Erderwärmung ohne Pause

Ausgerechnet ein Außenseiter hat offenbar einen Rechenfehler der Klimaforscher gefunden und beim Nachrechnen festgestellt, dass die Erde sich in den vergangenen 15 Jahren sehr wohl weiter erwärmt hat. Dies ist deshalb bemerkenswert, weil eines der am meisten genannten Argumente der Klimaskeptiker lautet, dass die globale Erwärmung in den vergangenen 10  – 15 pausiere, was in Widerspruch zu den Modellen stehen würde.

Wie das Wissenschaftsmagazin Science meldet, hat  Kevin Cowtan, ein skeptischer, aber mathematisch beschlagener Kristallograph sich des Problems angenommen: Dabei hat Cowtan (angeblich) gezeigt, dass im fraglichen Zeitraum sehr wohl eine Temperaturerhöhung statt gefunden hat, die deutlich höher ist als bislang berechnet und die im (unteren) Bereich dessen liegt, was die Klimamodelle vorhersagen. Der Fehler soll darauf beruhen, dass sowohl ein britisches Forscherkonsortium als auch die NASA fehlende Daten hauptsächlich in der Arktis durch falsche Extrapolation aufgefüllt haben. Überprüft hat Cowtan sein Modell, indem er die bekannten Daten vieler Messstationen weggelassen und aus Daten der benachbarten Stationen extrapoliert hat. Im Vergleich zu den Modellen der Briten und der NASA hat der Außenseiter dabei die fehlenden Temperaturdaten wesentlich genauer errechnen können.

Bericht zum Klimawandel

Mehr als 2000 Seiten umfasst Teil 2 des jüngsten Berichtes der tonangebenden Vereinigung von Klimaforschern. Eigentlich gehören die Schlussfolgerungen des  Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) in jeden Lehrplan, de facto dürfte jedoch selbst den meisten Umweltschützern die Zeit fehlen (und die Sprachkenntnisse), um sich den Stand der Wissenschaft im Original durchzulesen. Deshalb verlinke ich hier lediglich auf die Webseite mit sämtlichen Berichten des IPCC. Für ganz Eilige geht es hier zur Zusammenfassung.

Außerdem möchte ich hier drei Kollegen zu Wort kommen lassen, die bei der Frankfurter Allgemeine Zeitung, bei der Süddeutschen Zeitung und beim Spiegel jeweils das Thema Umwelt & Klima bearbeiten:

Joachim Müller-Jung, den ich eher als Klima-Skeptiker einschätze, hebt hervor: „Bislang jedenfalls beeinflussen nach Aussagen der Forscher andere Faktoren wie Altersstruktur, technische Fortschritte, Wohlstandsentwicklung und staatliche Regelungen die meisten Wirtschaftssektoren noch immer deutlich stärker als der Klimawandel.“

Christopher Schrader in der Süddeutschen Zeitung, den ich als sehr gewissenhaften und kompetenten Kollegen kenne, zitiert einen der Vorsitzenden des Weltklimarates mit „Die Risiken häufen … und verstärken sich“, und er fast seine Auswertung des Berichts so zusammen: „Acht zentrale Risiken nennen die Forscher. Dazu gehören größere Unsicherheiten bei der Nahrungsmittelversorgung, weil Getreide wie Weizen und Mais schon jetzt im globalen Maßstab unter der eingetretenen Erwärmung leiden. Auch das Trinkwasser wird wohl Probleme bereiten, weil die verfügbaren Mengen zurückgehen; das droht auch in Industrieländern etwa am Mittelmeer. Zudem könnte praktisch überall die Aufbereitung von Abwasser in Kläranlagen schwieriger werden. Hitzewellen werden zur Gesundheitsgefahr für die Bewohner großer Städte – und für alle, die draußen arbeiten müssen. Weiter auf der Liste: Wetterextreme, die in vielen Ländern kritische Infrastrukturen wie das Strom- oder Trinkwassernetz beschädigen können. Und schließlich der Anstieg des Meeresspiegels, der auch größere Sturmfluten mit sich bringt. Sie bedrohen das Leben und die wirtschaftliche Existenz von Bewohnern vieler Küstenregionen. Manche Ökosysteme werden vermutlich in Zukunft nicht mehr existieren oder nur noch stark eingeschränkt funktionieren, heißt es im Bericht: Dazu gehören vor allem die tropischen Korallenriffe und die Arktis. Mit den Ökosystemen sind aber die Menschen bedroht, die in ihnen leben.

An der Natur lässt sich am besten erkennen, was der Klimawandel heute schon angerichtet hat. Das zeigt der Bericht verlässlicher als je zuvor: Zugvögel verschieben ihre Routen und Reisetermine, Arten verlegen ihre Lebensräume, wo es möglich ist, in kühlere Regionen – und werden seltener, wo das nicht so einfach geht. Zwar gibt es unter Tieren und Pflanzen auch einige Gewinner des Klimawandels. Wegen der dadurch ausgelösten Unsicherheiten wollten die Forscher keine Zahl der Arten mehr schätzen, die durch den Klimawandel wohl aussterben werden. Aber insgesamt rechnen die Wissenschaftler damit, dass viele Arten unwiederbringlich verloren gehen – wie schon bei früheren Klimaveränderungen in der Erdgeschichte, obwohl diese weit langsamer vonstatten gingen.“

Schließlich noch Axel Bojanowski bei Spiegel online, wo man mit der Schlagzeile aufmacht: „UNO sieht Fortschritte im Kampf gegen globale Erwärmung“. Das ganze ist garniert mit zahlreichen weiterführenden Links und enthält für Europa folgende Vorhersage: „Wahrscheinlich: mehr Flusshochwasser, Extremregen, Wasserknappheit im Süden. Möglich: mehr Hitzewellen.“

Ein ziemlich warmes Jahr 2013

Nicht erst seit gestern sorge ich mich um unsere Umwelt. Und es nervt mich, wenn die Leute mit Verweis auf einen kalten Winter hier oder einen verregneten Sommer dort alle Klimaforscher für Spinner erklären oder gar von einer Verschwörung reden. Deshalb möchte ich hier einfach auf eine Pressemitteilung des Deutschen Wetterdienstes verweisen: „Der Klimarückblick für das vergangene Jahr zeige: 2013 lag weltweit bei der Mitteltemperatur mit einer globalen Abweichung von etwa 0,5 Grad erneut deutlich über dem langjährigen Durchschnitt von etwa 14 Grad Celsius (°C). Es gehörte damit zu den zehn wärmsten Jahren seit etwa 1850. Der DWD weist auf einen weiteren „negativen“ Rekord hin: In der Nordhemisphäre war der 30jährige Zeitraum von 1983 bis 2012 wahrscheinlich der wärmste der vergangenen 1 400 Jahre. In Deutschland lag die Jahresmitteltemperatur 2013 bei 8,7 °C und damit um 0,5 Grad über dem Soll der Referenzperiode 1961-1990. Es war damit „nur“ das 40. wärmste Jahr seit 1881. Der Winter 2013/14 fiel dann allerdings mit einem Plus von 3,1 Grad deutlich zu mild aus. In den vergangenen 30 Jahren waren in Deutschland lediglich sechs Jahre zu kalt, in den zurückliegenden 20 Jahren waren es sogar nur zwei Jahre. Zudem ist es seit dem Ende der Referenzperiode 1961-1990, also in den vergangenen 23 Jahren, um 0,4 Grad wärmer geworden. Seit Beginn der inzwischen 132jährigen deutschen Temperatur-Zeitreihe sogar um gut 1,2 Grad. Es bestehe deshalb kein Anlass von einem Ende der allgemeinen Erwärmung auszugehen.

Klimaforscher sind sich einig

Die größte wissenschaftliche Gesellschaft der Welt, die US-amerikanische AAAS, hat am 18.März 2014. ihre Info-Kampagne zum Klimawandel gestartet. Wer des Englischen mächtig ist, kann sich dies unter whatweknow.aaas.org anschauen. Die Kernaussage lautet: „Basierend auf Beweisen stimmen mehr als 97 % der Klimaforscher darin überein, dass ein vom Menschen verursachter Klimawandel stattfindet.“ Auf der Seite: http://whatweknow.aaas.org/get-the-facts/ wird das weiter ausgeführt und dort gibt es auch das 28-seitige Dokument zum Download. Die Kampagne ist natürlich auch eine Reaktion auf die gewachsene Skepsis in der Bevölkerung und man muss die Schlussfolgerungen nicht teilen. Angesichts der Tatsache, dass die AAAS alleine schon fast die Hälfte aller Klimaforscher vertritt, ist allerdings die Behauptung nachweislich falsch, dass „die Forscher“ sich nicht einig wären.

Top-Thema Nr. 3 – Der stärkste Sturm?

Mit Spitzengeschwindigkeiten von 305 bis 314 Stundenkilometern peitschte der Taifun Haiyan am 8. November 2013 auf die Philippinen ein und forderte dabei mehr als 6000 Todesopfer. Nur drei andere Stürme hatten jemals höhere Geschwindigkeiten erreicht – allerdings war dies auf dem offenen Meer passiert und nicht an Land. Wäre Haiyan in einer US-Großstadt gelandet – wie im Vorjahr „Sandy“ in New York – so hätte dies Schäden von 500 Milliarden US-Dollar verursacht, ergab eine Hochrechnung von Jeff Masters, dem Chef-Meteorologen der Firma Underground.

Taifun Haiyan am 7. November, beim Erreichen seines Höhepunkts
Taifun Haiyan am 7. November, beim Erreichen seines Höhepunkts (Foto: NASA)

Zwar diskutierte die Welt in den Tagen nach der Katastrophe wieder einmal über einen möglichen Zusammenhang mit der globalen Erwärmung. Mit einem Hungerstreik versuchte zudem der Chefdelegierte der philippinischen Delegation, Yeb Sano, auf einer UN-Klima-Konferenz in Warschau „bedeutsame Fortschritte“ erzwingen. Das Thema verschwand jedoch binnen kurzem wieder aus der öffentlichen Wahrnehmung und Sano musste seinen Hungerstreik nach zwei Wochen beenden, ohne dass es irgendwelche konkreten Zusagen gegeben hätte.

Apropos Globale Erwärmung: Die Konzentration des Treibhausgases Kohlendioxid hat im Mai die Schwelle von 400 ppm (Parts per Million) überschritten. Zuletzt gab es derart hohe Werte vor 800000 Jahren – nur lebten damals noch keine Menschen, die sich darüber hätten den Kopf zerbrechen können. Im Pliozän vor 2,5 Millionen Jahren hatte es ähnlich hohe CO2-Werte wie heute. Damals war es 3,5 Grad wärmer und in der Arktis wuchsen die Wälder.

Alle Top-Themen der Wissenschaft 2013:

  1. Gene im Rampenlicht
  2. Gefährlicher Streifschuss
  3. Der stärkste Sturm?
  4. Kohlekraft schlimmer als Atomkraft?
  5. Immuntherapie gegen Krebs
  6. Erbgut vom Frühmenschen
  7. Der Preis des Frackings
  8. Hirnchen, Nierchen, Leberlein…
  9. Drohnen im Anflug
  10. Blick unter die Schädeldecke
  11. Spüli im Gehirn
  12. Ernie und Bert am Südpol gefangen