Costa Rica für Vogelfreunde

Schon ein Vierteljahr ist es her, jetzt bin ich endlich soweit, dass ich hier einen ersten Bericht über Costa Rica präsentieren kann, das Traumziel im Herzen Mittelamerikas für alle Vogelfreunde im Speziellen und für Naturliebhaber im Allgemeinen. Lasst mich mit den Vögeln beginnen, denn das Birding ist eines meiner vielen Hobbys und regelmäßige Besucher meiner Seiten wissen ja, dass 2012 mein „Big Year“ werden soll, in dem ich einen persönlichen Rekord aufstellen und möglichst viele verschiedene Arten beobachten will.

Es ist jetzt Mitte April und ich bin aktuell bei 162 Arten, von denen ich annähernd die Hälfte auf einer 25-tägigen Reise in Costa Rica gesehen habe. Die komplette Liste habe ich – illustriert mit den Bildern anderer Leute – bei der Encyclopedia of Life eingestellt, wo man zu jeder Art auch (auf englisch) ein ausführliches Datenblatt nachlesen kann. Mit mehr als 820 Vogelarten bietet Costa Rica eine größere Vielfalt als ganz Europa – und das auf einer Fläche, die kaum größer ist als die Slowakei! Vom Kolibri bis zum Geier gibt es in Costa Rica Dutzende spektakulärer Arten, denen fast jeder begegnet.

Wer besonders seltene Arten wie den „Göttervogel“ Quetzal oder den wunderschönen Hellroten Ara sehen mag, muss gezielt bestimmte Regionen des Landes aufsuchen, sich einem der zahlreicher Führer anvertrauen und dazu auch eine gehörige Portion Glück haben. Zur Vorbereitung empfehle ich deshalb den m.E. besten deutschsprachigen Reiseführer „Costa Rica: Handbuch für individuelles entdecken„, auch wenn einige Angaben darin bereits veraltet sind. Wer ein paar Sätze spanisch spricht ist klar im Vorteil. Fast noch wichtiger aber ist englisch, denn in dieser Sprache finden – von wenigen Ausnahmen abgesehen – auch die vielen Touren statt, die von Hotels in Nationalparks und privaten Schutzgebieten angeboten werden.

Die Auswahl an Vogel-Büchern ist vergleichsweise groß und das zur Bestimmung wohl am besten geeignete Werk „The Birds of Costa Rica: A Field Guide„, gibt es auch im deutschen Amazon-Laden zu bestellen. Ich bin mit diesem Buch gut zurecht gekommen, lediglich zwei Arten, die ich klar gesehen hatte, konnte ich damit nicht identifizieren. Eine wesentlich größere Auswahl bietet die US-amerikanische Amazon-Seite, wegen der Lieferzeiten sollte man seine Bestellung aber rechtzeitig aufgeben und muss evt. mit hohen Versandkosten rechnen. Natürlich kann man auch in Costa Rica nach diesen Büchern suchen, allerdings habe ich in der Hauptstadt San José nur bei 7th Street Books (an der Ecke von Calle 7 und Avenida Central -1) eine gute Auswahl gefunden. Und wer sich darauf verlässt, gute Bestimmungsbücher in den Besucherzentren der größeren Nationalparks zu kaufen, an dem sind womöglich vorher schon jede Menge Vögel vorbei geflogen.

Es gibt verdammt viel zu sehen und zu erleben in Costa Rica und zu den Highlights unserer Tour werde ich hier (hoffentlich noch vor der nächsten Reise) noch mehr schreiben, zunächst aber beschränke ich mich auf die besten Tipps für Vogelfreunde, aufgelistet in der Reihenfolge unserer Besuche:

Nur etwa 40 Kilometer von der Hauptstadt San José entfernt liegt der Vulkan Poas und nur wenige Kilometer vor Eingang des Nationalparks betreiben die beiden Südafrikaner Mark & Oliver die Poas Lodge. Die beiden sind nicht nur superfreundlich, hilfsbereit und auskunftsfreudig. Sie bieten auch mehrere geschmackvoll eingerichtete Zimmer mit tollem Blick auf San José und das Valle Central, es gibt hervorragendes Essen und jede Menge Kolibris, die man dort mit Futterstellen anlockt. Eine Übernachtung lohnt sich also auf jeden Fall, auch wenn es Mitte Januar dort auf fast 3000 Meter Höhe schon mal etwas frischer werden kann.

Heiß, aber verhältnismäßig trocken war es dagegen am Golf von Nicoya. Dort liegt, umgeben von Mangrovensümpfen und inmitten einer großen Farm, die von Einheimischen betriebene Ensenada Lodge, komplett mit Restaurant, Pool und urigen Hütten mit Meeresblick. Schon beim Morgenspaziergang wurden wir dort von Papageien und einem guten Dutzend weiterer Arten umschwirrt. Es gibt Pelikane, Ibisse, Holzstörche, einen ganzen Steg voller Seeschwalben und ein sehr beeindruckendes „Sortiment“ von Reiher-Arten, die man sich bei einer Bootstour aus der Nähe anschauen kann:
Viel gelernt und gesehen haben wir auch bei einer Führung durch den Mangrovenwald der Lagarta Lodge, die auf einer Anhöhe bei Nosara (Nicoya-Halbinsel) liegt und von der aus man einen tollen Blick auf den Pazifik genießt: Die ersten Brüllaffen, Fregattvögel und Pelikane, im Wald dann balzende Langschwanzpipras und Manakins sowie die überraschende Erkenntnis – vermittelt von unserer deutschen Führerin Gabriele, dass man (manche) Termiten nicht nur essen kann, sondern dass sie sogar fein-würzig nach Pfeffer schmecken. Laut einer Liste von Max Roth, die sich auf der Webseite der Lodge befindet, sind hier schon 270 verschiedene Vogelarten beobachtet worden!

Das beeindruckendste Vogelparadies Costa Ricas aber ist für mich der Palo Verde Nationalpark: Auf seinen 17000 Hektar findet sich die größte Konzentration von Wasservögeln in ganz Zentralamerika, einschließlich Tausender Zugvögel aus Nordamerika, die hier zwischen September und März überwintern. Die Übernachtungsmöglichkeiten sind sehr begrenzt: Wir hatten die Wahl zwischen der Rangerstation mit ihren sechs Schlafräumen á sechs Betten, und der Forschungsstation der Organisation for Tropical Studies (OTS), für die wir uns entschieden. Dort herrscht die Atmosphäre einer Jugendherberge, komplett mit großer Kantine und Stockbetten, und in der Buchung sind sowohl drei Mahlzeiten enthalten, als auch eine mehrstündige Führung – in unserem Fall durch Guide Raphael, mit dem wir gleich an vier verschiedenen Stellen im Park unterwegs waren. Nasenbären (Coatis) und Kappuzineraffen waren inklusive, ebenso Leguane und eine fette Tarantel direkt vor der Hütte.

Sieht bös aus, tut aber nichts: Ein Iguana im Palo Verde Nationalpark

Wer den Komfort eines Wellness-Hotels sucht, ist hier Fehl am Platz und besonders Abends sollte man sich im Überflutungsgebiet des Rio Tempisque gegen Mosquitos wappnen. Auch eine Bootstour haben wir uns gegönnt, die aber trotz Krokodilen, Affen und natürlich jeder Menge Wasservögel den Preis von fast 90 Dollar nicht wert war. Vom Flußdelta ging es dann wieder bergauf in den Nebelwald:

Auf 1400 bis 1700 Meter Höhe liegt das private Naturreservat Monteverde. Es gilt als eine der größten Sehenswürdigkeiten des Landes und wurde deshalb insbesondere von US-amerikanischen Besuchern regelrecht überrant. Dieser Rummel hat jedoch zum Glück etwas nachgelassen, vielleicht auch weil es inzwischen zahlreiche neue Parks gibt, die weniger schwer zu erreichen sind. Keine der drei Zufahrtstraßen ist nämlich asphaltiert, sodass man mit bis zu zwei Stunden Holperpiste rechnen muss. Wir nutzten als Ausgangspunkt die sehr angenehme Arco Iris Lodge, günstig gelegen im Ort Santa Elena, deutschsprachig und mit sachkundigem Personal, wo man mir auch mit Ricardo Guindon einen hervorragenden Führer vermittelte. Der kassierte von jedem in unserer achtköpfigen Gruppe 20 Dollar, und dazu kam auch noch der Eintritt in das Reservat selbst, der im Januar 2012 bei 18 Dollar lag. Einerseits habe ich mich über die generell sehr hohen Eintrittspreise für die Naturparks Costa Ricas ziemlich geärgert, andererseits leistet man damit auch eine Art Solidarbeitrag zur Erhaltung der Natur. Und wer weiß, wie lange es Monteverde mit seinen 2500 Pflanzen- und mehr als 400 Vogelarten noch gibt?

Viele befürchten, das Reservat könnte schon bald der globalen Erwärmung zum Opfer fallen. Laut Ricardo haben die Niederschläge in den vergangenen Jahrzehnten ständig nachgelassen und die Vegetation beginnt sich zu verändern. Das Überleben vieler Tiere – auch des Quetzals – hängt jedoch von bestimmten Nahrungspflanzen ab und sie haben keine Möglichkeit auszuweichen, da Monteverde von Weideland eingeschlossen ist und es keinen Korridor zu vergleichbaren Lebensräumen in Mittelamerika mehr gibt.

Seinen Preis hat Ricardo nicht nur mit solchen Hintergrundinformationen gerechtfertigt, sondern auch mit seinen Vogelkenntnissen und einem hervorragenden Spektiv, durch das wir abwechselnd hindurchschauen durften. Ohne diese Zutaten hätten wir im dichten Nebelwald wohl nur einen winzigen Bruchteil der dort umherschwirrenden Arten bestimmen können. Als ich nämlich nach der Tour mit meinem Ticket (das für den ganzen Tag gültig war) zurück in den Park ging und ca. fünf Kilometer entlang zweier Rundwege lief, konnte ich keine einzige Vogelart identifizieren!

Weiter südlich, wieder an der Pazifikküste, hatten wir ein weiteres lohnendes Ziel für Birder ausgemacht: Die Cerro Lodge, die in unmittelbarer Nähe des Nationalparks Carara liegt und die 40 Dollar teure Vogeltouren anbietet. Dieses Geld allerdings haben wir uns gespart, denn die Lodge war ausgebucht und wir haben die in dieser Gegend recht häufigen Hellroten Aras auch ohne fremde Hilfe gefunden: Unüberhörbar krächzten sie vor unserem Zimmer im recht günstigen Hotel Carara, das noch dazu unmittelbar am Strand gelegen war.

Am Weg lag auch der Nationalpark Manuel Antonio, von dem ich allerdings abraten möchte: Er ist einfach zu überlaufen und scheint mehr lärmende Familien und Strandgänger anzuziehen, als Naturfreunde. Ansonsten fiel der Park auch dadurch unangenehm auf, dass viele Affen und andere Tiere einen verdächtig zahmen Eindruck machten, was sich offenbar dadurch erklärt, dass sie hier trotz Verbotes von allzu vielen Idioten gefüttert werden. Natürlich gibt es auch in dieser Ecke des Landes unglaublich viel zu sehen, doch werde ich davon in einem anderen Artikel berichten und statt dessen die Vogelschau beenden mit einem Hinweis auf die zwei weitere tolle Lodges, die wir auf unserer Reise besucht haben:

Bosque de Tolomuco lautet der erste gar nicht so geheime Tipp, ein freundliches Gasthaus auf 1600 Metern Höhe, mit Pool und vielen Wanderwegen. Auf dem 40 Hektar großen Areal sind bereits mehr als 200 Vogelarten gesichtet worden und wer aus dem Süden kommend auf seiner Reise durch Costa Rica die spektakuläre Fahrt über den 3300 Meter hohen „Todespass“ Cerro de la Muerte absolviert, sollte dort unbedingt einen Stopp einplanen. Die eigene Webseite – bis vor kurzem noch erreichbar unter „http://bosquedeltolomuco.com“ hat offenbar dichtgemacht, doch die euphorischen Besprechungen beim TripAdviser sprechen für sich. Rolf und Lise Zersch waren auch für uns perfekte Gastgeber und das einzige Manko haben wir uns selbst zuzuschreiben: Es blieb – wieder einmal – zu wenig Zeit für meine gefiederten Freunde.

Wer uns bis hierher gefolgt ist, und noch immer keinen Quetzal gesehen hat, bekommt noch eine weitere gute Chance jenseits des Passes am Mirador de Quetzales / Finca Edie Serrano. Uns ist er entgangen, der „Göttervogel“, doch dafür hat der YouTube-Benutzer lionelrr das folgende Video zusammengeschnitten. Die Flötenmusik müsst Ihr ertragen, den Ton abdrehen oder – mein Vorschlag – nach Costa Rica reisen und den Quetzal mit eigenen Augen sehen. Live und ohne Wimmerhölzchen…