Bilder verwalten – so geht das

Zurück aus dem Urlaub will ich diesmal einiges besser machen als sonst. Insbesondere habe ich mir vorgenommen, meine Bilder nicht einfach auf die Festplatte zu kopieren, wo sie dann keiner mehr findet und wo sie solange ´rumliegen, bis sich niemand mehr dafür interessiert und sie aus Versehen gelöscht werden. Auf die Schweden-Bilder werden unsere Freunde also noch ein paar Tage warten müssen, dafür beglücke ich alle Interessierten mit dieser Gebrauchsanleitung. In sieben Schritten soll sie euch helfen, Zeit zu sparen und eure digitalen Urlaubserinnerungen optimal zu verwalten.

1. Für die Vorsichtigen: Schon unterwegs vom Speicherchip der Kamera die Bilder gelegentlich auf den Laptop kopieren oder auf einem Speicherplatz im Internet wie z.B. die Dropbox. Dazu muss man natürlich entweder einen Laptop mit auf die Reise nehmen oder ab und zu ins Internet-Café bzw. an einen W-LAN Hotspot, um die Dateien hochzuspielen. Ersteres kostet Gewicht, letzteres vor allem Zeit. Erfahrungsgemäß bringen wir zu zweit aus 14 Tagen Urlaub ca. 1500 digitale Fotos mit, was etwa 6 Gigabyte entspricht.

Die ganz Vorsichtigen machen nach jedem der folgenden Schritte eine neue Sicherheitskopie aller (verbleibenden) Dateien. Ich tue dies nicht, denn das frisst einen Haufen Speicherplatz bzw. DVDs, und es kostet auch extra Zeit. Mein Windows 7 läuft auf einem gewöhnlichen Aldi-Rechner stabil genug, um auf diese Vorsichtsmaßnahme zu verzichten – trotzdem folgt ihr meinem Beispiel natürlich auf eigenes Risiko.

2. Wer es nicht schon auf der Kamera gemacht hat sollte daheim an einem größeren Bildschirm alle Fotos mit einem Dateibetrachter oder dem Explorer schnell durchsehen und den Ausschuss sofort löschen.

3.  Überprüfen, ob das Datum der Dateien stimmt. Oftmals vergisst man nämlich diese Einstellung zu korrigieren, wenn man in eine andere Zeitzone reist. Oder man hat übersehen, dass von Winter- auf Sommerzeit umgestellt wurde. Oder beim Austausch der Kamera-Batterie wurde alles zurück gestellt auf den 1.1.2010 usw. Falls nötig, das Datum bei allen betroffenen Bildern auf einen Rutsch korrigieren. Ich mache das mit dem Zahlprogramm IMatch von Photools, indem ich direkt die EXIF-Daten überschreibe und diese dann auch noch in die IPTC-Daten kopiere. Das Programm ist allerdings in englisch und mit seinen Bazillionen von Funktionen eher ´was für Fortgeschrittene. Viele andere Bildbearbeitungsprogramme und Bildverwaltungsprogramme haben die Funktion der reihenweisen Datumskorrektur aber ebenfalls, zum Beispiel das sehr gelungene Picasa von Google. Zur Not geht es angeblich auch mit der Windows Live Fotogalerie, die beim Betriebssystem Windows 7 mit enthalten ist (Anleitung von Microsoft hier).

4. An diesem Punkt sollte man den Dateien sinnvolle Namen geben, sodass sie auch mit der einfachen Windows-Suche wieder leicht zu finden sind. Völlig nutzlos sind dabei natürlich Dateinamen wie „P1030733.JPG“, „P1030734.JPG“, „P1030735.JPG“ wie sie Digitalkameras automatisch erzeugen. Mehr Sinn macht ein Format wie „Schweden – 001“, „Schweden – 002“, „Schweden 003“.

Spätestens an dieser Stelle möchte ich das Programm IrfanView empfehlen, das für Hobbyfotografen wie unsereins kostenlos zu haben ist unter http://www.irfanview.de/ (rechts oben auf „deutsche Version“ klicken und samt deutschsprachiger Hilfe ´runterladen). Damit klappt die Umbenennung ganz leicht: Erst unter „Optionen“ unter „sortiere Dateien“ im ausgewählten Verzeichnis nach Datum aufsteigend sortieren. Dann unter Datei/Batch-Konvertierung/Batch-Umbenennen den Bildern sinnvolle Namen geben. Wenn ihr diese nun noch in ein Verzeichnis wie „Urlaub/2011“ kopiert, habt ihr schon einen großen Schritt in Richtung einer ordentlichen Bildersammlung getan.

IrfanView kann übrigens noch sehr viel mehr als nur Bilder umbenennen und es ist – wenn man sich ein wenig eingearbeitet hat – immer noch eine gute Alternative zu Picasa. Wem allerdings das Umbenennen mit IrfanView zu kompliziert ist und oder wer nur diese eine Funktion braucht, ist mit dem Ant Renamer womöglich besser beraten.

Mir erscheint es sinnvoll an dieser Stelle eine Sicherungskopie der Foto-Dateien auf DVD und/oder eine externe Festpatte zu machen. Wer es gerne einfach hat, kann hier einen Schlussstrich ziehen und die Lektüre dieses Beitrags beenden. Wer weitermachen will hat hiermit nicht nur eine gute Versicherung, wenn bei der späteren Bildbearbeitung etwas schief gehen sollte, er kann diese Bilder auch leicht weiterreichen und z.B. seinen Freunden unter den Weihnachtsbaum legen, sodass diese die Bilder nach eigenen Vorstellungen ausmisten, bearbeiten oder katalogisieren können.

Angesichts der Fortschritte bei der Software zur Bildbearbeitung und –Verwaltung könnte ich mir vorstellen, dass viele Schritte, die in den weiteren Punkten dieser Gebrauchsanleitung beschrieben werden, schon in wenigen Jahren überflüssig sein könnten. Etwa dann, wenn wirklich intelligente Programme mit hoher Zuverlässigkeit erkennen, was man da eigentlich fotografiert hat und ohne fremdes Zutun die Bilder katalogisieren.

5. Nicht jeder wird diesen Punkt für nötig halten, dennoch empfehle ich auch noch in die Dateien hinein zu schreiben, wer die Bilder aufgenommen hat. Dass ihr die Rechte an den Bildern habt, wird z.B. durch einen Copyright-Vermerk wie „Copyright © 2011 Michel Mustermann“ klar gestellt. Den schreibe ich wiederum mit dem Programm IMatch standardmäßig in alle meine digitalen Fotodateien hinein, und zwar bei den IPTC-Daten, wo hierfür ein eigenes Feld vorgesehen ist.

Übrigens kann man seinen Namen auch direkt ins Bild hinein schreiben, sodass er zum Beispiel am rechten unteren Rand für jeden sofort sichtbar wird (so geht´s mit IrfanView). Ich bevorzuge allerdings die erste Variante und schreibe meinen Namen nur dann noch zusätzlich in die Kopien von Bildern, wenn ich diese Internet veröffentlichen will und von  einer großen „Klau-Gefahr“ ausgehen muss.

6. Jetzt geht´s ans Eingemachte. Soll heißen, dass ich mit derzeit etwa 30000 Bildern auf meiner Festplatte (darunter eingescannte Dias und Fotos aus Familienalben, die bald 100 Jahre zurück reichen) ständig gegen das Chaos ankämpfen muss. Es lockt mich auch die Vorstellung, auf Knopfdruck jedem meiner Bekannten eine Zusammenstellung seiner Porträts anfertigen zu können oder den Computer beispielsweise alle Bilder mit Brücken, Leuchttürmen oder Vögeln ausspucken zu lassen. Nochmals hier die Warnung: Dieser Versuch, Ordnung zu schaffen, kann leicht zum Fass ohne Boden werden. Besser ist es allemal – ihr sucht einen gelangweilten Onkel oder einen 1-Euro-Jobber, der euch diese Arbeit abnimmt.

Keinen gefunden? Dann also los mit der Katalogisierung. Nein halt. „Erst grübeln, dann dübeln“, habe ich gelernt. Soll heißen, dass ihr euch VORHER einen Plan machen sollt, welche Art von Ordnung für EUCH sinnvoll ist. Bei mir gibt es zum Beispiel Personen, Orte, Tiere & Pflanzen, Wissenschaft & Technik. Als Unterkategorien dann Familie, Freunde, Bekannte bzw. Europa, Schweden, Stockholm. Andere knipsen lieber Schlösser, Burgen und Kirchen oder Mopeds oder Musiker. Macht euch ´ne Liste und verästelt die Kategorien (manchmal „Tags“ genannt) so weit, wie es sinnvoll erscheint. Am Ende sollte eine Bildersammlung stehen, in der vor allem ihr selbst findet, wonach ihr sucht. Wenn auch noch eure Enkel in 50 Jahren euer System durchblicken seid ihr richtig gut – aber wetten würde ich darauf nicht.

Die Software, die euch einen Teil der Arbeit abnimmt, ist ständig im Wandel ist und die Geschmäcker sind ebenso verschieden wie die Vorkenntnisse. Daher ist meine Empfehlung auch mit Vorsicht zu genießen: Aktuell erscheint mir Picasa von Google ein gelungener Kompromiss zwischen Leistungsfähigkeit und leichter Bedienung – noch dazu ist es kostenlos. Zum Kaufen gibt´s zum Beispiel Lightroom, Photoshop Elements und ACDSee.

Ein Fallstrick bei der Auswahl ist die Tendenz der Firmen, jeweils eigene Systeme anzubieten, die sich später als nicht kompatibel erweisen. Soll heißen, dass euch zum Beispiel das Programm A verlockend erscheint und ihr nach ein paar Hundert Stunden Arbeit feststellt, dass mittlerweile Programm B viel besser ist. Dumm nur, dass ihr all eure Informationen nicht mitnehmen könnt und nun vor der Wahl steht, mit einem veralteten Programm zu arbeiten oder einen riesigen Haufen Informationen neu eingeben zu müssen. Dies ist auch der Grund, warum ich (vorerst) bei IMatch bleibe: Hier werden meine Daten nämlich so abgespeichert, dass ich sie hinterher auch wieder ´rausholen kann. Hoffentlich.

Ein Tipp zum Abschluss dieses Abschnitts: In den Kategorien oder Tags solltet ihr auch eine Bewertung eurer Bilder vorsehen. Ob A,B,C oder einen bis fünf Sterne ist wurscht. Hauptsache, ihr habt einen Filter, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Eure Zuschauer werden es Euch danken. Nichts ist ätzender, als sämtliche 4000 Bilder anschauen zu müssen, die Onkel Karl binnen 7 Tagen auf Mallorca geknipst hat – nur weil er die 100 besten einfach nicht finden kann.

7. Es ist Zeit für eine weitere Sicherungskopie, denn mit jeder Stunde Arbeit werden eure Bilder wertvoller. Jetzt also die Sicherung mit all den Stichworten. Bitte sorgt dafür, dass auch in zehn Jahren das Programm noch auffindbar ist, mit dem ihr diese Stichworte eingepflegt habt.

Steht ihr so wie ich auf GPS-Daten? Wollt genau wissen, welches Bild wo aufgenommen wurde? Dann empfiehlt sich eine Kamera, die das für euch schon vor Ort erledigt. Beispielsweise die Lumix TZ 10 von Panasonic, die ich mit ihren Tücken und Tugenden bereits in einem früheren Beitrag beschrieben habe. Ansonsten gibt es Helferlein von Google, den Geosetter, Locr und andere Produkte, auf die ich ein andermal eingehen werde.

Und natürlich kann man noch beliebig viel Zeit damit verlieren, seine Bilder zu bearbeiten: Weg mit den roten Augen, die dunklen Stellen aufhellen, den Ex-Freund ausradieren oder auch nur die Staubkörnchen, die unmittelbar vor dem Einscannen auf unsere Dias herab gerieselt sind. All das wäre einen eigenen Beitrag wert – und vielleicht schaffe ich auch den einmal in ferner Zukunft. In der Zwischenzeit könnt ihr aber gerne schon mal loslegen und eure Erfahrungen hier hinterlassen. Falls die Sache in die Hose geht und ihr feststellen solltet, dass die Bilder vorher eigentlich doch besser waren, habt ihr ja immer noch die letzte Sicherheitskopie – gelle?

Zugabe für Åland

Eigene Flagge, eigene Briefmarken und auch sonst sehr eigen: Die Aland-Inseln gehören zwar seit 1921 als entmilitarisierten Zone „offiziell“ zu Finnland, doch spricht und fühlt man sich eher schwedisch.

Der Himmel so blau, die Luft so klar, die Leute so freundlich und das Glück auf unserer Seite. Kurzum haben wir deshalb heute unseren Aufenthalt auf Åland um zwei Tage verlängert. Eine Stornierung im Gasthaus Christiansund machts möglich und selbst auf der Fähre war am Sonntag-Abend noch einer der letzten Plätze frei – also haben wir nicht lange gefackelt. Klar bin ich neugierig auf Uppsala und Sigtuna, das Skolkloster und den Tiveden-Nationalpark – aber hier auf Åland nach nur zwei Tagen wieder abzureisen, erschien uns wie ein Frevel – zumal es offenbar noch jede Menge zu entdecken gibt.

So wie gestern, als ich mir ein Dreigang-Fahrrad mit Körchen vor dem Lenker geliehen habe, um unseren Zipfel der Insel Eckerö zu erkunden. Gewünschter Nebeneffekt: Ich bleibe im Training für die Renchtalrunde (aber das ist eine andere Geschichte). Na jedenfalls war die Insel dann doch nicht ganz so flach, wie sie von der Fähre ausgesehen hat. Und meine mountainbikenden Freunde hätten bestimmt ihren Spass daran gehabt zu sehen, wie ich immer wieder aus dem Sattel gehen musste, um die achterbahnmäßige Schotterstrecke nach Långöjen (auch „Långön“ geschrieben) zu bewältigen, wo ich nicht nur das Ende der Straße erreichte, sondern auch den laut Karte nordöstlichsten Punkt von Eckerö.

Schon kurz nach der Abzweigung von der Hauptstraße 1 der Insel stieß ich dabei auf das Eckerö Hotel und dessen bunte Reklametafel für den „Elvis von Aland“, der mit bürgerlichem Namen Ronald Karsson heißt und hier sechs mal pro Saison seine Show abzieht. Das man sich in dem Hotel deshalb gleich mit Graceland vergleicht, läßt mich schmunzeln. Und obwohl man für ein „exklusives Elvis-Menü“ samt Eintritt 53 Euro hinblättern müsste, wäre ich an solch einem Abend doch gerne einmal dabei.

Vorbei ging es am Campingplatz und Konferenzzentrum Käringsund, mit seinen vielfältigen Freizeitangeboten und einem vergleichsweise preiswerten Restaurant mit großen Portionen. Geschätzte 12 Kilometer weit war der Weg, der zunächst auf Asphalt, dann auf Schotter durch den teilweise recht schütteren Wald führte, wo sich zähe Kiefern, Flechten und Moose auf dem roten Granit festkrallen. Mal links, mal rechts gab es Ausblicke auf die blaue Ostsee. Eine Lachsfarm mit allerlei Bottichen, Geräteschuppen und Maschinen unterbrach kurz die Idylle und dann ging es vor einem Windrad rechts ab, das letzte Stück Straße bis zum handgemalten Ortschild von Långöjen.

Dort endete die Schotterpiste direkt am Meer und ich erblickte rund herum die offenbar typische schwedische Grundausstattung: Ein schmuckes Holzhaus am Meer (oder wahlweise auch auf einer grünen Wiese oder an einem See), Doppelgarage mit Volvo oder ähnlich repräsentativem Auto davor (in diesem Fall eine dreifach-Garage mit einem 500er Mercedes und einem Volvo), Bootsschuppen und Anlegestelle. Die Einwohnerzahl von Långöjen, schließe ich messerscharf, entspricht der Zahl der Bewohner dieses Hauses. Ob es wohl drei, vier oder fünf sind?

Taktvoll halte ich mich abeits des Hauses, stelle fest dass dessen Besitzer auch einen kleinen Sandstrand vorzuweisen hat, neben dem ein Ruderboot und zwei Kanus im Gras liegen. Zwischen den Felsen hat er an einer windgeschützen Stelle einen rustikalen Holztisch mit zwei Bänken eingepasst und ein paar Meter weiter lädt ein sorgfältig ausgerichteter Stamm dazu ein, den Blick aufs Meer und die vorgelagerten kleinen Inseln zu genießen. Dies tue ich ausgiebig, schaue den Seeschwalben beim Fischfang zu und versuche recht erfolgreich, nicht neidisch zu sein.

Als ich mich wieder auf´s Fahrrad schwingen will, begegne ich dem Hausbesitzer, der mich nach meiner Herkunft fragt. Ich antworte und mache ihm ein Kompliment für sein schönes Haus „am Ende der Welt“. Für ihn sei es die Mitte der Welt, entgegnet er und fügt auf deutsch hinzu, dass er schon mindestens 50 Mal in Deutschland gewesen sei. Auch in Baden-Baden, erklärt er auf meine Versuche, Offenburg in der Nähe von Straßburg zu verorten. Wieder ´was dazu gelernt, denke ich auf dem Heimweg und sinniere über den sehr speziellen Charakter von Åland:

Dessen weniger als 30000 Einwohner verteilen sich auf 6700 Inseln – macht durchschnittlich 4 Personen pro Eiland. Wo sonst auf der Welt gibt es noch solch eine Quote, frage ich mich verblüfft. Die Karibik mag höhere Duchschnittstemperaturen haben. Aber die langen Sommernächte, die klare Luft und das satte Grün wird man dort vergebens suchen. Die Attraktionen hier sind zugegebenermaßen nicht gerade atemberaubend. Aber die Inseln, die erst vor 8000 Jahren aus der Ostsee aufgetaucht sind, haben eine interessante Geschichte vorzuweisen. Mal schwedisch, mal russisch waren sie Durchgangsstation und Transportweg auf dem Weg von Stockholm ins heutige Finnland, wovon noch heute eines der größten Gebäude hier zeugt: Das Post- und Zollamt auf Eckerö war der westlichste Außenposten des Zaren und musste deshalb auch entsprechend repräsentativ sein. Heute ist ein kleines Museum ´drin und ein Café und von hier ab finden sich immer wieder Infotafeln auf schwedisch, englisch, finnisch und deutsch, auf denen die Sehenswürdigkeiten entlang des alten Postweges erklärt sind.

Biegt man von der Fähre kommend nach zwei oder drei Kilometern auf der Inselstraße mit der Nummer 1 recht ab in Richtung Torp und fährt noch einige Kilometer weiter nach Süden landet man auf dem Campingplatz Degersand und seinem Restaurant „Q“. Hier findet sich ein echter Sandstrand, dekoriert auf seiner östlichen Seite mit einem Dutzend schmucker Holzhäuschen. Wir dagegen entscheiden uns für die westliche Sete des Strandes, wo wir uns bis in den Abend hinein auf die glatten, warmen Granitfelsen fläzen. Und so ganz ohne Ablenkung entdeckt wir auch bald jede Menge Tierchen , die die Flut in ein paar Pfützen hinterlassen hat: Gestreifte Fischlein, kaum größer als ein Fingerglied, Wasserasseln und Schwärme weißer Pünktchen – Wassermilben vielleicht? – die scheinbar zielllos hin und her wuselten.

Mit so viel Zeit scheuten wir nicht einmal vor dem Besuch der Kirche von Eckerö zurück, die um 1400 aus groben Steinen exakt zusammen gesetzt wurde und die mit Schindeln gedeckt ist. Nur ein paar Meter entfernt davon liegen einige Hügelgräber, deren Umrisse man unter dem Gras erahnen kann, und die offenbar exakt nach Norden ausgerichtet wurden. Was auch immer sich die Menschen in der Zeit zwischen 400 und 1000 n.Ch. dabei gedacht haben mögen, dass ihre Inseln einmal zu solch einer friedlichen Oase würden, haben sie wohl kaum erahnt.

Thank you for the music auf Eckerö

Etwas unvermittelt erscheint hier der erste Eintrag zu unserer Schweden-Reise. Noch dazu, wo wir jetzt „eigentlich“ in Finnland sind. Und eigentlich wollte ich ja auch alles schön ordentlich von Anfang an erzählen. Aber nun sind wir halt schon mitten ´drin, im Urlaub. Bis hierhin hatte mich die Arbeit in Form von unzähligen Änderungswünschen an meinem letzten großen Artikel verfolgt. Aber heute ist dann endlich der Knoten geplatzt. Wie passend, dass wir im Auto eine Abba-CD fanden, auf der uns gleich der erste Song zum mitträllern animierte, als wir duch die wunderschöne Landschaft fuhren. Wer immer die CD vergessen hat: „Thank you for the music.“

Nun ist also Schluss mit den Nachtschichten und ich kann endlich den Urlaub genießen. Und erzählen, von dem Flecken Erde ist, an dem ich diese Zeilen schreibe: Wir sind auf Åland, genauer auf der Insel Eckerö und noch genauer im Gästgård Christiansund, einer Pension mit einer Handvoll Zimmer, die auch Bed und Breakfast anbietet. Das W-LAN reicht von dem ockerfarbenen Häuschen über den großen Rasen mit seinen Sitzgelegenheiten und an der finnischen Sauna vorbei bis ans Wassser, über dem die Seeschwalben zu meinem Entzücken ihre Flugmanöver vorführen.

Selbst vom hauseigenen Bootsanlegesteg hat man noch Empfang, doch dürften sich die meisten Reisenden eher an der Aussicht auf die rot bemalten Bootshäuschen an den Ufern dieser Meeresenge freuen. Einige Mehlschwalben haben dort ihre Nester gebaut und jagen über dem Wasser fleißig nach Insekten, während die Kollegen von der Seeschwalbengemeinde mit etwa jedem dritten Sturzflug ein Fischlein erbeuten.

Auch nach 20:00 scheint an diesem Junitag die Sonne noch kräftig genug vom Himmel herab, um uns trotz kurzer Hosen und T-Shirt ausreichend zu wärmen. Mehr noch, der Genuss des von der Fähre mitgebrachten Büchsenbiers wird so noch einmal gesteigert. Wer hier an solch einem sonnigen Tag mehr als nur ein paar Abendstunden verbringen will, sollte die Sonnencreme nicht vergessen.

Amseln fangen an zu singen und von der Ruhebank auf dem Bootssteg glaube ich im dunklen Wasser einen Stichling zu erkennen. Die Wikipedia belehrt mich, dass ich durchaus meinen Augen trauen darf, denn „die gewandten Schwimmer kommen im Süßwasser und im küstennahen Brack- und Meerwasser vor.“ Ich verzichte auf eine Geschmacksprobe des Wassers, schließlich weiss ich ja, dass die Ostsee Dank der vielen Zuflüße und geringen Verdunstung einen ziemlich niedrigen Salzgehalt hat.

Vor meinen nackten Füßen erstreckt sich der Christiansund, der anscheinend bei der Namensgebung unserer Pension Pate stand, von hier etwa 15 Kilometer weit in südlicher Richtung bis er sich zur Ostsee hin erweitert. Eckerö hat keine 1000 Einwohner und ist – wie die anderen 6700 Aland-Inseln, eine finnische Provinz. Dies obwohl hier fast alle Einwohner schwedisch sprechen und sich so gar nicht mit ihren finnischen „Landsleuten“ identifizieren wollen. Eine seltsames Konstruktion, die auf eine Entscheidung des Völkerbundes von 1921 zurück geht, wonach die Åland-Inseln als entmilitarisierte Zone zu Finnland gehören.

Sei´s drum, heute ist alles friedlich, der weiße und der lila Flieder blüht, die Kastanien ebenso. Auf den Feldern wachsen Butterblumen und die Birken und Buchen, Eichen sowie gelegentlichen Nadelbäume zeigen ein sattes Grün. Morgen werden wir uns wohl ein Fahrrad leihen und mindestens bis zur Kirche von Eckerö fahren, ein wenig spazieren gehen, am Wasser sitzen und drauf schauen, lesen oder einfach gar nix tun. Und wenn dann noch Zeit bleibt erzähle ich Euch von unserem Ausflug und was es hier sonst noch so alles zu entdecken gibt…