Kleinstes Land im Nahen Osten. Mit Zugang zum Mittelmeer und einem gebirgigem Hinterland, das sich bis über 3000 Meter erhebt. Grenzt im Norden an Syrien und im Süden an Israel. Noch Anfang der 1970er Jahre als „Schweiz des Nahen Ostens“ bezeichnet, scheint der Libanon in einer endlosen Spirale aus Religions- und Bürgerkriegen gefangen. Ein Großteil der Bevölkerung hat das Land verlassen, und man ist in hohem Maße von Auslandshilfe abhängig. Rücküberweisungen machten zuletzt 15,3 % des Bruttoinlandproduktes aus.
In der Hauptstadt Beirut leben ca. 1,65 Millionen Menschen, die nächstgrößeren Städte sind Tripoli (450.000), Sidon (250.000) und Tyrus (160.000). Offizielle Landessprache ist Arabisch, als Handels- und Bildungssprachen sind Französisch und Englisch wichtig. Geographisch ist das Land in vier parallel zur Küste verlaufende Streifen gegliedert: Die dicht besiedelte, 225 Kilometer lange Küste selbst, das Libanongebirge, die Beka-Ebene, und ein weiterer Gebirgszug, der Antilibanon.
Bevölkerung: Laut Volkszählung von 1922 hatten Christen mit 51 Prozent eine knappe Mehrheit. Eine weitere Volkszählung (1972) ermittelte 424.000 christliche Maroniten und mehr als 350.000 Angehörige anderer christlicher Glaubensrichtungen. Seit etwa 1985 bilden Muslime die Mehrheit. Im Jahr 2019 wurde ihr Anteil an der Bevölkerung mit 57 % angegeben, die Christen haben 37 %, und die restlichen 6 % sind vorwiegend Drusen sowie andere, kleinere Gruppen. Das Verhältnis zwischen den Angehörigen der beiden großen und miteinander verfeindeten muslimischen Glaubensgruppen – den Schiiten und den Sunniten – wird meist mit etwa 50 : 50 angegeben, manchen Angaben zufolge sind die Schiiten aber in der Überzahl. Einen großen Einfluss hatten von jeher auch rivalisierende Großfamilien mit überwiegend konservativer Haltung.
Wirtschaft: Sie wird mit 80 % vom Dienstleistungssektor dominiert, der vor allem Handel und Finanzwesen umfasst. Wichtigste Handelspartner sind China (11 % der Importe) und nach Italien (8 %) an dritter Stelle Deutschland, Griechenland und die USA mit jeweils 6 %. Die Exporte gingen zu 21 % nach Südafrika, 9 % Saudi-Arabien, 8 % Vereinigte Arabische Emirate, und 7 % nach Syrien. Bis zum Bürgerkrieg 1975 war auch der Fremdenverkehr eine wichtige Einkunftsquelle. Am Mittelmeer und in der Beka-Ebene erzeugt die Landwirtschaft u.a. Äpfel, Zitrusfrüchte und Wein, aber auch Schlafmohn und Cannabis.
Politik: Das Land ist in zwei Blocks gespalten, unter denen aktuell das schiitische Bündnis aus der vom Iran unterstützten Hisbollah und der pro-syrischen Amal dominiert. Sie stellten nach der Wahl von 2018 mit 40 von 128 Abgeordnetensitzen den stärksten Block im Parlament. Auf der anderen Seite stehen die christliche Minderheit sowie die Sunniten, die von Saudi-Arabien unterstützt werden.
Unter den 976 Kandidaten für die Parlamentswahl waren 111 Frauen gewesen; 6 davon wurden gewählt. Bereits im Jahr davor hatte man einen Artikel des Strafgesetzbuches gestrichen, wonach Vergewaltiger straffrei ausgehen, wenn sie ihre Opfer heiraten.
Ende 2017 wurde das Ergebnis der ersten Zählung der Palästinenser im Libanon veröffentlicht. Erfasst wurden 174.422 Flüchtlinge bzw. deren Nachkommen, die seit dem ersten Nahostkrieg 1948 im Libanon leben, sowie 182.601 weitere aus Syrien geflohene Palästinenser. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen hatte bis dato eine wesentlich höhere Zahl angegeben (469.331) und erklärte den Unterschied damit, dass die Menschen sich nicht abmelden würden, wenn sie den Libanon verlasen. Außer den Palästinensern hat der Libanon auch einen erheblichen Teil der Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen. Ihre Zahl wird auf etwa eine Million geschätzt.
Geschichte: Ab dem 3. Jahrtausend v. Chr. wird die libanesische Küste von den Kanaanitern, dann von den Phöniziern besiedelt. Ab dem 7. Jahrhundert v. Chr. herrschen dort Assyrer, Ägypter, Perser, Babylonier und die Griechen. Alexander der Große (356 – 323 v. Chr.) eroberte die Stadt Tyros. Ab 63/63 v. Chr. gehörte der Libanon als Teil der neugegründeten Provinz Syrien zum Römischen Reich. Im frühen 7. Jahrhundert n. Chr. siedelten christliche Maroniten im Norden des Landes, später wanderten schiitische Araber und Drusen in den Süden ein, während die sunnitischen Muslime sich in den Küstenstädten ansiedelten. 686 wurde das Gebiet von den Arabern erobert. Während der Kreuzzüge (11. – 13. Jahrhundert) umkämpftes Gebiet, danach Teil des ägyptischen Mamluken-Reiches.
Von 1516 bis zum 1. Weltkrieg war der Libanon – ebenso wie das benachbarte Syrien – eine Provinz des Türkenreiches. Als Schutzmacht der dort lebenden Katholiken wurde Frankreich bereits 1525 vom Sultan anerkannt. Diese Rolle dehnte Frankreich 1840 auch auf die Angehörigen der zahlreichen katholischen Ostkirchen (unierte Christen, Maroniten) aus. Es folgte ein Bürgerkrieg zwischen Maroniten und islamischen Drusen mit tausenden von Toten, bis Napoleon III eingriff und die Türkei zwang, eine Verwaltung einzurichten, in der alle Konfessionen repräsentiert waren.
Der 1918 von den Osmanen „befreite“ Libanon wurde vom Völkerbund 1920 unter französisches Mandat gestellt. Es folgte 1926 die Ablösung von Syrien mit eigener Verfassung und Verwaltung. Zwischen den Weltkriegen war insbesondere Beirut vom französischen Lebensstil geprägt und mondäner Treffpunkt der Reichen. 1941 nominelle Unabhängigkeit nach dem Einmarsch französischer und britischer Truppen. 1943 wurde unter deren Aufsicht in einem „Nationalpakt“ die Verteilung der Ämter und Abgeordneten zwischen den Religionen festgelegt. Seitdem musste der Präsident ein maronitischer Christ sein, der Ministerpräsident ein sunnitischer Moslem, und der Parlamentspräsident ein Schiit. 1946 zogen die Besatzer ab.
Nur wenige Stunden nachdem Israel am 14. Mai 1948 seine Unabhängigkeit erklärt hatte, rückten reguläre Armeeeinheiten des Libanons, aber auch Ägyptens, Jordaniens, Syriens und des Irak auf das Gebiet vor. Israel gewann diesen Krieg und viele der 750.000 Palästinenser, die damals aus Israel fliehen mussten, wurden im Libanon aufgenommen. Dort gewannen sie in den Jahrzehnten darauf zunehmend an politischem Einfluss, und die Palästinenser-Organisation PLO nutzte den Libanon als Basis für militärische Aktionen und terroristische Anschläge.
Auch nach dem verlorenen Sechstagekrieg 1967 haben Palästinenser immer wieder vom Libanon aus Israel angegriffen, was zu Vergeltungsschlägen führte. 1975 brach – wieder einmal – ein Bürgerkrieg aus, in dem sich christliche Einheiten und muslimisch-libanesische sowie palästinensische Organisationen gegenüberstanden. Beirut, die Hauptstadt und das wirtschaftliche Zentrum des Landes, wurde dabei weitgehend zerstört. Als im Juni 1982 israelische Truppen im Südlibanon einmarschierten und dort syrische Kampfjets und Raketenstellungen zerstörten, war Bashir Gemayel zugleich gewählter Präsident des Libanon, als auch Anführer der stärksten christlichen Milizen. Er soll einen Friedensvertrag mit Israel ausgelotet haben, wurde aber wenige Wochen später mit 25 weiteren Männern Opfer eines Bombenattentats. Als Rache für diese Tat ermordeten Mitglieder von Gemayels Falangisten-Partei in den Palästinenserlagern Schatila und Sabra Hunderte von Zivilisten.
Nach dem Rückzug Israels 1985 kämpften verschiedene Milizen um die Macht. Bashir Gemayels Sohn und gewählter Nachfolger Amin Gemayel gab 1987 sein Amt „provisorisch“ an Michel Aoun ab, der damit zugleich Präsident und Oberbefehlshaber der (offiziellen) libanesischen Armee wurde. Als Aoun einen Friedensplan ablehnte und die Wahl von Elias Hrawi zum neuen Präsidenten nicht anerkannte, flammten die Kämpfe 1989 wieder auf. Unter dem Druck Syriens musste Aoun kapitulieren und verließ das Land. Eine Verfassungsreform und der „Friedensschluss“ der beteiligten Parteien markierte im Mai 1991 offiziell das Ende des Bürgerkrieges, wobei der Libanon zunehmend unter den Einfluss Syriens und der Hisbollah geriet.
Sehenswert: Wer die Warnungen des Auswärtigen Amtes gelesen hat, in das Land bzw. die betreffenden Regionen einreisen darf, und das Risiko nicht scheut, der findet in Baalbek die wohl imposanteste antike Stätte des Libanons. Früher hieß diese Stadt Heliopolis, und ihre Tempel waren größer als die Bauwerke Roms. Sie gehören ebenso wie die Altstadt zum Weltkulturerbe der UNESCO. Eine der schönsten Landschaften, und ebenfalls Weltkulturerbe, ist das Qadisha-Tal (Wadi Qadisha) mit seinen zahlreichen Klöstern und Wasserfällen.
Übrigens: Das Wahrzeichen des Landes, die Libanon-Zeder, sucht man meist vergebens. Von ursprünglich geschätzt 500.000 Hektar sind nur noch 2000 übriggeblieben. Der Raubbau begann schon in der Zeit der Phönizier, die daraus Schiffe bauten. Auch im ursprünglichen Salomon-Tempel in Jerusalem fand das duftende und haltbare Holz Verwendung.
Der höchste Berg ist das Schwarze Horn (al-Qurnat as-Sauda) mit 3088 Metern. Es gibt mehrere Skigebiete, und die Saison dauert etwa von Dezember bis April.