Der erste Tag meiner Wanderung auf dem GR 221 beginnt mit blauem Himmel, einer Idealtemperatur von 18 Grad und einem feudalen Frühstück in meiner Unterkunft, dem Hostal Catalina Vera. Da ich hier noch zwei Übernachtungen vor mir habe, kann ich einen Teil meines Gepäcks zurück lassen und laufe mit geschätzten fünf Kilogramm auf dem Buckel zum Wasser.
Freunde, die ohnehin schon über meine Planungswut lächeln, beglücke ich gleich mal mit der ersten logistischen Panne: Zwar habe ich mein Navigationsgerät Teasi One2 geladen und eingesteckt – nur leider fehlt die Landkarte für Spanien, ohne die ich mit den tollen GPS-Daten nichts anfangen kann. Ich erinnere ich mich, das Kartenmaterial daheim am PC herunter geladen zu haben. Dumm nur, dass ich es dann offenbar nicht auf mein Gerät überspielt habe…
Sei´s drum: Mit dem Teasi war ich ohnehin nie so richtig zufrieden, und an diesem Tag erweist sich mein Handy mit der App von Outdooractive als vollwertiger Ersatz. Irgendwo auf der Strecke verliere ich das Teasi dann auch noch – als ob ein grimmiger Wandergott mir sagen wollte: “Konzentriere Dich auf das Wesentliche.“
Tu ich ja auch. Laufe durch Port d´Andraxt auf die andere Seite der Bucht und suche den Einstieg in diese Fernwanderung. Laufe daran vorbei, und versuche, als ich den Fehler bemerke, quer durch den Ort den Wanderweg zu erreichen. Vergeblich. Anscheinend gibt es keine Durchgangsstraße, also geht es wieder zurück ans Wasser bis von dort die Straße Carrer de Aldea Blanca abzweigt. Meine Karte und der Wanderführer sagen übereinstimmend, dass er hier beginnt, der GR 221.
Zu meinem Ärger gibt es nicht den kleinsten Hinweis. Kein Schild, keine Markierung, geschweige denn eine große Übersichtstafel, wie man sie bei uns an jedem Waldparkplatz findet. Dafür, dass wir jetzt gleich ein Schutzgebiet betreten, das als UNESCO-Weltkulturerbe ausgezeichnet wurde, und dafür, dass die EU alleine in den Jahren 2015 – 2020 fette 61 Millionen Euro für die Entwicklung des ländlichen Raumes spendiert hat, finde ich das eine ganz schwache Leistung, meine lieben Mallorquiner!
Falls Ihr also irgendwann einmal an dieser Stelle stehen solltet: Lauft die Carrer de Aldea Blanca hinauf, folgt der zweiten Abzweigung Cami de Calat d´Egos nach links und aus dem Ort heraus, immer steil bergauf und gelegentlich die vielen Kehren des Fahrweges schneidend. Den Spuren nach zu urteilen, donnern hier auch häufiger Mountainbiker bergab – die jedoch entweder lebensmüde sind oder zu den fortgeschrittenen Anhängern dieses Sports gehören.
Oben erreichen wir ein Joch, das Coll des Vents und werden mit den ersten schönen Ausblicken belohnt. Ein recht breiter, teils bewaldeter Weg führt am Westhang des Puic d´en Ric entlang und man sieht bereits den Sendemast in der Nähe des Pas Vermell. Dort an der steilen Felswand zu stehen und auf die zackigen Bergrücken der „Dracheninsel“ Sa Dragonera zu schauen, war für mich der Höhepunkt der heutigen Etappe.
Ein wenig suchen musste ich an diesem Eck aber schon wie es weiter geht, und insbesondere, wo der Einstieg in den Abstieg ist. Wie bereits gesagt gibt es hier Null Wanderschilder, und die sporadisch auftretenden roten Punkte an manchen Felsen stammen nicht etwa von der hiesigen Verwaltung, sondern von den Anbietern verschiedener – oft geführter – Touren. Als zuverlässiger erwiesen sich im Rückblick die Steinmännchen am Wegesrand, auch wenn ich sie am Anfang eher für eine Spielerei, denn für Wegweiser gehalten habe.
Der Weg war gut begangen, aber nicht überlaufen. Die meisten Wanderer Deutsche und gefühlt doppelt so alt wie ich. Das dürfte auch erklären, dass mich heute keiner überholt hat, obwohl ich bei steilen Stellen ´ne ziemliche Schnecke bin.
Rund drei Stunden hat die Etappe mit ihren 400 Höhenmetern gedauert, 2:45 waren es ohne Pausen. Gemessen habe ich von der Carrer de Aldea Blanca in Port d´Andratx bis zur Bushaltestelle beim Strand von Sant Elm. Die Entfernung habe ich sowohl mit meiner App Runtastic Pro auf dem Handy gemessen – da waren es 7,65 Kilometer – als auch mit meiner Fitnessuhr Vivoactive HR von Garmin. Die vermeldete einen ganzen Kilometer mehr, was mir falsch erscheint. Im Zweifelsfall solltet ihr vielleicht dem Müller Wanderführer Mallorca glauben, dort sind es 7,5 Kilometer.
Eigentlich ist für Wanderer ja der Weg das Ziel. Aber der Ankunftsort Sant Elm ist auch sehr reizvoll, und so war ich nicht undankbar, dass der Bus zurück erst um 17:10 ging und ich somit vier Stunden Zeit hatte. Der kleine Ort, den Erzherzog Ludwig Salvator einst als schönsten von ganz Mallorca lobte, hat sogar einen Sandstrand, was entlang der Nordseite der Insel eine wahre Rarität ist. Richtiger Badebetrieb herrschte aber noch nicht, es war Ende März und kaum einer traute sich ins Wasser.
Dafür sitzt man gut in einem der vielen Eiscafés, trinkt ein Bierchen oder freut sich an der guten Küche. Ich war sehr zufrieden mit Es Moli, wo ich ein hervorragendes dreigängiges Mittagsmenü für 15 Euro hatte – freundlichen Service inklusive. Heim gekommen bin ich dann mit dem Bus über Andraxt, wo ich umsteigen musste und die halbstündige Wartezeit noch mit einem Kaffee verkürzt habe.
Abends dann noch ein wenig arbeiten am Laptop und natürlich bloggen über den heutigen Tag. Gut, dass ich mir Zeit genommen habe für diese Tour. Bin schon gespannt auf morgen, wenn ich Sant Elm erneut besuchen werde (mit dem Bus) und von dort mit dem Boot die unbewohnte Insel Sa Dragomera besuche.