Hinweis: Michel schreibt diese Notizen auf einer 7-wöchigen Reise durch Costa Rica, deren „Leitmotiv“ die Frage ist, ob er sich aus Deutschland verabschieden und hier niederlassen sollte. Ich will herausfinden, wie das geht, welche Optionen es gibt, und was das beste Plätzchen für mich wäre (siehe Einleitung). Ansonsten ist das hier ein ganz normalen Bericht, mit einem Schwerpunkt auf Natur- und Vogelbeobachtung und diversen Tipps für Reisende, die hoffentlich auch jene nützlich finden, die Deutschland (noch) nicht gegen das wunderbare Costa Rica eintauschen wollen.
Heute mach ich mich von Santa Ana auf den Weg ins ca. 15 Kilometer entfernte Escazú, einem weiteren angesagten Vorort der Hauptstadt San Jose. Die billigste Variante, hier zu reisen, ist mit Bussen, die sowohl den Nah- als auch den Fernverkehr bedienen, und mit denen man fast überall hin kommt (Öko-Lodges u.ä., die fernab der Straßen im Wald liegen, natürlich ausgenommen).
Leider gibt es keine übergreifende, komfortable App oder Webseite, auf der man beispielsweise die nächsten Haltestellen, Abfahrzeiten etc. aufrufen könnte. So sucht man eine der überdachten Haltestellen am Straßenrand (häufig in einer Parallelstraße zur Plaza Central) und muss sich mehr oder weniger auf die Beschilderung der ankommenden Busse verlassen oder – wenn man kann – die Einheimischen fragen. Einen Busfahrplan sucht man vergeblich. Ich brauche 2 Anläufe bis ich meine Haltestelle finde, und mich in die Reihe der Masken-tragenden Ticos einreihen kann. Bin etwas irritiert, weil zwar jeder Bus obendrauf „Escazu“ stehen hat, aber angeblich nicht jeder dorthin fährt. Mit meinem bescheidenen Spanisch-Kenntnissen vertraue ich mich einem jungen Paar an, das in die gleiche Richtung fährt und mir signalisiert, wann es Zeit ist, den Bus zu wechseln.
Unterwegs geht es steil am Rande des Valle Central hoch, während auf der gleichen Straße gerade ein Radrennen stattfindet. Überhaupt ist das Rennrad- und Mountainbiken hier total im Trend. Es gibt jede Menge Läden mit teuren Edelbikes, und die halbe Bevölkerung scheint auf diesen unterwegs zu sein. Außerdem am Wegesrand: Einige Luxushotels, feine Restaurants und prächtige Villen.
Beim Umsteigen sehe ich Niederlassungen von Porsche und anderen Luxus-Automarken, außerdem für Mountainbiker eine Dependence der Mountainbike-Marke Scott, deren Logo auf einer geschätzt fünf Stockwerke hohen Glasfassade prangt.
Der zweite Bus setzt mich nur einen Block von der Kirche und dem zentralen Platz ab. Der ist zwar mit Banderolen gesperrt, der samstägliche Markt findet aber in der parallel verlaufenen Straße trotzdem statt. An beiden Seiten stehen freundliche Menschen mit Masken, die aus großen Tanks und mit Sprühflaschen Desinfektionsmittel für groß und klein verteilen. Die Kunden tragen ebenso Masken wie die Markthändler, an deren Ständen Absperrungen für Abstand sorgen sollen. Denkt man sich das Corona-Zubehör weg, ist es ein ganz normaler Markt mit frischem Obst und Gemüse, Eiern, Säften, Fisch und Fleisch, zwei Freßbuden, die Gegrilltes anbieten, und ein paar weitere Stände mit Schnickschnack wie Schmuck oder Handyzubehör. Die Erdbeeren waren köstlich, und schon der Geruch war so betörend, dass ich alle Vorsicht außer Acht gelassen und sie ungewaschen verputzt habe…
Escazu ist einer der reichsten Orte in ganz Costa Rica, mit vielen teuren Restaurants und Läden. Er liegt auf 1100 Metern Höhe und hat ca. 11000 Einwohner. Der Plan war, von hier über die Berge nach Santa Ana zu laufen, oder realistischer betrachtet und erst mal zum Aufwärmen, von dem über Escazu gelegenen Aussichtspunkt (Mirador) bis zum Dorf Salistral, ca. 5 Kilometer talaufwärts von Santa Ana.
Uber: Billiger als ein Taxi – bequemer als ein Bus
Theoretisch fährt ein Bus nahe an den Ausgangspunkt dieser Wanderung, jedoch probiere ich hier erstmals Uber aus, deren App ich mir schlauerweise schon zuhause installiert und eingerichtet habe. In dieser Gegend zumindest funktioniert das System einwandfrei, wie ich bei 3 Probeläufen am heutigen Tag erfahre. Und weil es ja Leute gibt, für die das Internet Neuland ist, beschreibe ich die Funktion etwas genauer:
Die App weiß, wo man steht und fragt nach dem Ziel, das man eintippt. Man bekommt eine Preisschätzung (mit und ohne CO2-Kompensation) und im gleichen Moment erhält einer der privaten Fahrer für Uber eine Mitteilung. Ich erfahre den Namen des Möchtegern-Fahrers und seine Bewertung im System, außerdem Marke, Model und Nummernschild seines Autos (damit man ihn leichter erkennt). Wenn beide Seiten bestätigen, sieht der Fahrer meinen Standort und ich auf der Landkarte den Wagen, der sich auf mich zubewegt, sowie eine Schätzung, wie viele Minuten es noch dauert. Nach der Fahrt kann man über die App ein Trinkgeld geben und den Fahrer bewerten. Die Zahlungen werden über PayPal oder Kreditkarte abwickelt und Uber verschickt zusätzlich Abrechnungen, was für guten Durchblick sorgt.
Uber ist also ein Mittelding zwischen Mitfahrzentrale, Taxi und öffentlichem Verkehrsmittel und die App dazu ist eine der besten, die ich kenne. Preislich lag ich mit meinen 3 Fahrten heute bei ca. 2 Euro für Fahrten von jeweils etwa 5 Kilometer (etwa das dreifache einer Busfahrt) bei Wartezeiten von ca. 6 Minuten. Für die Fahrt zum Flughafen um meinen Mietwagen abzuholen habe ich über die App im Voraus bestellt und der Fahrer war nicht nur pünktlich, sondern hat mich auch genauso schnell wie ein Taxi dorthin gebracht, wobei ich aber nur 8 Euro bezahlt habe gegenüber den 20 für die Gegenrichtung mit dem Taxi.
Zurück nach Escazu, wo ich nach steiler Fahrt bergauf mich bei einem Restaurant mit großartiger Aussicht auf´s Valle Central habe absetzen lassen, direkt neben dem eigentlichen Aussichtspunkt gelegen. Leider gibt es keine ausgeschilderten Wanderwege, und so habe ich mich mit einem Vorschlag aus meiner Trecking-Uhr (einem Vorläufer der aktuellen Garmin Fenix 6) begnügt, der ich – noch so ne schlaue Idee – vor der Abreise noch geschwind für 10 Euro die Open Street Map von Costa Rica aufgespielt habe. Die Investition hat sich ausgezahlt, denn auch wenn wenn es mitunter etwas dauert, so findet das Gerät doch auch ohne Netzempfang nur anhand der allgegenwärtigen GPS-Signale fast alle Sehenswürdigkeiten, geographischen Punkte, Hotels, Restaurants etc.. Ich finde, dass ist eine gute Absicherung, falls man sich ´mal verlaufen oder verfahren sollte, und mein Eindruck ist, dass dies sogar besser funktioniert hat, als im heimischen Offenburg!
Ok. Ich folge also der Linie, die meine Uhr vorgibt, und so konnte ich schöne Ausblicke auf das dicht besiedelte Valle Central genießen und erneut fette Villen am Wegesrand bewundern. Sie wurden offenbar auf jenen Grundstücken gebaut, wo nur ursprüngliche kleinen Farmen und große Gemüsegärten standen. Nur wenige sind erhalten geblieben, und wenn die Bauern hier ihr Land verkaufen, haben sie bestimmt ausgesorgt.
Währenddessen führt die Uhr mich über zunehmend schmalere Sträßchen erst steil bergauf und nach einem ganz kurzen Stück echten Wanderweges noch steiler bergab, bis ich endlich mit weichen Knien in Salitral ankomme und – Uber sei Dank – von dort zurück in meine Unterkunft. Also, diese eher direkte Route kann ich eigentlich nicht empfehlen (habe sie aber trotzdem auf Komoot veröffentlicht), aber für die in meinem Reiseführer empfohlene Strecke über die 2400 Meter hohen Cerros de Escazu konnte ich mich mangels Zeit und Beschilderung halt auch nicht entscheiden.
Das letzte „Abenteuer“ des Tages: Mit Uber zum Flughafen und dort meinen Mietwagen abgeholt – mitsamt dem fast schon typischen Ärger. Wie vermutlich die meisten Individualreisenden hatte ich natürlich bei diversen Portalen nachgeschaut und auch Volker von der Posada Nena eine Anfrage geschickt. Obwohl es einen enormen Wettbewerb gibt, kosten manche Wagen doppelt so viel wie andere – in der gleichen Klasse wohlgemerkt!
Zwar gibt es einige wenige Ziele, die man auch mit einem „normalen“ Kleinwagen erreicht, für alles, was wirklich interessant, ungewöhnlich und spannend ist, braucht man jedoch einen Allrad-Antrieb. Wobei leider viele Wagen zwar Allrad haben, aber trotzdem nicht wirklich geländetauglich sind, wie ich auf meinen letzten 3 Touren feststellen musste. Der wohl meistvermietete Daihatsu Bego z.B. ist so schwachbrüstiges Ding, das zu hassen ich gelernt habe. Wie oft habe ich neidisch den Leuten in ihrem Suzuki Jimny hinterher geschaut. Das hat mein Vermieter schamlos ausgenutzt, seine Dienste mit dem Bild des Jimny beworben, und im Kleingedruckten den Hinweis („oder ähnlich“) versteckt. Den Rest der Geschichte könnt ihr Euch denken: Kein Jimny weit und breit, der blöde Bego soll´s sein. Noch dazu fehlt ihm die Gepäckabdeckung – auch so eine Unsitte, mit der die Vermieter in aller Welt mich in den letzten Jahren auf die Palme treiben. Wie soll ich denn bitte mein Gepäck verstecken, wenn jeder in den Gepäckraum sehen kann? Und wo sind die verdammten Verbraucherschützer, wenn man sie mal braucht?
Also der Michel auf dem Parkplatz rumgetobt. No Senor – den Bego kannste behalten! War kurz davor, wieder vom Hof zu laufen und den Vertrag zu canceln, bis er mir dann die einzige Gepäckabdeckung angeboten hat – und dazu ein Upgrade zu einem geringfügig besseren Karren, dem SsangYang Korando. 250 Dollar extra hat der Dealer mir dafür abgenommen, und sich wahrscheinlich ins Fäustchen gelacht. Ziemlich ärgerlich, das Ganze. Eine Alternative wäre vielleicht gewesen für diesen längeren Aufenthalt einen Wagen zu kaufen, und dann wieder zu verkaufen (oder zu parken, bis zum nächsten Mal). Aber das überstieg dann doch meine sprachlichen und logistischen Fähigkeiten, und wahrscheinlich hätte ich Tage gebraucht, um die Versicherung klar zu machen. Also abhaken den ganzen Ärger und los geht´s im Korando (der sich ein paar Tage später bewährt hat…)