein paar Kirchen darin parken. Es gibt mehrere Autobahnanschlüsse, Zug- und Metrohaltestellen, Souvenirshops, überteuerte Pizza und einen integriertem McDonalds wo offensichtlich die Weltmeister im Schnellbraten und -verkaufen von Hamburgern arbeiten. Selbst zu den schlimmsten Stoßzeiten musste keiner länger warten als eine Viertel Stunde.

Zimperliche Vegetarier werden in Chicago weniger Spass haben als die Freunde saftiger Steaks, lauter Sportbars und voller Bierhumpen. Mein Tipp: Think globally, drink locally. In Chicago bedeutet das, auf Heineken & Co. zu verzichten und statt dessen die verschiedenen Sorten der Goose Island-Brauerei zu probieren. Am besten schmeckt das Bier natürlich mit Live Blues-Musik, auch wenn womöglich ein Großteil der Kneipen ihre Existenz den Touris oder Kongressbesuchern wie mir verdanken. Spass gemacht hat´s trotzdem. Und wo, bitte, findet man noch eine „Charly Love Blues Band“ und eine Nellie „Tiger“ Travis, deren Ausstrahlung und röhrender Gesang einem Nackenschauer auf den Buckel zaubern? Schade, dass die Nacht im Blue Chicago so kurz und die Arbeitstage so lang waren. Ich hoffe auf ein Wiedersehen und dann – das habe ich mir fest vorgenommen – werde ich mehr Zeit für Chicago mitbringen.

Lammert macht die Leberwurst

Norbert Lammert, seines Zeichens Bundtagspräsident, ist beleidigt. Weil ARD und ZDF die Eröffnungssitzung des neuen Bundestages nicht live übertragen haben, hat er nicht nur das mangelnde Interesse der so genannten öffentlich-rechtlichen Sender beklagt, sondern auch gleich noch kräftig den Zaunpfahl geschwungen. Der Agentur ddp entnehme ich, das Lammert die Gebührenfinanzierung von ARD, ZDF und Co. „indirekt“ in Frage gestellt hat.

Die Gebührenzahlungen der Zuschauer sind nämlich ein „üppig dotiertes Privileg“, hat Lammert erkannt – und da bin ich ganz seiner Meinung. 200 Euro im Jahr zahle ich für den Mix aus dümmlicher Unterhaltung, nach Parteibuch gewichteten Kommentaren, Schleichwerbung, tendenziösem Pseudoinvestigativjournalismus, zerfledderter Bundesliga und dem gelegentlichen großartigen Dokumentarfilm, dessen Abspann ich entnehmen kann, dass er von der BBC produziert wurde. Bleibt eigentlich nur der Tatort, für den wir vereinigten Zwangsgebührenzahler dann jährlich an die sieben Milliarden Euro berappen müssen.

Doch Herr Lammert, dem offensichtlich entgangen ist, dass die Nichtwähler längst zur größten Partei im Lande geworden sind und dass kaum einer mehr zugucken mag, wenn „unsere“ Parlamentarier den Aufbruch in vier weitere Jahre voller Fehlentscheidungen, Ungerechtigkeiten und eigener Privilegien feiern, dieser Herr Lammert also, der will nicht etwa weniger, sondern mehr Staatsfernsehen. Und wenn die von der Politik ausgekungelten Senderchefs es wagen, Parlament oder Regierung zu kritisieren – dann nehmen wir denen einfach das Geld weg – so übersetze ich Lammerts Botschaft „ob und in welchem Umfang diese herausgehobene, privilegierte Position durch offenkundig alternative Programmangebote auch hinreichend gerechtfertigt ist. Und weiter (laut ddp): Er wünsche sich, dass seine Kritk an den öffentlich-rechtlichen ein Nachspiel mit den Intendanten haben werde, mit denen in der vergangenen Legislaturperiode die Vereinbarung bestanden habe, dass wichtige Ereignisse in Zukunft im Hauptprogramm übertragen werden“. Am heutigen Mittwoch haben die Ministerpräsidenten der Länder dann auf ihrer Jahreskonferenz unter anderem über die Rundfunk“gebühren“ beraten. Na so ein Zufall.

Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass die Party der Parlamentarier dreieinhalb Stunden lang auf Phoenix übertragen wurde? Kennen Sie nicht? Das ist ein weiterer Staatssender, den man aus unseren Gebühren finanziert, und wo jeder, dem das Politgemurkse nicht zum Halse heraus hängt, Lammert und Co. anschauen kann, solange er will. Das hat der ARD-Chefredakteur Thomas Bauman in einem Anflug von unabhängig-sein-wollen dem Herrn Lammert übigens auch gesagt (Das mit den 3,5 Stunden natürlich nur). Das ZDF hat dagegen gleich erkannt, woher der Wind weht und sofort bestätigt, Lammert werde in allen Nachrichtensendungen mit Ausschnitten aus seiner Bundestagsrede vertreten sein.

Und Lammert? Der hat die Nase gerümpft und gesagt: „Ich habe zur Kenntnis genommen, das die Chefredaktion (die konstituierende Sitzung des Deutschen Bundestages) nicht für ein wichtiges Ereignis hält und erkläre, ich bin dezidiert anderer Meinung.“ Ich weiß noch, wie wir früher im Kindergarten auf sowas  reagiert haben:

„Beleiiidigte Leberwurst, beleiidigte Leberwurst, beleidigte Leberwurst“.

Neuroscience-Fieber erneut ausgebrochen

Es hat mich ´mal wieder gepackt. Wie die Schwalben in den Süden so zieht es mich jedes Jahr um diese Zeit in die USA. Allerdings geht es nicht zum Einkaufen nach New York, nicht zum Zocken nach Las Vegas und auch die zahllosen Naturschönheiten und sonstigen Touristenattraktionen dieses großartigen Landes bleiben links liegen. „Sorry“, sage ich meinen alten Freunden aus der Studienzeit, denn auch für Euch bleibt keine Zeit. Alles andere wird plötzlich zur Nebensache, ich muss zu dieser einen Konferenz, die ich brauche wie ein Junkie seine Nadel:

Die Jahrestagung der Society for Neuroscience ist das weltweit größte Treffen von Hirnforschern.  Fünfeinhalb Tage, 30000 Forscher, 14000 wissenschaftliche Präsentationen – so lauten die nüchternen Zahlen. Schon klar, dass die Frankfurter Buchmesse, die Internationale Automobil-Ausstellung und die Cebit mehr Besucher haben, und ich will den Bücherwürmern, Auto- und Computerfans ihre Leidenschaften nicht madig machen. Doch auf der Neuroscience-Tagung geht es um Höheres. Zum Beispiel darum, warum wir so sind, wie wir sind. Nicht eine, sondern Tausende Antworten findet man hier auf die Frage, warum wir tun, was wir tun. So ziemlich alles, was Sie in ihrem Leben über das Gehirn gehört, gelesen und gelernt haben, wurde bereits auf dieser Veranstaltung präsentiert und diskutiert. Auch das, was Sie in der nächsten Woche oder in einem halben Jahr in der Zeitung über Ihr Denkorgan erfahren werden, könnten sie bereits in den nächsten Tagen in Chicago hören. Besser, Sie versuchen es erst gar nicht.

Eine Woche lang habe ich mich durch das Programm gekämpft. 173 Seiten lang sind meine Notizen. Alzheimer, Parkinson, Schlaganfall, Depressionen, Schizophrenie, Epilepsie, Multiple Sklerose, Hirntumoren, Lähmungen, Sprachstörungen, geistige Behinderungen, Essstörungen & Übergewicht, Sex & Sucht. Aber auch: neue Arzneien, neue Therapien, neue Techniken, Stammzellen & Neuroprothesen. Es geht um riskantes Verhalten, um  Fairness & Moral, um Hirndoping , Altern & Hormone, um Meditation, Yoga, Tanz und Tai-Chi, um Sport & Intelligenz, um Experimente mit Würmern, Fliegen, Heuschrecken, Zebrafischen, Mäusen, Ratten, Katzen, Hunden, Affen – und natürlich Menschen.

Wie jedes Jahr werde ich täglich an die zehn Kilometer durch die Hallen des Konferenzzentrums laufen, werde hin und her pendeln zwischen Vortragssälen für 100 Leute und solchen, die 8000 Menschen fassen. 268 Zeitkonflikte meldet der Online Meeting Planer und es gibt nicht die geringste Chance, hier all das mitzunehmen, was mich interessiert. Vielleicht haben ja die beiden Zauberer Apollo Robbins und Eric Mead einen Tipp für mich, die den Event im Rahmen der Science & Society-Serie eröffnen werden? Man müsste sich klonen, um all die spannenden Vorträge zu hören, die jeweils gleichzeitig an entgegen gesetzten Enden des McCormick Place statt finden. Der brüstet sich, das größte Konferenzzentrum der USA sein. Na toll.

Schon sehe ich mich wieder verzweifelt die Poster entlang rennen – jene zusammen gefassten wissenschaftlichen Arbeiten, die mit Bild und Text auf eine Tafel gepinnt werden. Ab Samstag, 13:00 werden etwa 1200 davon auf mich warten. Fein säuberlich in Reihen gestellt werden sie in der South Hall A stehen, die etwa so groß ist wie ein Fußballfeld. Zwischen den Vorträgen muss ich möglichst viel davon aufsaugen und mit den Wissenschaftlern davor reden, damit ich auch alles richtig verstehe. Nach vier Stunden werden die Poster abgehängt, um Platz zu machen für die nächsten 1200 am Sonntag Morgen um 8:00. Zeit bis 12:00, und ab 13:00 wieder 1200 neue Poster. So geht das bis zum Mittwoch Abend.

Keine Chance. Mir wird schwindelig bei dem Gedanken, was ich wieder alles verpassen muss. Peter Fox fällt mir ein: „Durch den Schädel immer im Kreis, alle Drähte laufen heiß, es riecht nach hirnverbranntem Fleisch, ich stecke meinen Kopf ins Eis. Ich denk, denk, denk, denk, denk zuviel. Es wär gut, wenn mein Hirn aus dem Fenster fiel. Druck im Kopf, es gibt kein Ventil. 20.000 Szenen durchgespielt 100.000 Szenen ausgedacht, mein Höllenschädel raucht und knackt…“

Voll auf Droge und seit 1994 bei jeder Neuroscience-Tagung dabei: Der Michel

Abends dann ab zu den „Socials“. Dort treffen sich die Hirnis erneut auf einen Cocktail oder ein Bier – und reden natürlich wieder über ihre Arbeit. Es gibt Socials über exzitatorische Aminosäuren und den Zelltod, man spricht über Neuroinformatik und wie man Hirne an Computer koppeln kann, über Singvögel oder den Gleichgewichtssinn. Es finden sich zusammen die segelfliegenden Neurowissenschaftler und die schwulen und die lesbischen Neurowissenschaftler. Die haben ebenso ihren Treff wie die „afro-amerikanischen“, die armenischen, iranischen oder chinesischen Spezialisten. Es gibt auch wieder eine Jam-Session mit musizierenden Neurowissenschaftlern und ganze Labors, die gemeinsam singen werden. Wer glaubt, dem Ganzen entfliehen zu können und sich aufmacht in die angesagten Blues-Bars der Stadt, der wird auch dort mit ziemlicher Sicherheit auf Kollegen treffen, mit denen er die letzten Neuigkeiten vom Kongress diskutieren kann.

Mag sein, dass Sie nun den Kopf schütteln, meine Sucht nach Neurowissenschaft als behandlungsbedürftig einstufen und einen Arzt rufen wollen. Dann danke ich für Ihre Besorgnis und lehne lächelnd ab. Es ist zu spät – zu spät wohl auch für diese Warnung:  Achtung, das Neuroscience-Fieber ist hochgradig ansteckend!

Wenn es Sie auch erwischt hat, schauen Sie ´mal vorbei auf meiner geschäftlichen Webseite Hirnstimulator.de. Dort können Sie nachlesen, was ich auf der diesjährigen und ettlichen anderen Neuroscience-Tagungen ausgegraben habe.

Nichtwähler sind die größte Partei

Hurra, meine Partei hat gewonnen. Nein, ich rede nicht von der FDP, sondern von der größten aller Parteien – den Nichtwählern. Die haben z.B. in meinem Wahlkreis Offenburg 30,8 Prozent geholt und damit die CDU als zweitstärkste Partei mit 26 Prozent klar geschlagen. Für SPD und FDP haben hier jeweils 12 Prozent gestimmt, für die Grünen 9 und für die Linken 5 Prozent aller Wahlberechtigten. Dass es bundesweit mal mehr und mal weniger Stimmen für die genannten Parteien gab, ist nicht mein Thema.

Vielmehr ärgere ich mich darüber, dass in den Analysen zur Wahl wieder einmal der ständig wachsende Anteil der Bevölkerung ignoriert wird, der von unserem Parteiensystem die Nase voll hat und keine positiven Veränderung mehr erwartet. Warum sonst sollte ein knappes Drittel der Wahlberechtigen auf sein Stimmrecht verzichten? Am Wetter wird es ja wohl kaum gelegen haben, denn das war deutschlandweit Spitze.

Brav wie immer haben die Staatssender an uns Bürger appelliert, zur Wahl zu gehen. Natürlich hat auch Bundespräsident Köhler es sich nicht nehmen lassen, uns am Vorabend dieses Tages zum Urnengang aufzufordern. Kein Wunder, denn sein Amt hängt ebenso wie der aus Zwangsgebühren finanzierte 7-Milliarden-Etat von ARD, ZDF & Co. vom guten Willen der Parteien ab, mit denen sich hierzulande keiner mehr anlegen mag. Außer mir, natürlich 😉

Wussten Sie eigentlich, dass Köhler in seiner ersten Amtsperiode 588 Besuche in Deutschland und 81 Auslandsreisen auf Kosten der Steuerzahler unternommen hat? Oder dass sein Amtssitz, das Schloss Bellevue in Berlin gerade für 24,3 Millionen renoviert wurde? Ich finde, das ist ziemlich viel Geld für jemanden, der – sorry Herr Köhler – lediglich die Funktion eines Grüß-August hat und der dafür eben nicht von der Bevölkerung gewählt wurde sondern von der Mitgliedern der Bundesversammlung die widerum de facto von den Parteien entsandt werden. Ich scheife ´mal wieder ab.

Klar hätte ich Angie wählen können, weil sie mir als kleinstes Übel erscheint. Oder die Grünen, weil die ans Klima denken. Aber ich denke, man hätte die maroden Banken einfach sterben lassen sollen, statt die von Abzockern verursachten Billionen-Schäden auf die Allgemeinheit abzuwälzen. Ich will keinen Aussenminister Westerwelle, der mehr Talkshowbesuche vorzuweisen hat, als Auslandsreisen. In den Reihen der Grünen stören mich zahlreiche wissenschaftsfeindliche Ideologen, bei den Linken stört mich Lafontaine und einen Kanzler Steinmeier wollte ich nicht, weil er den Dalai Lama weggeschickt hat und lieber dem menschenverachtenden chinesischem Regime in den Hintern gekrochen ist. Was also tun?

Ich will meine Stimme nicht „abgeben“, und dann die nächsten vier Jahre zusehen müssen, wie gegen meinen Willen und den gegen den Willen der Mehrheit ein Gesetz nach dem anderen erlassen wird. Ich will Menschen, die Probleme lösen wollen und keine Parteien, die selbstständiges Denken mit Ausschluß bestrafen. Ich will mehr direkte Demokratie, ich will Volksabstimmungen über alle wichtigen Fragen (Afganisthan, EU-Verfassung, Euro, Rechtschreibreform, CO2-Steuer…) und ich will, dass die Ergebnisse dieser Abstimmungen für die Politiker bindend sind. Wenn es soweit ist, sehen wir uns an der Wahlurne.