Fenix 5 – Ein Verriss

Soeben ist bei Garmin die neueste Reihe von Sportuhren der Oberklasse erschienen – die Fenix 6 mit einem halben Dutzend Modellen und Sonderausstattungen, mit Preisen zwischen 600 und 1150 Euro. Bevor ihr nun aber losrennt und Euer sauer verdientes Geld für einen dieser vermeintlichen Alleskönner ´raushaut, habe ich einen Tipp für Euch: Tut es nicht.

Ich sage das, ohne die Fenix 6 getestet oder auch nur in Händen gehabt zu haben. Denn die Wahrscheinlich ist groß, dass ihr davon genauso enttäuscht sein werdet wie ich von meiner Fenix 5 Plus, die ich vor etwa einem Jahr zum stolzen Preis von € 650 (jetzt € 580 bei Amazon) guter Hoffnung erworben habe.

Aber lasst uns positiv beginnen: Die Uhren der Fenix-Serie von Garmin sehen schick aus, haben im Gegensatz zu typischen Smartwatches ordentliche Laufzeiten im GPS-Betrieb, und sie können alles, was ein gutes Fitnessarmband auch kann, und sogar noch ein bisschen mehr. Allerdings kosten sie auch mindestens drei Mal so viel – und dann will man schon wissen, wofür.

Ich habe meine Garmin gekauft wegen der Navi-Funktion mit der eingebauten, hochauflösenden Europakarte, und wegen des Roundtrip-Routings, bei dem man vom eigenen Standort aus Vorschläge bekommt, wobei man die Streckenlänge und Richtung vorgeben kann. Dumm nur, dass beide Funktionen so wenig ausgereift sind, dass sie praktisch nutzlos sind.

Fangen wir mit dem Roundtrip-Routing an: Es schlägt einigermaßen sinnvolle Touren vor, und auf dem Mountainbike kann ich die Richtungs- und Abbiegehinweise auch gut lesen. Das Problem: Nach jeweils etwa 10 Minuten Fahrt geht die Uhr in den Schlafmodus. Davor wird zwar eine 30 Sekunden lange Warnung eingeblendet. Wenn man die aber übersieht, und nicht rechtzeitig einen der Knöpfe an der Uhr drückt, landet die Tour im Orkus. Eine Fortsetzung ist nicht möglich, die Daten sind unwiederbringlich verloren, und wenn man zum Ausgangspunkt zurück will, ist auch diese Information verschwunden. Auf den ersten sieben Ausfahrten ist mir das sechs Mal passiert. Man steht dann in der Pampa und muss sich mit anderen Funktionen abkämpfen, um wieder nach Hause zu finden.

Wie findet man überhaupt die Ziele in der Umgebung mit der Fenix 5? Nun, eigentlich sollte das Dank der unzähligen eingespeicherten Ortsmarken (Points of Interest, POI) kein Problem sein. Die sind im Navigiermodus ebenso zu erreichen wie beim Start der verschiedenen Aktivitäten wie Laufen, Wandern oder Radfahren. Städte, Restaurants, Tankstellen, Unterkünfte, Sehenswertes, Bahn- und Busstationen und vieles mehr machen Lust auf Erkundungen aber ach: Der erhoffte Wegbegleiter, auf den man sich in fremdem Gelände verlassen kann, ist diese Funktion leider auch nicht.

Konkretes Beispiel: Ich habe mit dem Mountainbike einen Hügel erklommen und möchte auf dem Heimweg noch bei einem mir bereits bekannten Restaurant halt machen. Bin gespannt, welchen Weg die Uhr mir zu dieser Lokation vorschlägt, die gerade einmal fünf Kilometer Luftlinie entfernt ist. Ziemlich umständlich (es gibt keinen Touchscreen, und man muss mit den schwergängigen Knöpfen in einem Auswahlmenü die Buchstaben der Kneipe einzeln anfahren) gebe ich „Großer Deich“ ein, und warte zunehmend ungeduldig, während die Uhr „berechne“ anzeigt. Eine Viertel Stunde später hat sie das Ziel immer noch nicht gefunden, und als ich es mit der korrigierten Eingabe „Zum großen Deich“ versuche, wiederholt sich das Trauerspiel, bis ich entnervt abbreche.

Einer Eingebung folgend, frage ich mal bei Google Maps auf meinem Android-Handy nach der gleichen Kneipe. Das für Garmin absolut blamable Ergebnis: Google findet den Zielort binnen Sekunden, egal mit welcher Eingabe und liefert auf Wunsch ebenfalls im Handumdrehen eine für das (Touren)Fahrrad optimierte Route dorthin.

Zugegeben – manchmal klappt es auch mit der Navigation. Aber auch dann nerven die Wartezeiten und die mühsame Eingabe des Zieles.

Nun könnte man ja die etwas schwerfällige Software vielleicht überlisten, indem man eine andere Funktion nutzt: Auf der Garmin-Webseite finden sich ja bereits jede Menge Touren, die andere Sportler absolviert und dort eingestellt haben. Die kann man auf der Landkarte anzeigen, bearbeiten und auch auf die Garmin-Uhren schicken, und natürlich geht das ebenso mit den eigenen Touren, wie mit solchen, die man aus anderen Quellen importiert hat. Gesagt getan: Ich erschaffe auf der Webseite eine Route von Heidelberg ins 30 Kilometer entfernte Waghäusel. Die Software schlägt besonders beliebte Strecken vor, ich kann wählen zwischen Mountainbike, Rennrad oder „Off-Road-Radfahren“, und weil ich gerne Vögel beobachte lege ich meine Route noch extra sorgfältig durch ein Schutzgebiet wenige Kilometer vor dem Zielpunkt in Waghäusel. Dann wird das Ganze abgespeichert, auf die Uhr übertragen, und schließlich am Startpunkt wieder aufgerufen.

Und schon beginnt das Ärgernis auf´s Neue. Ich rufe die bereits gespeicherte Strecke auf, und blicke ungeduldig auf die Anzeige, die da sagt: „berechne“. Dies dauert bei mir regelmäßig zwischen 10 und manchmal bis zu 40 Minuten (!), und das, liebe Garmin-Leute, ist ein Armutszeugnis. Wieder mache ich den Vergleich mit Google Maps und wieder habe ich den Zielpunkt und die Strecke binnen weniger Sekunden vor Augen. Ich fahre los, und lasse die Garmin derweil berechnen, bis sie sich nach ca. acht Kilometern Strecke gnädigerweise einklinkt. „Geschafft“, denke ich mir, freue mich an der superhochauflösenden topographischen Karte, die ich abwechselnd mit einem halben Dutzend frei wählbarer Infos auf dem Display anzeigen lasse. Misstrauisch werde spätestens dann, als ich zum zweiten Mal über die Autobahn geroutet werde, und leicht nervös, als zwischendurch das Display stockt und ich wieder zwei Minuten „berechne“ sehe. Ja, und irgendwann (die Autobahn wurde ein Drittes Mal überquert, sodass ich wieder auf der richtigen Seite bin), habe ich dann tatsächlich auch mein Ziel erreicht. Mit vier zusätzlichen Kilometern, und an dem eigentlich geplanten Höhepunkt vorbei!

Die folgenden zwei Bilder zeigen zuerst die geplante Route, und dann die streng nach Anweisung gefahrene Strecke, auf die ich geschickt wurde. Nicht gut!

Natürlich könnte ich auch jede Menge Dinge erzählen, die die Fenix 5 ganz toll hinkriegt, aber es bleibt das schlechte Gefühl, dass ich wieder einmal den Beta-Tester für ein unfertiges, überteuertes Produkt gemacht habe. Für heute will ich meinen Rant beenden; alles, was man sonst noch so über die Uhr wissen mag, lest ihr am Besten in den zahlreichen Berichten auf Amazon nach.