Rating-Agenturen – das Zünglein an der Waage?

Nach Griechenland und Portugal wurde gestern nun auch Irland von der Rating-Agentur Moody´s auf „Ramsch-Niveau“ abgestuft. Von Baa3 auf Ba1. Weil niemand weiß, was das bedeuten soll, haben die Kollegen aus der Wirtschaftsredaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung das Rating freundlicherweise übersetzt: Irland wird seine Schulden voraussichtlich nicht aus eigener Kraft bezahlen können. Zur Erinnerung: Das Land hat gerade erst im vergangenen November 67,5 Milliarden aus dem Euro-Rettungstopf erhalten. Für diese Summe haften alle, die im Euroraum Steuern zahlen. Ebenso wie für die Gesamtsumme von 750 Milliarden Euro für den so genannten Rettungsschirm, der zu einem Fünftel von Deutschland finanziert wird. Macht 9375 Euro pro Kopf. „Allerhöchstens“, versprechen Merkel und Schäuble. Was aber passiert, wenn die 750 Milliarden nicht ausreichen? Was geschieht, wenn andere Euro-Länder ihren Anteil nicht zahlen können? Wer kontrolliert eigentlich, ob unsere Schuldner ihre Versprechen einhalten? Wer prüft ob, Griechen oder Deutsche, Portugiesen oder Franzosen, Iren oder Italiener sparen und ihre Haushalte sanieren, oder ob sie weiterhin über ihre Verhältnisse leben?

Ob ein Unternehmen oder ein ganzes Land seine Schulden zurückzahlen wird – auf diese Frage haben sich die Rating-Agenturen spezialisiert. Ihre Meinung zählt viel bei Banken, Versicherungen und anderen Investoren, und so haben sie großen Einfluß darauf, wohin das Geld auf diesem Planeten fließt.

Erhält ein Land von den Rating-Agenturen die Top-Bewertung (Aaa), so signalisiert dies den Anlegern ein geringes Risiko, auf seinen Schulden sitzen zu bleiben. Steht vorne dran ein B wird´s kritisch. Und ab „Ba“ abwärts heißt es „Finger weg“ – es sei denn man ist bereit, zu spekulieren, ein hohes Risiko einzugehen, und viel Geld zu verlieren.

Nun kann man den Ratingagenturen vorwerfen, dass sie sich in der Vergangenheit wiederholt geirrt haben. Mit ihren viel zu optimistischen Vorhersagen und späten Warnungen sind sie nach Meinung von Kritikern mit Schuld an der letzten großen Finanzkrise. Auch gab es offenbar mehrfach regelrechte „Gefälligkeitsgutachten“, bei denen die Auftraggeber von Rating-Agenturen eine Top-Bewertung bekamen, damit das Geld neuer Investoren anlockten – und dieses anschließend in den Sand setzten. Moody & Co. sind private, gewinnorientierte Unternehmen. Dennoch gelten auch hier die Gesetze des freien Marktes und des gesunden Menschenverstandes: Wer auf Dauer schlecht berät, ist weg vom Fenster.

Den Euro-Freunden und insbesondere den Vertretern der am schlimmsten verschuldeten Staaten missfällt diese Macht der Märkte. Sie wollen die Folgen ihrer Politik nicht durch unabhängige Experten beurteilen lassen, und schon gar nicht durch die Ratingagenturen. Sie glauben offenbar, die Gesetze der Marktwirtschaft außer Kraft setzen zu können, und sie haben dazu vor wenigen Tagen einen neuen Vorschlag gemacht:

Eigene, europäische Ratingagenturen müssen her! Selbstverständlich werden die dann genau so „unabhängig“ sein, wie die Europäische Zentralbank. Alle Leitungsfunktionen werden mit braven Parteisoldaten besetzt – so wie man es in Deutschland mit den aus Zwangsgebühren gespeisten Funk- und Fernsehsendern vorexerziert hat. Diese Handlanger der Macht werden dann ganz Euroland wieder eine Top-Bonität bescheinigen und der Europäischen Zentralbank die Erlaubnis erteilen, beliebig viel Geld zu drucken, um die eigenen Schulden zu bezahlen.

Das ist ein toller Plan, der ganz sicher funktionieren wird. Schließlich hat ja auch der Graf von Münchhausen sich samt seinem Pferd an den eigenen Haaren aus dem Matsch gezogen, als er ganz tief im Schlamassel saß.

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