Twitter: Für eine Handvoll Dollar

Von dem Zeilengeld das Jamie Oliver verdient, können Journalisten wie ich nur träumen. Für eine Kurzmitteilung auf Twitter – das sind maximal 140 Anschläge – würde der berühmte Fernsehkoch 3250 Dollar verlangen, berichtete die Tageszeitung The Guardien gestern auf ihrer Webseite in dem Artikel „The value of a tweet„. Den Kaufpreis für Olivers Twitterbotschaften hat der Autor des Artikels, Leo Hickman, der Webseite Sponsoredtweets.com entnommen. Deren Geschäftsmodell ist es offenbar, Menschen mit Einfluss und Firmen mit Geld zusammen zu bringen. Die Promis kriegen Kohle für ihre Empfehlungen von Produkten, und damit steigt natürlich der Umsatz bei Auftraggebern wie dem Blumenservice 1-800-Flowers, dem Kaufhaus Bloomingdales, bei Fernsehsendern wie FOX Home Entertainment, NBC und Time Warner Cable, beim Softwareproduzenten Microsoft ebenso wie bei Tony’s Pizza oder dem schwedischen Autobauer Volvo.

Das ganze sei natürlich total ethisch, versichert Sponsoredtweets.com auf seiner Webseite, denn wer gesponserte Tweets verbreitet, müsse die Beziehung mit seinem Auftraggeber offenlegen. Dies verlangt jedenfalls die in den USA für Verbraucherschutz zuständige Behörde FTC, die Federal Trade Commission, und ich frage mich, ob solch ein Gesetz nicht auch bei uns längst überfällig ist (Und falls Sie sich jetzt fragen, ob ich hier vielleicht auch Schleichwerbung betreibe, lautet die schlichte Antwort: Nein.)

Zurück zu Hickmans Geschichte, denn die hat mich so neugierig gemacht, dass ich die Sache mit den gesponserten Tweets einmal nachgerechnet habe. In Mathe war ich zwar nie besonders gut, aber den Dreisatz kriege ich vielleicht doch noch hin. Damit könnte ich dann nicht nur ´rauskriegen, was ein Standard-Tweet wert ist, sondern hätte vielleicht auch ein Gefühl dafür, wie lange ich mich hier noch abrackern muss, bis ich meine erste Million zusammengetwittert habe. Aaaalso:

56 (die aktuelle Zahl meiner Follower bei meinem Twitterkonto) geteilt durch 2125482 (die aktuelle Zahl der Koch-Fans laut Olivers Twitterkonto) = 0,0002634696. Diese Zahl entspricht dem relativen Wert meiner Fangemeinde im Vergleich zum Promi-Koch.

Den absoluten Wert bekomme ich durch Multiplikation mit dem Marktpreis von 3250 US-Dollar und das sind satte 8,562762 US-Cent oder umgerechnet 6,4184 Euro-Cent – für jeden meiner Tweets. Bis hierhin habe ich aber schon 752 Kurznachrichten ´rausgehauen, deren theoretischer Gesamtwert somit auf 48,27 Euro zu taxieren wäre – hätte ich denn jeden einzelnen Tweet so gut verkaufen können, wie Oliver die seinen.

Gerade sehe ich, dass die Webseite TweetValue.com einem derartige Berechnungen abnehmen will. Dort gibt man einfach seine Adresse bei Twitter ein und bekommt sofort den hypothetischen Wert seines Profils ausgespukt – in meinem Fall 91 Dollar, bei Jamie knapp 70000.

Noch interessanter finde ich den Stundenlohn für meine Twitter-Arbeit, den ich jetzt wieder aus dem oben ermittelten Gesamtwert von 48,27 Euro herleiten will. Angenommen, ich bräuchte jeweils zwei Minuten um einen mehr oder weniger klugen Gedanken als knackige Kurznachricht zu formulieren, so hätte mein „Gesamtwerk“ bislang 25 Stunden beansprucht (752 Tweets x 2 Minuten)/60 Minuten pro Stunde = 25,0666.. und der Stundenlohn läge gerundet bei 48,27 / 25,07 = 1,93 Euro.

Oliver müsste vielleicht gar nicht so lange nachdenken wie ich, sondern nur das tweeten, was seine Sponsoren gerne lesen würden. Veranschlagen wir dafür trotzdem zwei Minuten, so kommt er auf 2436,10 Euro / Tweet x 30 = 73083 Euro / Stunde.

Die Schlussfolgerung meiner mathematischen Beweisführung lautet somit eindeutig:

Ein richtig guter Koch ist verdammt viel mehr wert als ein mittelmäßiger Blogger. q.e.d.

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