Zagreb – mehr als ein Sprungbrett

Zagreb ist der erste Stopp auf meiner Balkan-Reise 2022 und erst mein zweiter Aufenthalt im schönen Kroatien. Zwar war ich bereits 1979 hier, aber das zählt nicht. Denn erstens bin ich damals mit einem Interrailticket nach Griechenland gefahren und habe nur ein paar hässliche Wohnblocks aus dem Fenster fotografiert. Und zweitens war Zagreb damals noch ein Teil des Vielvölkerstaates Jugoslawien, der mittlerweile wieder in ein halbes Dutzend Nationen zerfallen ist.

Nicht schön: Hochhaussiedlung in Zagreb im Jahr 1979

Eigentlich sollte mir die Hauptstadt Kroatiens mit ihren 820000 Einwohnern nur als Sprungbrett dienen für die Tour, auf der ich erstmals Slowenien, Montenegro und Albanien bereisen will. Die gute Erreichbarkeit und ein billiges Ticket von Ryanair haben den Ausschlag gegeben – vom Baden Airpark waren es mit kleinem Gepäck kaum 30 Euro und der Flug über die Schweizer, Österreichischen und Slowenischen Alpen dauerte keine 90 Minuten.

Obwohl ich innerhalb der EU reise, dauert die Passkontrolle 30 Minuten und ist keinen Deut schneller als bei den Briten, die zeitgleich aus London gelandet sind. In der Ankunftshalle dann die übliche Abzocke an den Geldautomaten. Statt dem aktuellen Wechselkurs von 105 Euro für 800 Kuna verlangt man 124 Euro. Aber nicht mit mir! Zum Glück nimmt der Fahrer des Flughafenbusses auch Euro und zwar 7 Stück statt 45 Kuna. Das ist zwar ein Aufschlag von einem Euro, aber immer noch besser, als am Geldautomaten 20 Euro mehr zu zahlen als nötig.

An der Bustür hängt zwar ein Hinweis auf die Maskenpflicht – aber der ist entweder veraltet oder wird ignoriert. Maskenfrei geht also auf die ca. halbstündige Fahrt in die Stadt. Die Straße ist breit, neu und wird schon weit draußen von einem Radweg und vielen Grünstreifen begleitet.

Wir überqueren die Sava, einen Fluss, der dem Abstand der Deiche nach zu urteilen gerne Mal über die Ufer tritt. Einzige Haltestelle und zugleich Endstation ist der Busbahnhof, wo auch noch andere Unternehmen wie z.B. Flixbus angesiedelt sind.

Auf dem Weg zum Hotel probiere ich den nächsten Geldautomaten, und der zahlt mir exakt das, was der Wechselkurs anzeigt, nämlich 1000 Kuna für 132 Euro. Mittagessen im „GoodFood“, wo ich einen ordentlichen Burger plus einheimischem Bier für 64 Kuna kriege, also etwa 8 Euro. Nun ist es Zeit, einzuchecken im Manda Heritage Hotel, das ich für € 69 über Hotels.com gebucht habe und damit deutlich günstiger als die € 105 Euro der offiziellen Preisliste, die in meinem Zimmer ausliegt.

Das Hotel ist modern eingerichtet, sauber und relativ groß, inklusive Schreibtisch, Kaffeemaschine, Sofa, und einem Fernseher, der größer ist als daheim, und auf dem z.B. Netflix und Amazon Prime bereits eingerichtet sind, sodass man sich gegebenenfalls mit dem eigenen Konto einloggen kann. Die Bedienungsanweisungen und touristischen Hinweise für die Gäste sind sorgfältig zusammengestellt und zweisprachig (kroatisch/englisch) abgefasst, außerdem gibt es ein (für mich nicht enthaltenes) Frühstücksbuffet, Wäscheservice und – wer´s braucht – einen benachbarten Schönheitssalon, wo Frau sich mit Massagen und Gedöns zwischen € 40 und 60 verwöhnen lassen kann. Wie ich dem Hotelverzeichnis entnehmen kann, gibt es im näheren Umkreis bzw. werden empfohlen ein halbes Dutzend Museen, einschließlich dem Museum der zerbrochenen Beziehungen, dem Dolac-Markt, 20 Restaurants, einem Dutzend Kneipen und Nachtbars, sowie 7 Bäckereien/Konditoreien und ein paar Geldautomaten.

Das „Alcatraz“ war eine der vom Hotel empfohlenen Kneipen und scheint auch sehr beliebt zu sein. Man trinkt meist ausländische Biere und die feinen einheimischen Weine, beides zu günstigen Preisen (Mein Weißer hat 20 Kuna für 0,1 gekostet). Die Nichtraucher sind in der Minderzahl und haben ihren eigenen kleinen Raum. Nur habe ich leider einen dieser unaufmerksamen Kellner erwischt, die mich ärgern. Insgesamt nicht besonders genug für eine Empfehlung. Dann laufe ich die Tkalciceva- Straße runter und finde unter all den Kneipen eine, die das Frankfurt-Spiel überträgt. History heißt sie, und spielt belanglose Disco-Dudel-Musik. Aber der Service stimmt und 28 Kuna (35 mit Trinkgeld) für einen halben Liter IPA sind ok.

Den zweiten Tag beginne ich mit einem Frühstück bei Verde brunch & caffe. Der Laden steht auf der Google-Liste weit oben, enttäuscht mich aber ein bisschen mit einer wenig freundlichen (weil gehetzten) Kellnerin und statt Auswahl lediglich Croissant, O-Saft, und (guter) Cappuccino. Für 28 Kuna (35 mit Trinkgeld) trotzdem ok, aber dennoch muss ich auf dem Rückweg meine Fleischeslust mit einem Börek stillen. Das Blätterteiggebäck gibt es auf dem ganzen Balkan in verschiedenen Varianten – mit Käse, Spinat, oder so wie meiner mit Hackfleisch. Für 15 Kuna (knapp zwei Euro) werde ich satt und mache mich auf einen ausgedehnten Stadtspaziergang.

Gleich zu Beginn lasse ich mich in die Ausstellung „Parasiten“ im Hdlu Mestrovicev Pavviljon locken. Auch wenn ich wieder einmal schmunzeln muss über die Wichtigtuerei, mit der so mancher hier sein Projekt erklärt (z.B. Ein Schaf vom Kosova nach Albanien zu bringen, und die Reise zwischen den einst verfeindeten Staaten aus der Sicht des Schafs zu betrachten). Trotzdem eine „nette“ Ausstellung in einem der wenigen Museen, die wegen der Schäden des Erdbebens vom 22.März überhaupt auf haben.

Sehr schön, und auch günstig: Zagreb hat sich ´rausgeputzt und steckt voller Überraschungen.

Durch mehrere Parks, in denen überall Tulpen blühen, laufe ich bis zum geschäftigen Bahnhof, wo ich Informationen in Kroatisch, englisch und deutsch finde. Auf dem Platz davor gibt es eine Infosäule in 6 Sprachen, außerdem Leihfahrräder von Nextbike und darunter ein unterirdisches Einkaufszentrum. Dann geht es am Botanischen Garten vorbei wieder zurück in den von Touristen besonders frequentierten Teil der (Alt)stadt, und hoch zur Kathedrale, und später vorbei an vielen lebhaften Kneipen, vielversprechenden Restaurants und Weinstuben.

Tags darauf fahre ich weiter nach Maribor in Slowenien. Aber weil Zagreb mich so positiv überrascht hat, weil es eine sympathische und recht preiswerte Stadt ist, und weil es hier noch Einiges zu entdecken gibt, habe ich meinen Reiseplan angepasst und einen dritten Tag eingeplant, mit dem ich diesen Eintrag aktualisieren werde.